„Brauchen Verlässlichkeit“: Diese Habeck-Ballons platzen jetzt wohl
Nach Ampel-Aus und Scholz‘ Vertrauensfrage stehen wirtschaftspolitische Vorhaben auf der Kippe. Einige Branchen könnte das hart treffen.
Kurz vor Heiligabend stehen die Themen noch auf der Tagesordnung im Bundestag: Beratungen über Anträge zum Mindestlohn, zur digitalen Wende, zur Stärkung der heimischen Wirtschaft. Nur: Am Montag (16. Dezember) wird Kanzler Olaf Scholz aller Wahrscheinlichkeit die Vertrauensfrage verloren haben, der Bundestag wird in der Folge aufgelöst, damit Neuwahlen am 23. Februar möglich sind.
Scholz stellt Vertrauensfrage: Was passiert mit Heizungsgesetz, Mietpreisbremse, Autoindustrie?
Scholz betonte, dass Bundesregierung und Bundestag trotzdem bis zur Bundestagswahl und zur neuen Regierung voll arbeitsfähig blieben. Aber: Eine mehrheitsfähige Regierung gibt es nicht mehr, viele geplante Gesetze und Vorhaben werden wohl oder übel auf der Strecke bleiben. Das betrifft soziale Bereiche (zum Beispiel Entscheidungen zum Bürgergeld). Aber auch für die deutsche Wirtschaft ist das Ampel-Aus kein gutes Signal.
„Unternehmen brauchen in unruhigen und volatilen Zeiten vor allem eins: Verlässlichkeit“, hatte etwa der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln vor einigen Wochen zum Ampel-Aus erklärt. Um die Wirtschaft hierzulande ist es in diesen Tagen allerdings schlecht bestellt. Ein paar Beispiele für wirtschaftspolitische Vorhaben, die mindestens auf der Kippe stehen.
Aus für Kraftwerkgesetz nach Ampel-Aus und Vertrauensfrage?
Das Kraftwerkssicherheitsgesetz war ein zentrales Projekt aus dem grünen Wirtschaftsministerium von Robert Habeck. Die Idee: Die Regierung wollte den Bau von Gaskraftwerken fördern. Diese sollten als Backup-Lösung einspringen, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien nicht reichen würde. Vor allem für energieintensive Industrieunternehmen, die sich im Transformationsprozess befinden, ein wichtiger Schritt.
Tatsächlich sollten die ersten Ausschreibungen schon Anfang 2025 starten, die Vorbereitungen waren weit fortgeschritten. Noch vor wenigen Tagen hieß es aus Grünen-Kreisen, dass das Gesetz noch in dieser Legislatur kommen könnte. Doch jetzt ist klar: Bundeswirtschaftsminister Habeck begräbt die Pläne. Grund: Die erforderlichen Mehrheiten sind nicht machbar, die Union lehnt ab.

Meine news
CCS-Gesetz für Industrie wohl vom Tisch
Noch ein Habeck-Projekt: 2023 war der Wirtschaftsminister extra nach Norwegen gereist, um sich beim Thema Carbon capture and storage, kurz CCS, schlauzumachen. In Norwegen hat man viel Erfahrung mit dem CCS-Verfahren, das CO2-Emissionen in der Industrie deutlich verringern soll. Dazu wird Kohlendioxid chemisch von anderen Abgasen getrennt, unter Druck verdichtet, verflüssigt und schließlich an die Küste transportiert, wo es unter dem Meeresboden gespeichert wird. Für manche Branchen, etwa die Zementindustrie, gilt das als einzige Möglichkeit, ihre Klimaziele zu erreichen. Ein CCS-Gesetz war schon auf dem Weg, doch nach dem Koalitionsbruch wird es nun wohl doch erst einmal nicht kommen.
Scholz verspricht Stahlbranche Unterstützung – aber keine Mehrheit mehr nach Ampel-Aus und Vertrauensfrage
Der Stahlbranche geht es schlecht, die Auftragseingänge sind allein im dritten Quartal um 9,4 Prozent zurückgegangen. In Unternehmen wie der Thyssenkrupp-Tochter TKMS in Duisburg kriselt es. Zehntausende Menschen arbeiten in der Stahlindustrie, die Jobs vieler sind gefährdet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat deshalb bei einem „Stahl-Gipfel“ der Branche Unterstützung zugesagt und Hilfe beim Reduzieren von Energiekosten versprochen. Unklar ist allerdings, wie Scholz seine Versprechen ohne Mehrheit im Bundestag umsetzen will.
Maßnahmenpaket für strauchelnde Autoindustrie und E-Auto-Prämie
Auch die Autoindustrie steckt in der Krise. Vor allem im Wettbewerb auf dem E-Auto-Markt droht Deutschland von Konkurrenten aus China abgehängt zu werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck will jetzt mit einem Maßnahmenpaket gegensteuern. So sollen E-Auto-Fahrer finanziell unterstützt werden und es soll eine Kaufprämie für E-Autos geben. Unklar ist allerdings, ob dieses Vorhaben noch in dieser Legislatur durchkommen kann.
Das Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht sollte vor allem Anbieter von E-Auto-Ladesäulen und Stromspeichern entlasten. Eigentlich hätte es im November vom Bundestag beschlossen werden sollen, doch voraussichtlich kommt es in dieser Legislatur nicht mehr zustande.
Mietpreisbremse im Kabinett – aber Union ist dagegen
Ein Vorhaben, das für deutlich mehr Geld in den Portemonnaies von Millionen Menschen sorgen dürfte: die Verlängerung der Mietpreisbremse. 2015 war das Instrument eingeführt worden, um den teils extremen Anstieg von Mietpreisen vor allem in Großstädten zu begrenzen. Die Verordnungen der Länder dazu laufen laut Gesetz bis Ende des Jahres aus.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte vor einigen Tagen im Interview mit IPPEN.MEDIA versprochen, dass eine Verlängerung der Mietpreisbremse noch dieses Jahr ins Kabinett kommt. Jetzt hat das Bundeskabinett tatsächlich beschlossen, dass die Mietbegrenzung bis Ende 2029 weiterlaufen wird. Ob das im Bundestag noch beschlossen wird, ist aber unklar. Abgeordnete der Union haben sich bereits dagegen ausgesprochen.
Heizungsgesetz: Bauministerin will Reform
Geywitz machte im Interview außerdem deutlich, dass die das Heizungsgesetz grundlegend reformieren möchte. Es sei viel zu kompliziert. Tatsächlich sorgt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sowohl bei Fachfirmen als auch bei Hausbesitzern immer noch für Unsicherheit. Ob und wann eine Reform in dieser Legislatur kommt, ist unklar.