Manipulierte LKW auf deutschen Straßen: "Das sind tickende Zeitbomben"
"Das sind tickende Zeitbomben auf deutschen Autobahnen", sagt der Kölner Personaldienstleister Andreas Schindler. Was er meint: Lkw. Die Vorwürfe und Enthüllungen, die die "Verkehrsrundschau" in einem neuen Bericht aufzählt, sind gravierend: Manipulierte Assistenzsysteme, gefälschte oder gar keine Papiere und systematischer Betrug.
Polizei findet bei Kontrollen manipulierte Lkw und Fahrer ohne Papiere
In der Branche herrscht ein Preiskrieg. Unternehmen tun alles, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. So wurde Ende April in Berlin ein Fahrer erst nach einer Verfolgungsjagd durch die Polizei gestoppt. Der 49-Jährige war Schlangenlinien gefahren und soll unter Drogeneinfluss gestanden haben. Als die Polizei ihn stoppen wollte, rammte er ein Polizeifahrzeug und raste davon. Erst mit Unterstützung konnte er angehalten werden. Der Mann hatte weder eine Fahrerlaubnis, noch war er legal in Deutschland. Laut Berliner Polizei sei der Vorfall kein Einzelfall.
Im Gegenteil: Polizisten berichten, dass die Verstöße auf den Straßen immer häufiger werden. "Bei 30 kontrollierten Lkw haben wir zehn mit erheblichen Delikten in dieser Richtung, das heißt: falsche Papiere oder keinen gültigen Führerschein, oder keine Fahrerbescheinigung", so Oberkommissar Andre Munker von der Verkehrspolizeiinspektion Nürnberg.
Illegale Fahrer legen gefälschte Zertifikate vor
Wie die "Verkehrsrundschau" weiter berichtet, würden bei einigen Unternehmen illegal Fahrer aus Ost- oder Südosteuropa eingesetzt, die dann deutlich unter Mindestlohn verdienen würden. Häufig seien Papiere gefälscht oder es gäbe erst gar keine, wie auch der Kölner Personaldienstleister Andreas Schindler dem Branchenblatt berichtet.
Polizeidirektor Stefan Pfeiffer, Dienststellenleiter in Feucht, erklärt, dass so schnell enorme Summen zusammenkommen. "Wenn eine ganze Fahrzeugflotte technisch manipuliert ist, können die Gewinne schnell im fünf- oder sechsstelligen Bereich landen." Dahinter stecken demnach meist Hintermänner aus dem EU-Ausland.
Deaktivierte Kontrollsysteme können zu tödlichen Unfällen führen
Um die Lkw auf Hochtouren laufen zu lassen, würde nicht nur der Tacho manipuliert, sondern auch digitale Kontrollsysteme ausgeschaltet. "Dann werden alle anderen Kontrollsysteme auch ausgeschaltet. In dem Moment kann man die volle PS-Zahl ausnutzen", erklärt Pfeiffer. Die Fahrzeuge könnten dann merklich schneller fahren. Das Problem: Durch das Ausschalten werden auch Assistenzsysteme deaktiviert, die tödliche Unfälle vermeiden sollen.
Ein weiteres, massives Risiko: Wie Personaldienstleister Schindler gegenüber der "Verkehrsrundschau" berichtet, würden ihm regelmäßig Bewerbungen in fehlerfreiem Deutsch geschickt, bei denen die Fahrer ADR-Schulungsschein für Gefahrgutfahrer vorweisen würden, die man nur mit Deutschkenntnissen erwerben könne. Aber: "Wenn die vor mir stehen, sprechen die kein Wort Deutsch", berichtet er. „Da muss jemand dahinterstecken, der das organisiert und abwickelt.“ Es sei lebensgefährlich, diese Fahrer ans Steuer zu lassen.
Der harte Preiskrieg, bei dem es mehr darum geht, den Stundenlohn unter 10 Euro zu drücken als auf das Wohl der Fahrer zu achten, und der Druck, der daraus entsteht, fordert am Ende vor allem ein Opfer: die Fahrer.