Das Leiden eines ausgezehrten Hirschs, der sich tagelang an Rottacher Bauernhöfen aufhielt und schließlich von einem Jäger erlöst werden musste, bewegt im Ort.
Rottach-Egern – Es wird der Vorwurf erhoben, der Hirsch sei verhungert, weil die Jagdgenossen – also die Grundbesitzer – die gewohnte Wildfütterung eingestellt haben. Dieser Vorwurf trifft nach Überzeugung von Jagdleiter Franz Maier aber nicht zu. „Der Hirsch hatte einen doppelten Bruch des Unterkiefers“, erklärt Maier. Die Verletzung habe das Tier wohl in der Brunftzeit beim Kampf mit einem Rivalen erlitten.
Als kundiger Jäger, so Maier, habe er die Brüche beim Auskochen der Trophäe festgestellt. Die Verletzung habe sich stark entzündet und dem Hirsch große Schmerzen bereitet. Letztlich sei das Tier tatsächlich verhungert, aber nicht wegen der fehlenden Fütterung.
Zwist um Wildfütterung
Unabhängig davon drängt Maier auf die Wiederaufnahme der Wildfütterung. Die Tiere fänden wegen des Frosts keine Äsung und hätten sich in die Südhänge geflüchtet. Leider sei es nicht gelungen, die Jagdvorstände Lorenz Kandlinger und Quirin Berghammer zu überzeugen oder wenigstens zu einem Kompromiss zu bewegen. „Das Wild ist in Not“, meint Maier. Weil es wegen der vielen Wanderer, Skifahrer und Mountainbiker auch im Winter keine Ruhe finde, fahre das Wild den Stoffwechsel nicht herunter, sondern sei beständig im Fluchtmodus. „Darum braucht es viel Energie“, sagt Maier. Die Jägerschaft dürfe aber nur mit Erlaubnis der Jagdgenossen füttern: „Ich bin weisungsgebunden.“
Jagdgenossen wollen Anzeige erstatten
Kandlinger und Berghammer wiederum sehen sich auf der Seite des Gesetzes: Das schreibe vor, nur in Notzeiten zu füttern. „Aber aktuell schaut doch überall das Gras raus“, sagt Berghammer. Leider, berichtet Kandlinger, seien inzwischen illegale Wildfütterungen im Ortsgebiet eingerichtet worden. Ungeeignetes Futter aber schade den Tieren sehr. Der Jagdausschuss habe beschlossen, wegen dieser ungenehmigten Fütterungen Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Hirsch ohne Haupt und Eingeweide in der Pathologie
Den toten Hirsch hat der Jagdvorstand in die Pathologie gebracht. Es gelte, dem TBC-Verdacht nachzugehen, vor allem mit Rücksicht auf die Tierhalter am Ort, erklärt Kandlinger. Allerdings habe Jagdleiter Maier den Tierkörper enthauptet und ausgeweidet übergeben. Dass Kopf und Eingeweide fehlen, erschwere die Untersuchung sehr. Das Ergebnis liege noch nicht vor.