Viel günstiger als in Deutschland - Für das britische Wärmepumpen-Wunder gibt es drei entscheidende Gründe
Nach dem Boom-Jahr 2023 hat der deutsche Markt für Wärmepumpen im Jahr 2024 eine schmerzhafte Bauchlandung hingelegt: Während 2023 noch insgesamt 356.000 Wärmepumpen verkauft wurden, waren es 2024 nur noch 193.000 Stück, wie Zahlen des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) im Januar zeigten.
Ein Grund: Nach der öffentlichen Debatte rund um das Heizgesetz von Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollen viele Hausbesitzerinnen und -besitzer erstmal die Ergebnisse der kommunalen Wärmeplanung abwarten, hieß es in einer Mitteilung des BWP. Die staatlichen Fördermöglichkeiten seien vielen Interessenten außerdem noch immer unbekannt.
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„Wärmepumpen sind in Deutschland künstlich verteuert“
Branchenvertreter weisen aber noch auf ein anderes Problem hin: Der Preis. Denn im internationalen Vergleich sind deutsche Wärmepumpen teuer, sehr teuer. Wie groß dieser Unterschied ausfallen kann, zeigt eine neue Studie des britischen Energieversorgers Octopus Energy zusammen mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen.
Die Untersuchung verglich Wärmepumpen-Angebote sowie Installationskosten in Deutschland mit denen in Großbritannien. Das Ergebnis: In Deutschland ist die Installation einer Wärmepumpe fast doppelt so teuer wie in Großbritannien. Während sich die Kosten für eine klassische Acht-Kilowatt-Wärmepumpe in Deutschland auf durchschnittlich 28.000 Euro belaufen, zahlen britische Verbraucherinnen und Verbraucher lediglich rund 14.000 Euro.
„Wärmepumpen sind in Deutschland künstlich verteuert“, sagt Bastian Gierull, Deutschland-CEO von Octopus Energy. „Unnötige bürokratische Hürden machen den Umstieg kostspieliger als nötig.“ Für den deutlichen Preis-Unterschied sieht die Studie drei Ursachen:
1. Deutsche Handwerker sind teurer
Deutschland genießt einen höheren Lebensstandard als Großbritannien, dadurch liegt auch das durchschnittliche Einkommen in der Bundesrepublik höher als im Vereinigten Königreich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verdient ein deutscher Vollzeit-Arbeitnehmer durchschnittlich 55.600 Euro im Jahr, in Großbritannien sind es der britischen Statistik-Behörde zufolge umgerechnet 44.370 Euro. Damit verdienen auch deutsche Handwerker mehr als ihre britischen Pendants – so weit, so logisch.
Hinzu kommt auch, dass deutsche Handwerker im Durchschnitt besser ausgebildet sind. Wer in der Bundesrepublik eine Wärmepumpe installiert, etwa als Heizungsbauer oder Elektrotechniker, musste zuvor seinen Meister machen, auch das treibt die Preise in die Höhe. Eine deutsche Wärmepumpe ist außerdem wesentlich komplexer zu installieren als eine britische. Denn...
2. Die deutschen Regeln sind strenger
Schallschutz, Effizienz, Kältemittel: Wer in Deutschland eine Wärmepumpe einbauen will, muss viele Regeln beachten. Gerade die elektrotechnischen Vorgaben sind im internationalen Vergleich besonders streng. Eine deutsche Wärmepumpe braucht zwingend einen Starkstromanschluss, was je nach Haus zu einem komplizierten Unterfangen werden kann. Außeneinheiten benötigen ein Fundament, auch die sogenannten Kernlochbohrungen sind aufwändiger.
„In Großbritannien sind diese Vorschriften lockerer oder die Umsetzung ist vereinfacht“, sagt Verena Köck, Sprecherin von Octopus Energy. Insbesondere auch beim Schallschutz, in Deutschland traditionell ein empfindliches Thema, sind die Briten entspannter als die Deutschen – „wodurch einfachere und kostengünstigere Installationen möglich sind.“
So manche besonders strenge deutsche Vorgabe hat aber durchaus ihren Sinn. In Deutschland sind zum Beispiel auch die Anforderungen an die sogenannten Kältemittel höher, was die Effizienz angeht sowie die erreichbaren Vorlauftemperaturen. In Großbritannien ist das Klima im Durchschnitt milder als in der Bundesrepublik, eine deutsche Wärmepumpe muss also härter arbeiten. Das wiederum treibt die Anforderungen in die Höhe – und somit auch die Kosten.

3. Der britische Staat fördert anders als der deutsche
Zwanzig Prozent beträgt die Mehrwertsteuer in der Regel in Großbritannien – Wärmepumpen sind aber eine Ausnahme: Dort beträgt der Mehrwertsteuersatz null Prozent. In Deutschland liegt der Mehrwertsteuersatz bei 19 Prozent, auch für Wärmepumpen. Eine Ausnahme nach britischem Vorbild gibt es nicht.
Großzügiger ist der deutsche Staat dafür bei der Wärmepumpen-Förderung: Bis zu 70 Prozent der Anschaffungskosten können sich Verbraucherinnen und Verbraucher vom Staat erstatten lassen, je nach persönlicher Situation. Genau diese prozentuale Förderung kann aber paradoxerweise dazu führen, dass die Preise steigen, schrieb Octopus-Deutschlandchef Gierull bereits im Januar in einem Gastbeitrag für FOCUS online Earth.
Viele Unternehmen im Wärmepumpenmarkt missbrauchten die großzügige deutsche Förderung „als Freifahrtschein, um ihre Marge zu erhöhen“, schrieb Gierull. „Besonders bei regionalen Installateuren, die ihre regionale Vormachtstellung ausnutzen, aber auch bei den Herstellern stiegen die Preise, als die Förderung erhöht wurde. Sie machen sich zunutze, dass ein Preisaufschlag nur halb so weh tut, wenn der Staat die Hälfte der Kosten übernimmt.“
Großbritannien macht es anders: Dort zahlt der Staat 7500 Pfund (umgerechnet 8894 Euro) pro Wärmepumpe – egal, wie viel die Installation schlussendlich kostet. Hausbesitzerinnen und -besitzer haben dann eine zusätzliche Motivation, sich für ein günstigeres Modell zu entscheiden, und für Installateure lohnt sich die Preistreiberei nicht mehr.
„Wenn wir die Energiewende ernst nehmen, müssen wir Verbraucherinnen und Verbraucher entlasten, statt sie mit hohen Kosten abzuschrecken“, sagt Gierull. „Wenn die Gesamtkosten für eine Installation sich endlich verringern, dann wird eine Förderung obsolet.“
Noch hinken die Briten hinterher
Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Vergleich zu Deutschland hat Großbritannien noch aufzuholen, was die Verbreitung von Wärmepumpen angeht. Im Gegensatz zur Bundesrepublik verzeichnete das Vereinigte Königreich im Jahr 2024 zwar einen absoluten Verkaufsrekord – dennoch wurden nur knapp 100.000 Einheiten verkauft, im Vergleich zu 193.000 Einheiten in Deutschland.
Was installierte Wärmepumpen pro Gebäude angeht, gehört Großbritannien nach wie vor zu den europaweiten Schlusslichtern. Die sozialdemokratische Labour-Regierung will das ändern: Bis 2028 sollen 600.000 neue Wärmepumpen pro Jahr eingebaut werden.