"Können jedes Ziel der Erde treffen": Ex-General erklärt Trumps Atom-U-Boote

FOCUS online: Herr Domröse, Trumps vorgezogenes Ultimatum an Putin, bis Freitag eine Waffenruhe im Krieg gegen die Ukraine zu verkünden, sorgt für Unruhe. Zum einen, weil Dimitri Medwedew, Vize im russischen Sicherheitsrat, eine nukleare Drohung ausgesprochen hat. Zum anderen, weil Trump daraufhin die Entsendung zweier Atom-U-Boote in russische Regionen ankündigte. Welche Regionen eignen sich strategisch am besten dafür?

Hans-Lothar Domröse: Das kann überall sein, ganz gleich ob nun an den nördlichen oder östlichen Küsten Russlands. Die Abschreckungsstrategie beruht darauf, dass diese U-Boote jederzeit überall eingesetzt werden können. Sie können im Übrigen auch, ganz gleich, wo sie sind, jedes Ziel der Erde treffen.

Trump sagt nicht, ob die Atom-U-Boote mit Nuklearwaffen bestückt sind. Wie wahrscheinlich ist das?

Domröse: Im Sinne der Machtpolitik kann es sich eigentlich nur um Atom-U-Boote mit Nuklearwaffen handeln. Etwa wie jene so genannten Ohio-Klasse, die die 18 größten atomgetriebenen U-Boote der US-Marine umfasst. Ein Teil dieser U-Boote ist immer im gefechtsbereiten Einsatz, 24/7.

Hans-Lothar Domröse, Jahrgang 1952, war Berufssoldat. In seiner letzten aktiven Verwendung von 2012 bis 2016 kommandierte er als Vier-Sterne-General und Oberbefehlshaber das Allied Joint Force Command (JFC) in den Niederlanden, einem der beiden europäischen Nato-Kommandos der operativen Führungsebene. Zuvor hatte er diverse hochrangige Posten unter anderem bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr in Afghanistan, dem Kosovo als auch in Verteidigungsministerium inne.

Kremlnahe Experten wie der Parlamentsabgeordnete Viktor Wodolazki behaupteten nach Trumps Vorstoß, es sei sinnlos, Russland Angst machen zu wollen, weil der Kreml über weit mehr und besser ausgestattete Atom-U-Boote in den Weltmeeren verfüge als die USA.

Domröse: Darüber können die Amerikaner nur lachen. Die USA sind die führende Atom-Macht in den Weltmeeren. Das lässt sich allein daran ablesen, dass die russische Marine beim Krieg gegen die Ukraine im Schwarzen Meer keine Rolle spielt. Sie ist dort nicht existent. Russland besitzt ja nicht mal einen Flugzeugträger, und das andere Arsenal rostet nicht selten vor sich hin. Zwar können sowohl die USA als auch Russland einen Terroristen über eine Entfernung von 2000 Kilometern ausschalten. Aber während die USA dabei theoretisch den Feind ohne weitere große Schäden dabei vom Balkon schießen können, müssen die Russen das ganze Haus zerstören, um das gleiche Ziel zu erreichen.

Hans-Lothar Domröse
Hans-Lothar Domröse als damals noch aktiver Vier-Sterne-General. dpa/Valda Kalnina

Viele Staaten äußern sich jetzt besorgt um eine atomare Eskalation. Wie ernst schätzen Sie als diese Drohgebärden ein?

Domröse: Zuerst sollte man nicht vergessen, dass Putin eine atomare Drohung gegen den Westen in Zusammenhang mit seinem Überfall auf die Ukraine sogar schon einen Tag vor der Invasion des Nachbarlandes ausgesprochen hat. Allerdings hat es mich schon überrascht, dass Trump nun nachzieht. 

So sehr, dass man sich Sorgen machen muss?

Domröse: Trumps Ankündigung ist zweifellos eine Verschärfung im Ringen mit den Russen um eine Beendigung des Krieges. Das hat es bislang in diesem Konflikt noch nicht gegeben. Und eine gewisse Unberechenbarkeit ist natürlich immer dabei, wenn Trump so etwas ausspricht. Allerdings haben die Russen eben schon öfter mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht. Und es am Ende nicht getan, weil sie wissen, dass dies für sie ernste Folgen hätte.

Kreml-Sprecher Dimitri Peskow relativierte am Montag vor Journalisten in Moskau nach Trumps Vorstoß indirekt auch die Drohung Medwedews, indem er sagte, "jeder sollte sehr, sehr vorsichtig mit nuklearer Rhetorik umgehen". Ein Hoffnungszeichen?

Domröse: Es ist Teil des Prinzips der atomaren Abschreckung, mit dem Nuklearwaffenarsenal zu drohen. Zumindest scheint es nach dem Statement von Peskow so, dass die Russen den Ball an diesem Punkt flach halten und kein Öl ins Feuer gießen wollen.

Und wie könnte eine Reaktion aussehen, wenn Putins nicht auf Trumps Forderungen eingeht?

Domröse: Falls Putin das Ultimatum ungenutzt verstreichen lässt, wurden ja zuvor von der USA weitere mögliche Sanktionen gegen Russland und Verstärkung der militärischen Ukrainehilfe angekündigt. Das haben die Russen selbst in der Hand.