„Jeder wird zur Kasse gebeten“: Deutliche Worte bei Auftakt von „Klimafrühling“
In einer Podiumsdiskussion wurde der Status Quo in Sachen Klimaschutz vorgestellt – und prophezeit, dass sich Bürger auf Kostensteigerungen in gewissen Bereichen einstellen müssen.
Penzberg – Repair-Day, Humusworkshop oder Solarspaziergang: All das erwartet die Bürger im Oberland in den nächsten zweieinhalb Wochen – beim landkreisübergreifenden Projekt „Klimafrühling“ (wir berichteten).
Am Donnerstagabend wurde die Veranstaltungsreihe in der Penzberger Stadthalle offiziell eingeläutet – und zwar von Andrea Jochner-Weiß (CSU, Landrätin Weilheim-Schongau), Tessy Lödermann (Grüne, stellvertretende Landrätin Garmisch-Partenkirchen), Olaf von Löwis (CSU, Landrat Miesbach), Thomas Holz (CSU, stellvertretender Landrat Bad Tölz-Wolfratshausen) und Hardi Lenk (SPD, stellvertretender Bürgermeister Penzberg).
Vize-Landrätin aus Garmisch-Partenkirchen hatte „Kamelglocke aus Katar“ dabei
Und das mit dem Einläuten wurde wörtlich genommen: Jeder Politiker wurde gebeten, eine entsprechende Glocke dafür mitzubringen. Und da waren unterschiedliche und zum Teil sehr kreative Exemplare dabei. So hatte Tessy Lödermann eine „Kamelglocke aus Katar“ im Gepäck. Olaf von Löwis entschied sich hingegen für eine Sitzungsglocke, Andrea Jochner Weiß hatte wegen des fast schon winterlichen Wetters der vergangenen Tage ein „Weihnachtsglöckerl“ dabei.
Thomas Holz hatte gleich ganz vergessen, eine Glocke mitzubringen, und bekam kurzerhand von den Organisatoren eine in die Hand gedrückt. Die Glocke hatte Hardy Lenk zwar nicht vergessen – woher er sie hat, allerdings schon. Das ließ er sich zunächst allerdings nicht anmerken und scherzte: „Ich hab die Glocke bei einer Alpenüberquerung mit dem Esel gefunden.“
Seit Pariser Klimakonferenz 2015 ist „richtig was in Bewegung gekommen“
Zur anschließenden Podiumsdiskussion durften die Organisatoren einen Gast begrüßen, der bei einem prägenden Moment in der weltweiten Klimapolitik live dabei war – nämlich der Pariser Klimakonferenz 2015, als beschlossen wurde, durch Reduktion von Treibhausgasen die Erderwärmung nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen. Der Gast, von dem die Rede ist, heißt Dr. Reinhard Zeitler und ist Regierungsdirektor im bayerischen Umweltministerium.
„Seitdem ist richtig was in Bewegung gekommen“, freute sich Zeitler – und meinte damit, dass das Thema Klimaschutz heutzutage viel präsenter als noch vor zehn Jahren ist. Das Ziel, das dabei verfolgt wird, heißt Klimaneutralität. Wie Zeitler erklärte, bedeute Klimaneutralität allerdings nicht, dass es kein CO₂ in der Atmosphäre mehr gebe, denn: „CO₂ ist ein Molekül, das Pflanzen sogar brauchen.“
CO₂-Emissionen in Bayern in fast allen Bereichen zurückgegangen
Da das Treibhausgas allerdings gleichzeitig erwärmend wirkt, hat man sich darauf geeinigt, den entsprechenden Ausstoß zu verringern. Und hier ist Bayern auf keinem schlechten Weg, wie Zeitler mit einer Grafik verdeutlichte: Darauf war zu sehen, dass sich die CO₂-Emissionen im Freistaat im Vergleich von 2019 zu 1990 in nahezu allen Bereichen verringert haben – bis auf eine Ausnahme: den Verkehrssektor. Hier gab es einen leichten Anstieg der Emissionen.
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Die nachhaltige Veränderung im Energiebereich ist das Fachgebiet von Stefan Sendl, der ebenfalls bei der Podiumsdiskussion dabei war. Sendl ist Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Oberland und als solcher unter anderem zuständig für sogenannte Agri-PV-Anlagen – das sind Solarparks, die gleichzeitig eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche zulassen. „Fünf konkrete Projekte sind gerade in der Umsetzung“, so Sendl – der Startschuss ist vergangenen Herbst in Schongau gefallen.
Dr. Reinhard Zeitler: „Die Zahlen zeigen, dass der Emissionshandel wirkt“
Lob kam sowohl von Zeitler als auch von Sendl für den Emissionshandel der EU. Dabei werden Obergrenzen von Treibhausgasemissionen festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen. Bisher gilt der Handel nur für größere Unternehmen, die sich für ihren Ausstoß entsprechende Zertifikate kaufen müssen. Geplant ist, dass die Zertifikate schrittweise reduziert werden – und damit der Preis pro ausgestoßene Tonne Kohlenstoffdioxid steigt.
„Die Zahlen zeigen, dass der Emissionshandel wirkt“, resümierte Dr. Reinhard Zeitler – und befürwortete die Konsequenz der Europäischen Union, dass der Emissionshandel auf den Gebäude- und Verkehrssektor ausgeweitet werden soll: „Das hat zur Folge, dass jeder, der mit fossilen Brennstoffen heizt oder Auto fährt, zur Kasse gebeten wird.“
Auch Stefan Drexlmeier, Geschäftsstellenleiter der „Energiewende Oberland“ und Moderator der Veranstaltung, prophezeite, dass in Zukunft die Bürger sicherlich für gewisse Dinge mehr zahlen müssten – Drexlmeier bezeichnete das als „positives Signal“, mit dem der Klimafrühling offiziell startete.