Scholz gibt grünes Licht: Mit diesen Waffen könnte die Ukraine russische Ziele angreifen
Einige Staaten haben die Einsatzregel von gelieferten Waffen ausgeweitet. Eine Reihe von Waffen westlicher Staaten könnte die Ukraine nun auch in Russland einsetzen.
Kiew – Darf die Ukraine aus dem Westen gelieferte Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen? Über diese Frage wurde in der vergangenen Woche kontrovers diskutiert. Diese Entscheidung liegt bei den westlichen Unterstützer-Staaten. Kiew hatte die Nato-Staaten bereits seit Längerem aufgefordert, die Einsatzmöglichkeiten der gelieferten Waffen im Ukraine-Krieg auszuweiten. Vor dem Hintergrund der russischen Offensive auf die Grenzregion Charkiw wiederholte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Forderung.
Die Nutzung der Waffensysteme ist zum Teil an strenge Auflagen gebunden. Staaten wie Deutschland und die USA wollen damit der Befürchtung Rechnung tragen, dass die Nato durch den Einsatz der Waffen in der Ukraine zur Kriegspartei werden könnte. Innerhalb der Staaten des Verteidigungsbündnisses wurde die Frage nach dem Einsatz der Waffen auf russischem Gebiet daher kontrovers diskutiert.
Deutschland erlaubt Ukraine Einsatz von Waffen in Russland
Aus Berlin kam am Freitag (31. Mai) nun doch das Go: Das ukrainische Militär darf deutsche Waffen über die Grenze hinweg in dem an die Region Charkiw angrenzenden russischen Gebiet einsetzen.

Mit dieser Entscheidung steht Deutschland nicht alleine. Zuvor hatten auch die USA der Ukraine den Gebrauch von US-Waffen auf dem Gebiet Russlands erlaubt. Auch die US-Erlaubnis sei nur auf Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw bezogen, berichtete das Nachrichtenmagazin Politico.
Staaten wie Großbritannien und Frankreich erlauben Angriffe auf militärische Ziele in Russland
Die Entscheidung über die Einsatzregeln kann jeder Mitgliedstaat für sich treffen – die Entscheidung obliegt nicht der Nato als Bündnis. Folgende Staaten lehnen laut Politico-Bericht den Einsatz der gelieferten Waffen auf russischen Gebiet nicht mehr ab:
- Großbritannien
- Schweden
- Finnland
- Estland
- Litauen
- Niederlande
- Polen
- Tschechische Republik
- Kanada
- USA
- Deutschland
Vorreiter in der Debatte waren unter anderem Frankreich und Großbritannien. Bereits Anfang Mai hatte das Vereinigte Königreich die Einsatzbeschränkung aufgehoben. Der Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron folgte am Dienstag (28. Mai) bei einer Pressekonferenz in Meseberg.
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Angriffe auf die Ukraine: Macron hatte Ausweitung der Einsatzregel gefordert
Dort forderte Macron in Anwesenheit des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, der Ukraine zu erlauben, die „militärischen Stellungen auszuschalten, von denen die Ukraine angegriffen wird“. Dabei bezog sich Macron auf die russischen Bombenangriffe auf die Grenzregion zu Charkiw. Macron betonte Politico zufolge, dass dies keine „anderen zivilen oder militärischen Ziele“ einschließe.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, hatte Frankreich der Ukraine bereits zuvor gezielte Schläge auf militärische Ziele auf der Krim-Halbinsel erlaubt. Frankreich wolle außerdem Ausbilder in die Ukraine entsenden, um das Risiko zu reduzieren, dass andere Ziele getroffen werden könnten.
Polens Außenminister über den Einsatz polnischer Waffen in der Ukraine: „Gibt keine Grenzen“
Polens Verteidigungsminister Cezary Tomczyk ging in einem Interview im polnischen Radio einen Schritt weiter. Tomczyk sagte dort: „Für polnische Waffen, die in die Ukraine geschickt werden, gibt es keine Grenzen. Die Ukrainer können sie nach eigenem Ermessen einsetzen.“
Gegen die erweiterte Nutzung der Waffen hat sich Ungarn ausgesprochen. In einem Video, das der ungarische Regierungssprecher veröffentlicht hat, sagt der ungarische Außenminister Peter Szijjarto: „Ich halte das für eine verrückte Idee, denn wie wir bisher gesehen haben, werden die Russen zurückschießen.“
Auch Italien hatte zunächst eine Resolution der Nato abgelehnt, in der gefordert wurde, die Beschränkungen für den Einsatz westlicher Waffen durch die Ukraine aufzuheben. Frankreich, die Niederlande, Estland, Litauen, Polen, Schweden, die USA und das Vereinigte Königreich unterstützten die Entscheidung, berichtet Kyiv Post. Letztlich stimmte auch Italien zu.
Möglicher Einsatz westlicher Waffen auf russische Ziele: Kampfjets und Panzerhaubitze 2000
Von der Ausweitung der Einsatzregel könnten eine Reihe von Waffen betroffen sein – insbesondere diejenigen, die aufgrund ihrer Reichweite auch über weite Distanz in der Lage wären, Ziele auf russischem Gebiet zu treffen.
Die Ukraine könnte beispielsweise die ATACMS-Kurzstreckenraketen der USA einsetzten. Die Raketen aus amerikanischer Produktion werden mit Streumunition eingesetzt und verfügen je nach Variante über eine Reichweite von 160 bis 300 Kilometer. Damit seien die ballistischen Raketen effektiver als der Einsatz von Drohnen beim Angriff auf Militärflugplätze in Russland, erklärte der Militärexperte Gustav Gressel im Interview mit dem ZDF.
Unter den von Deutschland gelieferten Waffen sind es die Patriot-Raketen sowie die Panzerhaubitze 2000, die das ukrainische Militär in Russland einsetzen könnte, erklärte Gressel außerdem. Deutschland hat der Ukraine zudem das Mars-II-System zur Verfügung gestellt.
Großbritannien hat die Einsatzbeschränkung für die Marschflugkörper des Typs Storm Shadow aufgehoben, die das Vereinigte Königreich an die Ukraine geliefert hatte. Die Flugkörper reichen mindestens 250 Kilometer weit. Auch Frankreich liefert der Ukraine die baugleichen Marschflugkörper Scalp.
Sobald die von westlichen Staaten angekündigten F-16 Kampfjets in der Ukraine zum Einsatz kommen, wolle Frankreich die Einsatzregel auch auf Lenkbomben ausweiten. Was den Einsatz der F-16 Kampfjets angeht, hat auch Dänemark der Ukraine den Einsatz gegen militärische Ziele in Russland erlaubt.
Putin droht Nato mit „schweren Folgen“
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich bereits geäußert, bevor Staaten wie Deutschland, die USA und Frankreich sich für die Ausweitung der Einsatzregel aussprachen. Putin warnte vor „schweren Folgen“, sollten die westlichen Staaten der Ukraine die Erlaubnis erteilen, mit den gelieferten Waffen Ziele in Russland anzugreifen.
Den USA warf der Kreml vor, dass US-Waffen bereits gegen russische Ziele zum Einsatz gekommen seien. Dies zeige das Ausmaß der US-Verwicklung in den Konflikt auf, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet.
Die Nato-Staaten argumentieren bei ihrer Entscheidung mit der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine. Selenskyj sagte über die Entscheidung der USA, sie werde die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine gegenüber Russland „entscheidend stärken“. (pav)
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