Koalition streitet um die Rente: Das falsche FDP-Thema fürs Ampel-Aus

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Stolpert die Berliner Regierungskoalition über ihr Rentenpaket? FDP-Chef Lindner muss hart kämpfen, um seine Partei auf Linie zu bringen. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Es gibt viele gute Gründe, der Ampel-Koalition den Stecker zu ziehen. Die Rente, an der sich Teile der FDP gerade so hingebungsvoll abarbeiten, gehört nicht dazu. Beim von der Regierung geschnürten Rentenpaket geht es im Kern darum, eine Haltelinie einzuziehen. Sie soll verhindern, dass das Standard-Rentenniveau unter 48 Prozent des Arbeitseinkommens eines durchschnittlichen Arbeitnehmers absinkt. Im Jahr 2000 lag dieser Prozentsatz noch bei 53 Prozent, 1977 sogar noch bei 60 Prozent.

Ein weiteres Abrutschen wäre nicht nur das nächste Konjunkturpaket für die AfD und Sahra Wagenknecht. Das ganze Prinzip der Rente geriete ins Rutschen, wenn immer mehr Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter kaum mehr bliebe als anderen, die von staatlicher Stütze leben, weil sie nicht in die Rentenkasse eingezahlt und vorgesorgt haben.

Lindner in der FDP nicht mehr unangefochtener Anführer

Auch wenn der Einwand berechtigt ist, dass die Regierung vor allem den Jungen durch die bis 2035 von 18,6 auf 22,3 Prozent steigenden Rentenbeiträge hohe Lasten aufbürdet: Bundesfinanzminister Christian Lindner kämpft zu Recht für den Regierungsentwurf, der trotz unübersehbarer Mängel, etwa den fortbestehenden Frühverrentungen, seine Unterschrift trägt. Die Frage ist nur: Was ist das Wort des FDP-Vorsitzenden angesichts der in seiner Partei um sich greifenden Panik noch wert?

FDP-Chef Christian Lindner muss hart kämpfen, um seine Partei auf Linie zu bringen, kommentiert Georg Anastasiadis. © IPON/Imago

In der Bundestagsfraktion opponieren selbst Parteigrößen wie Lindners Stellvertreter Johannes Vogel gegen seinen Rentenkurs. Lindner ist nicht mehr der unangefochtene Anführer, der er seit der Übernahme des Parteivorsitzes vor elf Jahren war. Viele nehmen ihm übel, dass er Gelegenheiten zum Ausstieg aus der Koalition nicht genutzt hat. Jetzt dümpelt die Partei bei vier Prozent und droht nach unten durchgereicht zu werden, wenn ihre Wähler fürchten, dass eine Stimme für die Liberalen am Ende eine verlorene Stimme sein könnte.

Ampel könnte am Streit ums Rentenpaket scheitern – für die FDP nicht zu gewinnen

Doch sind Angst, gar Panik keine guten Ratgeber: Ein Scheitern der Ampel ausgerechnet an dieser Frage und ein anschließender Rentenwahlkampf, in dem die SPD den Liberalen die Schuld an einer Verarmung breiter Rentnerschichten zuweist, wäre für die FDP nicht zu gewinnen. Erst recht nicht, wenn darüber Lindner zu Schaden käme, für den in der Partei kein wirklicher Ersatz vorhanden ist (anders als 2013, als Lindner den glücklosen Philipp Rösler ablöste). Dann könnten die Liberalen genauso gut in der Ampel auf das Ende warten.

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