Preiskrieg bei Chinas Autobauern: Warum das eine gute Nachricht für deutsche Hersteller ist
Der chinesische Autobauer BYD ist mit massiven Preissenkungen vorgeprescht und hat den Preiskrieg in China auf einen Höhepunkt getrieben. Für europäische Hersteller ist das eine gute Nachricht.
Peking – Der Preiskrieg auf dem chinesischen Automarkt verschärft sich und sorgt bei der Konkurrenz aus Europa für Risiken, aber auch für ungeahnte Chancen. Was in China geschehe, sei kein normaler Wettbewerb, sagte der Autoexperte Philipp Raasch dem Focus: „Es ist ein Kampf ums Überleben. Die lange erwartete Konsolidierung. Von den etwa 170 chinesischen Automarken werden nur fünf bis sieben überleben.“
Preiskampf der Autohersteller in China: Der Verdrängungswettbewerb hat begonnen
Die chinesischen E-Auto-Hersteller haben eine erfolgreiche Rallye hinter sich und verkauften allein im letzten Jahr 6,4 Millionen E-Autos. Doch die hohen Wachstumsraten des letzten Jahrzehntes gehören der Vergangenheit an. Der Markt ist zum großen Teil gesättigt. Um Kunden dennoch zum Kauf zu animieren, drücken die Autokonzerne auf den Preis, und ein Ende ist nicht in Sicht. Ein harter Verdrängungswettbewerb hat begonnen.
Für die deutsche Autoindustrie erhöht sich damit ebenfalls der Druck in China, sagte Raasch: „Wer nicht bei Preis und Technologie mithalten kann, verliert Marktanteile.“ Beim Preis könnten die deutschen Hersteller nicht mitziehen und technologisch hinkten sie aktuell auch hinterher. Die deutschen Autobauer müssten daher auf andere Themen wie Qualität, Sicherheit und Verlässlichkeit setzen, so der Fachmann.
Preiskampf der Autokonzerne in China bietet Gelegenheit für Zukäufe deutscher Autogersteller
Zudem seien die Umbrüche auf dem chinesischen Markt eine Gelegenheit für strategisch kluge Investments, sagte der Auto-Experte: „Angeschlagene chinesische Hersteller suchen Partner oder Investoren. Deutsche Unternehmen können selektiv einsteigen.“ Das sei durch gezielte Beteiligungen, Joint Ventures für spezifische Technologien und den Zukauf von Patenten, Technologien und Teams denkbar, sagte Raasch: „Der Ausverkauf in China hat begonnen. Und das ist die große Chance, den technologischen Rückstand mit einem Schlag aufzuholen.“
Branchenprimus BYD hat für 2025 ein Verkaufsziel von 5,5 Mio. Fahrzeugen ausgegeben. In den ersten vier Monaten hat das Unternehmen laut Focus aber nur 1,38 Mio. Autos verkauft. Dazu kommt: Im wichtigen Segment unter 12.000 Euro hat BYD bisher nur 7,4 Prozent Marktanteil, aber genau hier will BYD stark wachsen. BYD senkte daher im Mai die Preise bei 22 Modellen um bis zu 34 Prozent. Die Konkurrenz wie Geely und Chery konnte der Preissenkung nicht untätig zusehen und musste nachziehen, die Aktienkurse brachen ein.
Verband warnt vor den Folgen des Preiskampfes der Autohersteller in China
Die aggressiven Preisnachlässe veranlassten den chinesischen Branchenverband China Automobile Manufacturers Association (CAMA) zu der Warnung, dass die niedrigeren Preise „eine neue Runde der Preiskriegspanik auslösen“, berichtet das Fachportal Electrek. Der Preiskrieg verschärfe den Wettbewerb und drücke auf die Gewinnspannen der Unternehmen. Der Chef des chinesischen Autobauers Geely, Li Shufu, warnte, dass die globale Automobilindustrie mit „ernsthaften Überkapazitäten“ konfrontiert sei, berichtet Reuters.
Gleichzeitig steige der Exportdruck aus China, sagte Auto-Experte Raasch: „Die Frage ist nicht ob, sondern wie viele chinesische Autos kommen werden.“ Für europäische Autokunden ist das nicht unbedingt eine gute Nachricht. Um ihre Margen zu halten, könnten die Hersteller gezwungen sein, an allen Ecken zu sparen, so Raasch: „Die Gefahr: Billigere Komponenten könnten die Sicherheit gefährden. Das ‚Made in China‘-Image könnte Schaden nehmen.“
Verbraucher können vom Preiskampf der Autohersteller in China nicht profitieren
Dazu kommt, dass die Kunden hierzulande von den günstigen Preisen auf dem heimischen, chinesischen Markt nicht profitieren dürften. Die Autos für den Export nach Europa sind schon jetzt teurer als daheim. Vielmehr könnten die Exportmärkte nach Ansicht von Analysten genutzt werden, um den Preiskrieg in China zu finanzieren. „Die Absätze in Europa subventionieren im Wesentlichen den Preiskrieg in China“, sagte der Auto-Analyst Matthias Schmidt der britischen Zeitung Telegraph. Immerhin scheint das die Gefahr zu mildern, dass der europäische Automarkt auf absehbare mit günstigen Modellen aus dem fernen Osten geflutet wird. Jedenfalls so lange nicht, bis die Konsolidierung der chinesischen Autobauer abgeschlossen ist.