Ratschen, Oar-Picken und Emmausgang: Osterbräuche im Werdenfelser Land
Die Honoratioren von Bad Kohlgrub halten eine Karfreitagsratsche in Ehren, die mindestens 80 Jahre alt ist. Auf dem sakralen Krachmacher verewigten sich alle Ratschenkinder, die früher mit ihr zur Osterzeit durch die Gemeinde zogen. Zum Beispiel unterschrieben darauf der frühere Bürgermeister Josef Benedickt und der ehemalige Bauernobmann Nikolaus Onich.
Bad Kohlgrub – Seit Jahrhunderten gehört ratschen zu den Karfreitags-Traditionen. Das ist wohl darauf zurück zuführen, dass – wie Adolf Rehm in seinem Buch über das Werdenfelser Brauchtum schreibt – das Klappern seit Alters her ein Symbol für die Trauer über das Leid und das Sterben Jesu Christi ist.
Ab dem 14. Jahrhundert haben, so Rehm weiter, Rompilger die Holzklappern benutzt, um mit dem Lärm beim Durchwandern der Dörfer auf sich aufmerksam zu machen. Sie haben sich damit etwas Geld erbettelt. Von Ort zu Ort unterscheidet sich der Brauch ein bisserl, wenn auch überall mit den Ratschen die Tages-, Gebets- und Gottesdienstzeiten angekündigt werden.
Hans Gut, der sich mit der Geschichte Bad Kohlgrubs intensiv beschäftigt, erzählt: „Nach der Gründonnerstagsmesse verstummen in den Kirchen die Glocken. Sie fliegen nach Rom. Jetzt kommt die Zeit der Ratschenkinder. Bis in die Osternacht hinein ziehen sie durchs Dorf. Ihr Lärm weckt wahrlich Tote auf. Was ja von den Gläubigen zu Ostern in der Auferstehung Christi gefeiert wird.“
In Bad Kohlgrub gibt es die Oberdörfler und die Unterdörfler. Erst einmal laufen die Gruppen getrennt durch die Gemeinde. Später treffen sie sich und ratschen gemeinsam. In den Weilern rund um Bad Kohlgrub gibt es eigene Ratschenkinder.
Beichtzettel für die Männer
Der Reigen der Osterbräuche beginnt am Gründonnerstag. Es werden an diesem Tag die Lebensspeisen gekocht und gebacken. Das sind Suppen und Brote mit neunerleih Kräutern. Gründonnerstag war zudem für die Männer ein ganz wichtiger Tag. Übers Jahr nahmen die es nämlich mit dem Beichten nicht so genau.
An Gründonnerstag gab es für diese Pflicht kein Entkommen mehr. Für den Gang zum Beichtstuhl gab es am Tag vor Karfreitag vom Pfarrer den Beichtzettel; quasi als Quittung dafür, seine Sünden bekannt und die Buße abgeleistet zu haben: Rosenkranz-Gsatzl oder Vaterunser! Den Beichtzettel mussten die Herren den Frauen vorzeigen.
Der strengste Fastentag ist auch heute noch der Karfreitag. Weder Fleisch noch Wurst darf gegessen werden. Das war für die Hausfrauen die beste Gelegenheit, ihre Lieben mit köstlichen Mehlspeisen zu verwöhnen: Dampfnudeln oder Strudel! In vielen Pfarrkirchen sind an den Kartagen die ‚Heiligen Gräber‘ aufgebaut worden; manchmal passiert das heute noch. Die bunten Kugeln und die Grablege Christi nehmen viel Platz in Anspruch. Beim Auferstehungsgottesdienst in der Osternacht betritt der Pfarrer mit der neu angezündeten Osterkerze das Gotteshaus. Mit dem Ruf ‚Lumen Christi‘ – Licht Gottes – wird das Osterlicht an die Kerzen der Kirchgänger weitergegeben. So wird die Kirche von Minute zu Minute heller – ein Symbol dafür, dass Christus das Licht der Auferstehung zu den Menschen bringt. Die Weihekörbe mit Brot, Schinken, Eier und Pfeffer werden am Altar abgelegt.
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Ab Ostern dürfen die Kinder barfuß laufen
An Ostern liegen die religiösen und die weltlichen Bräuche so eng zusammen, wie im gesamten Jahr nicht mehr. Die jungen Burschen schlüpfen an Ostern zum ersten Mal im Jahr in die kurzen Lederhosen, und dürfen, wie die Mädchen auch, bis Oktober barfuß laufen.
Auch ranggeln die Burschen ihren Status im Freundeskreis aus. Je mehr bunte Eier einer einsammelt, umso größer ist sein Ansehen. Beim ‚Oar-Picken‘ nehmen die Buben die Ostereier so in die Hand, dass nur noch die Spitze rausschaut. Dann werden sie aufeinander gekopft. Sieger ist derjenige, dessen Ei keinen Srpung abbekommt. Das zweite Spiel ist das ‚Oar-Scheiben‘. Über ein schräg gelegtes Brett rollen die Eier abwärts. Es gewinnt derjenige, dessen Ei am weitesten rollt ohne kaputt zu gehen.
Am Ostermontag brechen die Familien zum Frühlingsspaziergang auf. Das ist der Emmausgang. Im Lukasevangelium steht, dass Jesus nach seiner Auferstehung zwei seiner Jünger begegnete, die auf dem Weg nach Emmaus, einem Dorf bei Jerusalem, waren. Die drei gingen ein Stück zusammen. Die Jünger erkannten Christus erst, als er mit ihnen das Brot brach.
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