Zulassungsstelle nicht barrierefrei: Treppen werden zum Hindernis

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Hier ist Schluss: Für Rollstuhlfahrer gibt es keinen barrierefreien Zugang zur Kfz-Zulassungsstelle. Josef Berndanger findet das ein Armutszeugnis. © Thomas Plettenberg

In Miesbach gibt es noch immer Stellen, die nicht barrierefrei sind – zum Beispiel die Kfz-Zulassungsstelle. Josef Berndanger findet das ein Armutszeugnis. Eine baldige Änderung ist aber nicht in Sicht.

Miesbach – Dass ihm ein Termin bei der Kfz-Zulassungsstelle am Landratsamt so nahe gehen würde, hätte Josef Berndanger aus Neuhaus nicht gedacht. Eigentlich wollte er nur einen Fahrzeugbrief umschreiben lassen. Als er die Zulassungsstelle betreten wollte, fiel dem 64-Jährigen ein Rollstuhlfahrer auf, der vergeblich versuchte, sich Zutritt zu verschaffen.

Keine Rampe für Rollstuhlfahrer

„Er hat mehrmals Anlauf genommen und mit aller Gewalt versucht, über die hohe Bordsteinkante zu kommen“, erzählt der Neuhauser. Doch alleine schaffte es der Mann nicht über die Treppen. Zwar gibt es vor der Zulassungsstelle einen Behindertenparkplatz, aber keinen barrierefreien Zugang zum Gebäude. Um zur Tür zu gelangen, müssen Rollstuhlfahrer zwei Stufen überwinden. „Mit Ach und Krach habe ich ihn die Stufen hochgehoben und reingeschoben“, erzählt Berndanger. Der Rollstuhlfahrer sei sichtlich verärgert über die Situation gewesen. „Wenn ich nicht geholfen hätte, wäre er vielleicht umgefallen.“ Auch den 64-Jährigen beschäftigte der Vorfall, weshalb er sich an unsere Redaktion wandte. „Warum gibt es dort keine Rampe für Rollstuhlfahrer?“, wundert er sich.

In der heutigen Zeit sei das eine absolute Schwachstelle und „untragbar“ für eine Behörde, findet Berndanger. Er fragte sogar beim Landratsamt nach. Dort habe man ihm erklärt, dass eine Rampe baulich nicht möglich sei. Der Neubau werde aber barrierefrei. „Das hilft den Rollstuhlfahrern jetzt auch nicht weiter“, findet der Nauhsuser. Der Maler und Lackierer vermutet, dass der Landkreis das Geld nicht in die Hand nehmen will. „Es bräuchte eine Rampe seitlich neben dem Eingang. Sicher wäre das aufwändig.“ Berndanger kann sich aber vorstellen, dass eine behelfsmäßige Rampe aus Stahl oder Holz funktionieren könnte.

Umrüstung nicht geplant – Neubau soll barrierefrei werden

Eine Sprecherin der Behörde erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass der bauliche Zustand einen barrierefreien Zugang verhindere. „Sowohl im Außenbereich als auch im Innenraum gibt es mehrere Stufen, die den Einbau einer Rampe oder eines anderen barrierefreien Zugangs erschweren“, erklärt Theresa Andrich. Verschiedene Lösungen seien bereits geprüft worden, ließen sich jedoch nicht umsetzen. Angesichts des geplanten Neubaus des Landratsamtes, der bis 2026 fertiggestellt werden soll, ist eine barrierefreie Umgestaltung der Zulassungsstelle nicht mehr vorgesehen. „Der Fokus liegt auf der barrierefreien Gestaltung des Neubaus, um zukünftig einen uneingeschränkten Zugang für alle zu gewährleisten“, erklärt Andrich.

Um dennoch für alle Bürger aus dem Landkreis einen Zugang zu schaffen, bietet die Zulassungsstelle „alternative Serviceleistungen“ an. „Bei kurzen Anliegen werden diese direkt vor der Zulassungsstelle oder am Fahrzeug bedient. Bei längeren Terminen nutzen wir einen barrierefreien Besprechungsraum im Nachbargebäude“, sagt die Sprecherin. Dass es eine Alternative gibt, findet Berndanger einen guten Weg – auch, wenn es „ein Tropfen auf dem heißen Stein“ sei.

Das Thema beschäftigt den 64-Jährigen, weil er selbst Kontakt mit Rollstuhlfahrern hat. Fünf Jahre lang war er als unterstützender Hausmeister für das Pflegeheim St. Elisabeth in Neuhaus tätig – das sensibilisierte ihn für das Thema. „Früher wäre ich vielleicht an dem Rollstuhlfahrer vorbeigegangen.“ Mittlerweile ist Barrierefreiheit für Berndanger aber auch eine Sache des Respekts. (sf)

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