Umkämpfte Grenzregion Belgorod: Russland wirft Rakete auf eigenes Gebiet ab

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Eine Wandmalerei in der Stadt Nowy Oskol in der Oblast Belgorod. Die Menschen in der südrussischen Grenzregion bemerken die Auswirkungen des Ukraine-Krieges deutlicher als anderswo in Russland. (Symbolbild) © IMAGO/Pavel Kolyadin / ITAR-TASS

Putin will den Ukraine-Krieg vom Alltag der Menschen in Russland fernhalten. In der Grenzregion Belgorod gelingt dies immer weniger. Nun traf eine russische Rakete die Oblast.

Krasnoje – Ukrainische Angriffe auf die russische Grenzregion Belgorod machen den russischen Angriffskrieg auch im eigenen Land greifbar. Immer wieder kommt die Gefahr jedoch nicht von ukrainischen Truppen, sondern auch von Russlands Armee: Vergangene Woche bombardierte das russische Militär erneut versehentlich das eigene Grenzgebiet.

Unübersichtlicher Ukraine-Krieg: Russischer Eigenbeschuss nahe der Grenze – Hintergründe unklar

Russlands Armee warf erneut eine Rakete auf eigenes Gebiet ab. Eine X-59 Luft-Boden-Rakete ging auf einem Feld etwa zwei Kilometer von dem Dorf Krasnoje in der Region Belgorod zu Boden. Am 19. April sei das Geschoss entdeckt worden, wie das russische Oppositionsmedium Astra am Montag (22. April) berichtete. Die Rakete sei 92 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt „irregulär“ abgestürzt, so der Bericht weiter. „Das Militär musste sie an Ort und Stelle zerstören. Es gab weder Schäden noch Verletzte“, hieß es von Astra auf der Plattform Telegram. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig verifizieren.

Die russische Oblast Belgorod grenzt an die ukrainische Region Charkiw, die Hauptstädte der Regionen sind nur rund 80 Kilometer voneinander entfernt. Der russische Eigenbeschuss ist dort offenbar kein Einzelfall: Allein im März und April seien mindestens 21 russische Bomben gezählt worden, die auf eigenes Staatsgebiet oder russisch besetzte Gebiete fielen, so Astra. Die Behörden hielten sich darüber allerdings bedeckt. Wenn sich die Vorfälle nicht geheim halten lassen, spreche Moskau von einem „ungewöhnlichen Abwurf von Munition“, so das Oppositionsmedium weiter. Die genauen Hintergründe der Vorfälle sind indes noch unklar. Eine Bitte um Stellungnahme des US-Magazins Newsweek an das Verteidigungsministerium in Moskau blieb zunächst unbeantwortet.

Ukraine-Krieg in russischer Grenzregion Belgorod – Putin will Sicherheitsgefühl bei Bevölkerung

In Moskau spricht man mittlerweile ganz offen vom Krieg – und nicht mehr von einer „militärischen Spezialoperation“, wie zu Beginn des Konfliktes. Wohl auch, weil die Einschläge näherkommen: Die zuletzt vermehrten Drohnenangriffe der Ukraine in der Grenzregion zwangen die Behörden dazu, Betonbunker zum Schutz vor Luftangriffen in der Hauptstadt der russischen Oblast aufzustellen. Der Ukraine-Krieg ist damit auch im Stadtbild von Belgorod für die Menschen sichtbar.

Das Narrativ des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass die Invasion das tägliche Leben der Menschen in Russland nicht trifft, wird brüchiger. Während der Präsidentschaftswahl in Russland hatte die Ukraine ihre Angriffe auf die Grenzregion noch verstärkt. Pro-ukrainische Partisanengruppen waren über die Grenze nach Belgorod eingedrungen. Die Bevölkerung musste teilweise evakuiert werden.

Darum ist Belgorod so wichtig – notwendiger Bestandteil der ukrainischen Kampagne“

Die Region Belgorod hat wegen ihrer Militärinfrastruktur und Industrieanlagen militärische Relevanz. Zuletzt gelang es den ukrainischen Streitkräften in der Nacht vom 19. auf 20. April erfolgreiche Drohnenangriffe auf mehrere Energieanlagen und ein Treibstofflager in Russland durchzuführen. Darunter auch Belgorod, wie die US-Kriegsexperten des Institute for the Study of War (ISW) berichteten. Das ISW geht demnach „weiterhin davon aus, dass ukrainische Angriffe auf russische Energieanlagen ein notwendiger Bestandteil der ukrainischen Kampagne sind, um mit asymmetrischen Mitteln die Industrie zu schwächen, die das russische Militär beliefert und unterstützt“, hieß es in dem Bericht weiter.

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