Nato-Staaten warnen vor Kreml-Plan: Putin fasst nächstes Ziel ins Auge

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Wladimir Putin hat Moldau fest im Blick. © IMAGO/SNA/Aleksey Nikolskyi

Im Herbst wird in Moldau gewählt. Gewinnt trotz Moskaus Manipulationen kein prorussischer Kandidat, so will Russland laut den USA Proteste anzetteln.

Chișinău – Die USA, Großbritannien und Kanada haben in einer gemeinsamen Stellungnahme davor gewarnt, „dass russische Akteure ein Komplott schmieden, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in der Republik Moldau im Herbst 2024 zu beeinflussen.“ Der Ukraine-Nachbar bangte zu Beginn des Angriffskriegs von Wladimir Putin, dass die russischen Truppen bis in den prorussischen Separatisten-Staat Transnistrien weitermarschieren würden, der sich 1992 von Moldau abgespalten hatte.

So ist es nicht gekommen und dennoch steht der EU-Beitrittskandidat Moldau weiterhin im Fokus des internationalen Interesses. Wie in Georgien ringen proeuropäische und prorussische Kräfte um den zukünftigen Kurs des Landes und die Präsidentschafts-Wahlen am 20. Oktober 2024 stellen dafür eine Wasserscheide dar. Die USA, Großbritannien und Kanada informierten nun, dass Russland beabsichtige, „Proteste in der Republik Moldau anzuzetteln, sollte ein prorussischer Kandidat nicht gewinnen.“

USA: Russland will in Moldau nach der Wahl Proteste anzetteln

In der Öffentlichkeit solle „eine negative Wahrnehmung westlicher Regierungen und der amtierenden moldauischen Führung“ geschürt und das Vertrauen „in die Fähigkeit Moldaus, sich selbst zu schützen und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten“ geschwächt werden. Sollte die Wahleinmischung samt „Desinformation und Propaganda im Internet, im Rundfunk und auf der Straße“ erfolglos bleiben, „gibt es Grund zu der Annahme, dass Moskau Proteste anheizen wird“, so die Stellungnahme der drei NATO-Staaten.

Dabei handelt es sich um eine bekannte Taktik Russlands. Moldawiens proeuropäische Präsidentin Maia Sandu warnte bereits im Februar 2023, dass Moskau vorhabe, „gewalttätige Ausschreitungen und Angriffe auf staatliche moldauische Institutionen anzuzetteln und diese als Proteste zu tarnen“, um die politische Ordnung zu destabilisieren. „Russland wird alles daran setzen, dass ein Regierungswechsel im prorussischen Sinne stattfindet“, sagte der auf Osteuropa spezialisierte Risikoanalyst Hannes Meissner zu ntv.

Russland will den ehemaligen Sowjetstaat Moldau wieder an sich binden

Das glaubt auch Vitalie Stoian, Ex-Chef der moldauischen Armee. Er sagte im Gespräch mit Ippen.Media: „Russland sieht uns noch immer als Teil der Sowjetunion.“ Ihm zufolge würde Putin Moldau schlucken, wenn sich ihm die Chance dazu böte. Sollte es mit der prorussischen Regierung nicht klappen, wäre der Separatisten-Staat Transnistrien ein weiteres Einfallstor. „Es ist der entscheidende Hebel in der Destabilisierung Moldaus, den Russland hat und auch spielen wird“, ordnete der auf Osteuropa spezialisierte Risikoanalyst Hannes Meissner gegenüber ntv ein.

Ende Februar bat der Separatisten-Staat um den „Schutz“ Moskaus, weil die Regierung Moldaus ihn mit einer wirtschaftlichen Blockade belegt habe. Zwar adressierten die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk ein ähnliches Schutz-Gesuch an Wladimir Putin, kurz bevor der in die Ukraine einfiel. Was im Fall Transnistriens allerdings häufig unter den Tisch fiel: „Dieses Schutzersuchen wurde nicht nur an Moskau gerichtet, sondern auch an die EU, UNO, die OSZE und das Rote Kreuz“, so Politikwissenschaftler Meissner.

Deswegen meint der Experte, „dass es eher um eine Wahrung der Interessen der herrschenden Elite Transnistriens geht.“ Das Gesuch ist somit weniger eindeutig als die Bekräftigung Abchasiens, einer anderen prorussischen Separatisten-Republik in Georgien, seine Zukunft in der Union mit Russland zu sehen. Auslöser für die Besorgnis der transnistrischen Eliten dürfte sein, dass Moldau jüngst verstärkt versucht, den Separatistenstaat so schnell wie möglich – vor einem erwünschten EU-Beitritt – wieder in das eigene Staatsgebiet einzugliedern. Das versucht es zu großen Teilen durch wirtschaftlichen Zwang, indem es sich von dem aus Transnistrien kommenden Strom aus russischem Gas unabhängig macht und stattdessen rumänisches Gas einkauft.

Sollte Russland Moldau angreifen, könnte die NATO Truppen schicken

Sollte es in Moldau zur Konfrontation kommen, wären die Kräfte zunächst einmal relativ ausgeglichen. Die Armee der Republik Moldau umfasst nach CIA-Angaben etwa 6.500 Soldaten und 2.000 Militärpolizisten. Transnistrien hat ein eigenes Heer von bis zu 4.500 Mann Stärke aufgestellt, allerdings stammt diese letzte verlässliche Schätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aus dem Jahr 2009.

Dazu kämen um die 1.700 russische Soldaten: Etwa 400 von ihnen sind offiziell Teil einer 1992 ins Leben gerufenen Friedensmission, „eine operative Angriffseinheit, die total illegal dort ist“ stelle den Rest, so die moldauische Journalistin Irina Tabaranu gegenüber Ippen.Media. Es heißt, die meisten von ihnen seien Transnistrier mit russischem Pass. Sie sollen dazu erheblich besser ausgerüstet sein als die moldauische Armee, die über praktisch kein schweres Gerät verfügt.

Im Fall eines militärischen Einsatzes von Russland auf dem moldauischen Staatsgebiet könnten NATO-Truppen dem Aggressor die Stirn bieten. Die italienische Zeitung La Repubblica berichtete unter Berufung auf Quellen in der NATO-Führung, dass ein gezielter russischer Angriff auf Moldau zu den Szenarien gehöre, in denen eine Intervention in Betracht gezogen werde. (mickis)

Auch interessant

Kommentare