Krankenkasse verpflichtet zum Arztbesuch – gibt es sonst kein Krankengeld mehr?

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Wer krankgeschrieben ist, erhält nur für ein paar Wochen Geld vom Unternehmen. Danach springt die Krankenkasse ein – und will Beweise sehen.

Kiel – Kranke Arbeitnehmer kosten jedes Unternehmen Geld, dennoch gibt es gesetzliche Regelungen, die Angestellte im Krankheitsfall schützen. Wird der Zustand überstrapaziert, löst das allerdings auch andere auf den Plan. Ab einer gewissen Dauer kümmern sich die Krankenkassen um den Fall – und die haben ihre eigenen Methoden, Kranksein nachzuweisen. Der Fall einer Betroffenen wirft die Frage auf, was zumutbar ist.

Krankengeld: Erst zahlt der Arbeitgeber, dann die Krankenkasse

Die Effizienz der deutschen Wirtschaft wird derzeit auch im Hinblick auf den hohen Krankenstand unter Arbeitnehmern diskutiert. Kurios wird es, wenn der Chef selbst den Krankheitsstatus beim Hausbesuch prüft – das soll bei Elon Musks Unternehmen Tesla der Fall sein. Nachdem womöglich die Lohnfortzahlung ab dem ersten Krankheitstag gekippt werden könnte, lässt das Finanzloch bei den Krankenkassen vermuten, dass auch bei der gewohnten Zahlung in der Zukunft an den Stellschrauben gedreht wird. Das zeigt der Fall einer Frau aus Nordrhein-Westfalen, deren Fall der Kieler Kreisverband des Sozialverbands Deutschland (SoVD) aufgriff.

Die Angestellte leide an einer psychischen Belastung und beziehe seit einigen Wochen Krankengeld. Der Arbeitsvertrag ruhe, es liege keine Kündigung vor. Die Regeln im Falle einer Lohnfortzahlung sind gesetzlich festgelegt, es gibt aber auch Ausnahmen. Nach Ablauf der Übernahme durch den Arbeitgeber springt die Krankenkasse ein. Genau die meldete sich per Anruf: Innerhalb von zwei Wochen soll die Betroffene einen Termin beim Psychologen machen, sonst wolle die Krankenkasse das Krankengeld einstellen.

Krankengeld: Das darf die Krankenkasse fordern

Der SoVD erklärt: Wer Krankengeld bezieht, ist an fortlaufende Krankmeldungen gebunden. Es ist berechtigt, wenn die Krankenkasse sehen möchte, dass Versicherte bei einem Spezialisten in Behandlung sind. Wer Krankengeld erhält, sollte sich also bestenfalls von einem Facharzt behandeln lassen, im Falle von psychischen Beschwerden also von einem Psychologen oder Psychotherapeuten. Treten die Beschwerden nachweislich aufgrund der Belastung im Job auf, kann eine Kündigung auf ärztlichen Rat notwendig werden.

Allerdings laufe das in der Praxis anders ab als im Fall der betroffenen Frau. Die Krankenkasse setzt dem Patienten normalerweise kein Ultimatum zum Facharzt-Besuch. Üblicherweise wird der Hausarzt angeschrieben – entweder direkt von der Krankenversicherung oder über den Medizinischen Dienst (MD). Der kommt ins Spiel, wenn ein Gutachten über die Arbeitsfähig- oder -unfähigkeit von Versicherten erstellt werden soll, in aller Regel passiert das erst nach rund drei bis sechs Monaten Krankengeldzahlung. Dann wird auch abgefragt, welche Therapien bereits angewendet wurden und wann mit einer Genesung des Patienten zu rechnen ist.

Das Online-Magazin gegen-hartz.de prüft regelmäßig solche Sachverhalte auch für Empfänger von Bürgergeld und sieht in dem Vorgehen an sich nichts Verwerfliches. „Bei chronischen oder schwerwiegenden Erkrankungen wird angenommen, dass eine spezialisierte Behandlung den Heilungsprozess beschleunigt und zugleich fundierte Gutachten erstellt“, heißt es auf der Webseite.

Das kann passieren, wenn Nachweise für eine Krankheit fehlen

Ein Krankengeld-Stopp kann nur erfolgen, wenn der Medizinische Dienst in Absprache mit der Krankenkasse zu dem Schluss kommt, dass keine ausreichende fachärztliche Betreuung oder kein klarer Therapieplan existiert. So kann es erforderlich werden, dass sich Patienten nach schriftlicher Aufforderung arbeitslos melden oder bestimmte ärztliche Maßnahmen einleiten müssen.

Der SoVD rät, sich vorsorglich arbeitslos zu melden, um im Notfall Arbeitslosengeld zu erhalten. Zudem helfe ein ausführlicher medizinischer Bericht mit allen bisher angewandten Therapien.

Nach dem Arbeitgeber zahlt die Krankenkasse im Krankheitsfall – doch nicht bedingungslos.
Nach dem Arbeitgeber zahlt die Krankenkasse im Krankheitsfall – doch nicht bedingungslos. © Zoonar.com/stockfotos-mg/IMAGO

Nach längerer Ausfallzeit bieten viele Krankenkassen Wiedereingliederungsmaßnahmen ins Arbeitsleben an. Die Techniker Krankenkasse (TK) zum Beispiel setzt auf eine sogenannte „Belastungserprobung“ durch sozialmedizinisch geschulte Fachleute. Damit soll die Leistungsfähigkeit der Versicherten realistisch eingeschätzt werden. Um diese zu steigern, wird unter anderen zu Methoden wie einer „Arbeitstherapie“ gegriffen, deren Kosten in der Regel vom zuständigen Rentenversicherungsträger getragen werden.

Ein Gerichtsurteil entschied jetzt, ob eine aus dem Ausland eingereichte Krankschreibung gültig ist. (diase)

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