K-Frage in der Union: Hinter Merz fliegen die Pfeile
Friedrich Merz ist als Kanzlerkandidat der Union gesetzt, Markus Söder hat ihm glaubhaft Unterstützung versprochen. Worum geht es bei den anhaltenden Sticheleien zwischen CSU und CDU?
Es gibt diese Szene aus der „heute-Show“. „Viele Leute sagen ja, die beste Eigenschaft von Friedrich Merz ist, dass er Markus Söder als Kanzler verhindert hat“, spricht der Spaßmacher vom ZDF da in die Kamera. „Fragen wir mal einen Experten.“ Dann folgt der Schwenk auf seinen Interview-Partner Armin Laschet. Der CDU-Mann lacht – wieder mal – vielsagend offenherzig.

CDU macht Laschets Aussetzer und Söders Sticheleien für Niederlagen gegen Scholz verantwortlich
Klar, alles nur Gaudi. Und doch darf man annehmen, dass nicht nur bei Laschet selbst durchaus noch etwas hängen geblieben ist von den Geschehnissen im Jahr 2021. Der Rheinländer war damals als CDU-Chef der natürliche Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union. Doch CSU-Chef Markus Söder ließ keinen Zweifel daran, dass er sich selbst für den geeigneteren Mann dafür hält – und zog auch Teile der CDU auf seine Seite. Am Ende drückte CDU-Schwergewicht Wolfgang Schäuble Laschet doch als Kandidaten durch, die Union verlor gegen Olaf Scholz und neben Laschets Aussetzern wurde dafür auch Dauerstichler Söder aus dem Süden verantwortlich gemacht.
Söder ist „fein“ mit Merzs Kanzlerkandidatur – Trotzdem fliegen Giftpfeile zwischen CSU und CDU
Diesmal soll es anders laufen. Die CDU steht geschlossen hinter ihrem Kandidaten Friedrich Merz, auch Söder hat seine eigenen Ambitionen bereits zurückgestellt („bin fein damit“). Und doch ist um den bislang unumstrittenen Kanzlerkandidaten herum eine aggressive Spannung wahrzunehmen. Zwischen der CSU im Süden, und der CDU im Westen und Norden fliegen immer wieder kleine Giftpfeile. Nicht tödlich, aber schmerzhaft.
Grüne spotten über Söder
Zuletzt war es vor allem Markus Söder, der sich über die Grünen lustig machte. Nun teilen führende Köpfe der Grünen im Gegenzug gegen den CSU-Chef aus. „Mir scheint das schon was Pathologisches zu haben“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in der ARD. Söder rede Erfolge von schwarz-grünen Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein systematisch schlecht. „Manche Männer mit großen Egos können offensichtlich nicht verkraften, dass andere was schaffen, was sie selbst nicht hinbekommen haben“, sagte Baerbock. Sie denke dabei manchmal „an so einen Teenagerjungen, der irgendwie nicht verkraften kann, dass seine große Liebe irgendwie woanders hingegangen ist“. Ebenfalls nicht gut auf Söder zu sprechen ist die scheidende Grünen-Chefin Ricarda Lang. „Ich glaube, der würde seine Oma verkaufen, wenn er damit gerade politisch irgendwie vorankommen würde“, sagte Lang
NRW-Ministerpräsident Wüst sieht sich als Nummer zwei in der Union – Affront für die CSU
Neben möglicher offener Rechnungen dürfte es dabei vor allem um Machtfragen gehen. Denn Söder, der sich als Chef der CSU als klare Nummer zwei in der Union hinter Kanzlerkandidat und CDU-Chef Merz begreift, sieht sich herausgefordert von Hendrik Wüst. Laschets Nachfolger als NRW-Ministerpräsident lässt nämlich zuletzt wenig Zweifel daran, dass er sich selbst als zweiten Mann in der CDU sieht – und sich wohl als Kronprinz (und somit auch möglicher Reserve-Kanzlerkandidat) hinter dem 68-jährigen Merz in Stellung bringen will.
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Wer bisher noch Zweifel an Wüsts Ambitionen hatte, dürfte das spätestens verstanden haben, als der 49-Jährige zuletzt großmütig verkündete, den Weg für Merz als Kandidaten freizumachen – und das kurz bevor Söder selbiges für sich erklären wollte (was Wüst bekannt gewesen sein dürfte). In den Augen der CSU ein Foulspiel und obendrein eine Kompetenzüberschreitung. Immer wieder betont Söder seither, dass solch bedeutende Fragen allein unter den Parteichefs – also Merz und ihm – ausgemacht würden, nicht etwa von irgendwelchen Ministerpräsidenten.
Wie halten sie es mit den Grünen? – Strategischer Konflikt zwischen Merz, Söder und Wüst
Hinter dem persönlichen steht zudem ein schwerer strategischer Konflikt. Wüst steht in der Union exemplarisch für stabile schwarz-grüne Bündnisse auf Landesebene, wie er seit zweieinhalb Jahren eines in NRW anführt. Söder hingegen hat sich selbst zu einer Art Anti-Grünem entwickelt. Er sprach ihnen im Wahlkampf das „Bayern-Gen“ ab und lässt auch derzeit kaum eine Gelegenheit aus, klarzumachen, dass es eine schwarz-grüne Zukunft im Bund mit seiner Partei nicht geben wird.
„Die Grünen sind ideologisch, sehen sich eher als Aktivisten oder eine NGO und sind nicht regierungsfähig“, stellte er vor wenigen Tagen noch einmal in einem Interview mit der „FAZ“ klar, in dem er Wüst zudem „leidenschaftliche Hingabe an die Grünen“ attestierte, und nicht zu erwähnen vergaß, dass in Nordrhein-Westfalen „die Sicherheitslage deutlich schlechter als zum Beispiel in Bayern“ sei.
Aus dem hohen Norden meldete sich kurz darauf Daniel Günther, den manche in der CSU – eher etwas weniger liebevoll –auch „Genosse Günther“ nennen. Der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein riet Söder, doch nicht so „hasenfüßig“ auf die Grünen zu blicken, mit denen er selbst seit 2017 regiert. In München wusste man das sicher zu schätzen.