Kiews Truppen im Abwehrmodus: Ukraine bereitet sich auf russische Großoffensive vor

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Mit Schützen- und Panzerabwehrgräben will die Ukraine Russland aufhalten. Doch die Arbeiten an den Verteidigungsanlagen kommen nur langsam voran.

Donezk – Im Ukraine-Krieg werden die Gefechte für Kiews Truppen immer schwieriger. Konnte die ukrainische Armee im vergangenen Jahr noch Erfolge erzielen, musste sie sich dieses Jahr aus der umkämpften Kleinstadt Awdijiwka zurückziehen – und befindet sich auch anderenorts im Abwehrmodus. Jetzt will sich die Ukraine für eine russische Großoffensive wappnen.

Mithilfe von Schützen- und Panzerabwehrgräben wollen die ukrainischen Truppen dem russischen Gegner die Angriffe erschweren, man müsse „selbst graben, schanzen und bauen“, sagte Offizier Maksym Schorin dem Wall Street Journal. Der stellvertretende Kommandeur der 3. ukrainischen Sturmbrigade warnte vor der bevorstehenden Offensive Russlands: Putins Armee habe „genügend Kräfte und Ressourcen gesammelt, um verschiedene Achsen auf einmal unter Druck zu setzen“.

Russland rückt im Donbass vor: Die Ukraine weicht auf „aktive Verteidigung“ zurück

Angesichts der Verzögerung weiterer US-Militärhilfe muss die Ukraine hingegen Munition sparen. Die Lieferung von Hunderttausenden von Artilleriegranaten, die dank einer tschechischen Initiative nach Kiew geliefert werden sollen, kommen da gerade recht. Doch noch müssen die Ukrainer mit den Mitteln kämpfen, die ihnen aktuell zur Verfügung stehen. Daher verschanzen sich die Soldaten und versuchen es mit der sogenannten „aktiven Verteidigung“ – eine Taktik, die einleuchtend erscheint.

Ukrainische Soldaten in einem Schützengraben nahe der Frontlinie im Gebiet Donezk. Das Foto entstand am 7. März 2024. © Madeleine Kelly/Imago

„Die Ukraine muss eine aktive Verteidigungsstrategie verfolgen. Sie kann Raum gegen Zeit tauschen, da die Ukraine territorial sehr groß ist“, sagte Zev Faintuch, Analyst und Militärexperte bei der Sicherheitsfirma Global Guardian, im Gespräch mit dem US-Portal Newsweek. Schließlich sei Russland nur in der Lage gewesen, „in Gebieten vorzudringen, in denen es eine Überlegenheit an Artilleriefeuer und Arbeitskräften anhäufen konnte“, so Faintuch.

Verteidigungsanlagen gegen Russlands Großoffensive: „Haben nicht genug Ressourcen“

Doch während die Zeit drängt, sollen die Arbeiten an den Verteidigungsanlagen Berichten zufolge nur langsam vorankommen. So äußerte sich selbst Oleksij Hetman, Major der ukrainischen Nationalgarde, besorgt über den Status Quo in der Region Donezk: „Die Befestigungslinien hätten seit Anfang 2022 gebaut werden müssen“, sagte Hetman dem ukrainischen Fernsehsender Espreso TV.

„Tatsache ist, dass wir nicht in der Lage sind, Verteidigungslinien in drei Reihen und mit einer Länge von 1500 km zu bauen, die so stark wären wie die sogenannten russischen Surowikin-Linien“, fügte er hinzu. Im letzten Jahr errichteten russische Streitkräfte eine gewaltige Verteidigungslinie, die nach dem russischen General Sergej Surowikin benannt ist und die ukrainische Sommeroffensive größtenteils abwürgte.

Hetman rief daher auch Menschen außerhalb des Militärapparats zur Hilfe auf, schließlich habe man „nicht genug technische und menschliche Ressourcen“. Auch der Verteidigungsexperte Franz-Stefan Gady erklärte gegenüber dem Wall Street Journal, dass „das Fehlen von mehrschichtigen Verteidigungsanlagen entlang der Frontlinie Anlass zur Sorge geben sollte“. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Shmyhal erklärte derweil zu Beginn dieser Woche, Kiew habe fast 790 Millionen Dollar für Befestigungsanlagen bereitgestellt.

Gefechte im Ukraine-Krieg: Schwerpunkt der Kämpfe südwestlich von Donezk

Die russische Armee setzt ihre Bodenoffensive laut ukrainischen Angaben im Osten und Süden des Landes fort. Täglich soll es zu Dutzenden Gefechten entlang der etwa 1000 Kilometer langen Front kommen. Nach dem Abzug der ukrainischen Truppen aus der Stadt Awdijiwka im Industrierevier Donbass habe sich der Schwerpunkt der Kämpfe nach Süden verlagert zum Ort Nowomychajliwka südwestlich von Donezk, so der Generalstab in einem Facebook-Post. (nak)

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