Nach Aschaffenburg: Migrationsstopp oder Opposition – Linnemann pokert vor Bundestagswahl hoch

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Fordern einen harten Asylkurs und ein faktisches Einreiseverbot: Carsten Linnemann und Friedrich Merz (beide CDU). © Peter Kneffel/Marcus Brandt/dpa

Harter Asylkurs nach Aschaffenburg: Mit einem 5-Punkte-Plan will Friedrich Merz die Migration stoppen. Abstriche soll es nicht geben – sagt der CDU-General.

Berlin – Grenzen dicht, faktisches Einreiseverbot und massenhaft Abschiebungen: Nach der Messerattacke von Aschaffenburg hat die Asyldebatte an Schärfe gewonnen. Vor allem die Union um Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) befeuerte die Debatte mit einem neuen 5-Punkte-Plan. Dieser soll Grundlage für eine neue Koalition nach der Bundestagswahl werden – und zwar ohne Abstriche. Das stellte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann jetzt noch einmal klar. Doch wie realistisch ist das harte Durchgreifen? Kritiker sehen darin vor allem eines: massives Wahlkampfgetöse.

5-Punkte-Plan von Merz: Linnemann stellt Asylkurs zur Bedingung für Koalition nach Bundestagswahl

Doch bei der Union setzt man jetzt alles auf eine Karte. Nach der Messerattacke auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg macht die CDU den harten Asylplan von Kanzlerkandidat Friedrich Merz nämlich zur Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl 2025. „Wir ziehen das durch“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im Interview mit Welt-TV. Möglicherweise habe die Union nach der Neuwahl die absolute Mehrheit. „Wenn wir die nicht haben und es gibt keinen Koalitionspartner, der da mitgeht, dann können wir halt nicht regieren“, fügte er hinzu.

Damit zog Linnemann eine klare, rote Linie für mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl. Im Klartext: Entweder es findet sich jemand für den CDU-Plan – oder aber die Christdemokraten gehen in die Opposition. Zuvor hatte sich schon Merz selber in die Richtung geäußert. Ihm sei „völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht“, hatte Merz bei der Vorstellung seines Plans kundgetan. Wichtig sei nur, dass die Vorhaben eins zu eins umgesetzt werden würden. Zustimmung für dieses Vorgehen kam auch von Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU).

Messerattacke von Aschaffenburg befeuert Migrationsdebatte vor Bundestagswahl 2025

Ein tragischer Vorfall hatte die politische Debatte um die Migrations- und Asylpolitik in Deutschland erneut entfacht. In Aschaffenburg hatte ein mutmaßlich psychisch kranker Mann aus Afghanistan eine Kindergartengruppe mit einem Messer attackiert. Dabei wurden ein zweijähriger Junge und ein 41-jähriger Passant getötet, mehrere weitere Personen erlitten Verletzungen. Die Tat löste eine Schockwelle und weitreichende politische Reaktionen aus.

Nach Aschaffenburg: Merz legt 5-Punkte-Plan vor – das steht drin

Besonders deutlich reagierte CDU-Chef Friedrich Merz. Er versprach im Falle eines Wahlsieges bei der Bundestagswahl an seinem ersten Tag als Kanzler ein Sofortprogramm durchzusetzen, das eine Asylwende in Deutschland einleiten soll. Er „weigere sich anzuerkennen“, dass Anschläge wie jetzt in Aschaffenburg und zuvor in Solingen, Mannheim und Magdeburg zur neuen Realität in Deutschland gehören sollten: „Das Maß ist endgültig voll“, tönte der Unionspolitiker. Deutschland stehe vor dem „Scherbenhaufen einer in Deutschland seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik“. Konkret versprach er folgende Maßnahmen in einem 5-Punkte-Plan:

  • Verhängung eines „faktischen Einreiseverbots“: Das Bundesinnenministerium soll auf Basis einer Richtlinienkompetenz angewiesen werden, die deutschen Staatsgrenzen zu allen deutschen Nachbarstaaten „dauerhaft zu kontrollieren“ und alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen.
  • Die Bundespolizei soll das Recht erhalten, Haftbefehle zu beantragen. Ausreisepflichtige Personen, die in Bussen und Bahnen aufgegriffen werden, sollen so leichter abgeschoben werden können.
  • Ausreisepflichtige würden in Ausreisegewahrsam oder -haft genommen und „so schnell wie möglich abgeschoben“ werden. Die Zahl der Plätze im Abschiebegewahrsam müssten dafür deutlich erhöht worden.
  • Der Bund müsse stärker Abschiebungen übernehmen und sie nicht allein den Ländern überlassen. „Abschiebungen und Rückführungen müssen ab sofort täglich stattfinden“, so Merz.
  • Merz will das Aufenthaltsrecht so ändern, dass jeder Ausreisepflichtige so lange in Gewahrsam bleiben könne, bis er abgeschoben werde oder freiwillig ausreise.

Faktisches Einreiseverbot: Grüne und SPD kritisierten Knallhart-Asylplan von Merz

In der amtierenden Bundesregierung und bei den potenziellen Koalitionspartnern stoßen die Pläne auf Ablehnung. Vor allem die Grünen äußerten Bedenken. So betonte Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck, dass Vorschläge, die europarechtskonform und auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, willkommen seien. Er habe jedoch seine Zweifel, dass die Pläne von Merz einer Prüfung in dieser Hinsicht standhalten würden, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte ebenfalls rechtliche Bedenken: „Man müsse klären, ob das, was Merz ankündige, europarechtlich zulässig sei. Ich würde sagen, nein“, zitierte sie der Stern. Sie warnte Merz zugleich davor, Versprechen hinauszuposaunen, die am Ende nicht gehalten werden könnten. Dies zerstöre dann massives Vertrauen in die Politik.

Zumindest einen Teil der Merz-Vorschläge könnte die SPD mittragen. So hatte Faeser bereits im vergangenen Jahr den Asylkurs verschärft und temporäre Grenzkontrollen angeordnet. Denn im Schengen-Raum können Grenzkontrollen befristet angeordnet werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dies für alle Landgrenzen bereits umgesetzt und angekündigt, es über März 2025 hinaus verlängern zu wollen.

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Merz sucht nach Partnern für Migrationswende – hohe Hürden für die Grünen

Für die Grünen sind die Hürden jedoch ungleich höher, den 5-Punkte-Plan nach der Bundestagswahl umzusetzen. Sie warfen Merz vor, ein Spiel mit dem Feuer zu betreiben und den Positionen der AfD hinterherzulaufen. Koalitionsbedingungen „so en passant“ zu formulieren, werde der Lage nicht gerecht, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak im ZDF-„Morgenmagazin“ und verlangte von dem CDU-Chef eine Klarstellung.  

Merz könne nicht auf der einen Seite sagen, es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben – das habe der CDU-Chef kürzlich in seinen Augen sehr glaubwürdig wiederholt – „und dann an der Stelle sagen, aber jetzt ist mir egal, mit welchen Mehrheiten“. Der Grünen-Chef verwies auf die Reaktion von AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die nach Merz‘ Äußerungen unter anderem in einem offenen Brief an ihn appellierte, in der Migrationspolitik zusammenzuarbeiten.

Umfrage zur Bundestagswahl: CDU setzt SPD und Grünen hohe Hürden

Wer am Ende das Rennen macht und mit der CDU um eine Koalition verhandelt, bleibt abzuwarten. Nach aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl kann sich die Union den Partner aussuchen. CDU und CSU liegen in den Sonntagsfragen stabil auf Platz eins, dahinter folgt die AfD. SPD und Grüne liegen auf Platz drei und vier. Gegen eine schwarz-grüne Koalition gibt es aber vor allem in der CSU starke Bedenken, sodass es am Ende voraussichtlich eher auf eine neue Große Koalition hinauslaufen könnte. Mit dem 5-Punkte-Plan von Merz ist die Wahrscheinlichkeit mehr als gestiegen. (jkf)

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