Frohlocken nach TV-Duell: Putin spekuliert bei Trump-Sieg auf Chaos in den USA

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Der frühere US-Präsident Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Treffen in Japan im Jahr 2019 (Archivbild). © IMAGO / ZUMA Wire/ White House

Putins Invasion in die Ukraine markiert den Beginn einer Zeitenwende. Trump spielt auf dem Weg zu einer neuen Weltordnung aus Sicht des Kreml offenbar eine entscheidende Rolle.

Moskau – Der frühere US-Präsident Donald Trump dominierte das TV-Duell gegen US-Präsident Joe Biden. Schon zuvor war der Republikaner in den meisten Umfragen zur US-Wahl 2024 vorne gelegen, wenn auch nur knapp. Seinen Vorsprung könnte er nun ausbauen und womöglich erneut US-Präsident werden. Eine Idealvorstellung für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Denn eine Wiederwahl Trumps könnte das westliche Verteidigungsbündnis Nato schwächen und für Chaos in den USA sorgen.

US-Wahl 2024: Putin spekuliert auf Wiederwahl von Donald Trump – und Chaos in den USA

Dass Putin sich eine Präsidentschaft Trumps wünscht, ist ein offenes Geheimnis. „Russlands Präsident Putin hat 2016 eine Kampagne zur Einflussnahme auf die US-Wahlen befohlen“, teilten US-Geheimdienste unter Berufung auf eine „Vielzahl von Quellen“ im Jahr 2017 in einem Bericht mit. Damit habe der Kremlchef den demokratischen Prozess schwächen und eine Präsidentschaft Hillary Clintons vereiteln wollen. Putin habe Trump „klar bevorzugt“, so der Geheimdienst-Bericht weiter. Angesichts der desaströsen Leistung Bidens beim TV-Duell am Donnerstag dürfte sich der russische Präsident nun die Hände reiben.

Der 81-jährige Amtsinhaber könnte es wohl auch ohne Putins Zutun schaffen, gegen Trump zu verlieren. Der Kremlchef glaube, dass Trump ihm moralisch nahestehe und ihn verstehe, kommentiert der russische Journalist Michail Sygar in einem Gastbeitrag beim US-Medium Vanity Fair. Trump sei „ein Zyniker“, der denke, „dass Geld alles löst.“ Die Hoffnung Putins läge darin, dass alles anders werde, wenn Trump im November gewinne. Der Kreml sei überzeugt, „dass Trump - zumindest rhetorisch - bereit ist, die alte Weltordnung zu demontieren und sich die Erschaffung einer neuen zu eigen zu machen“, so Sygar weiter.

Sieger bei der US-Wahl 2024: Trump spielt Putin mit Nato-Aussagen in die Hände

Dass Trump rhetorisch rote Linien überschreitet, dafür gibt es viele Beispiele, die auch Putin in die Hände spielen, falls der Ex-Präsident die US-Wahl 2024 gewinnen sollte. Etwa die Aussage des Republikaners, künftig solle für das Verteidigungsbündnis Nato gelten: Wer nicht zahlt, der bekommt keinen Schutz.

Eine Anspielung auf die Vorgabe für die Mitglieder, jährlich mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung auszugeben, was abgesehen von den USA in der Vergangenheit aber kaum ein Staat erreichte. Aus Sicht von Militärexperten führte allein diese Äußerung bereits zu einer Schwächung der Allianz, deren Stärke die Einigkeit ihrer Mitglieder ist.

Trump und Putin: Erschaffung einer neuen Weltordnung?

Schon seit Jahren erklärte Putin immer wieder, die Welt brauche ein „neues Jalta“, also eine neue Weltordnung. Auf der Konferenz von Jalta hatten die USA, Großbritannien und die Sowjetunion im Jahr 1945 in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs auch über die Machtverteilung in Europa beraten. Schon in seiner Brandrede auf der Sicherheitskonferenz in München im Jahr 2007 sprach sich der russische Präsident gegen die Weltmacht der USA aus und für eine neue Weltordnung aus. „Ich denke, dass für die heutige Welt das monopolare Modell nicht nur ungeeignet, sondern überhaupt unmöglich ist“, so der Kremlchef damals.

Den Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Putin einst als „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Laut dem Russland-Experten Sygar, der sich auf nicht namentlich genannte Quellen in Moskau bezog, werde im Kreml bereits eine neue Jalta-Konferenz diskutiert. Die könne statt in Jalta, das auf der umkämpften Krim-Halbinsel liegt, auch in Fidschi stattfinden, hieß es. Das Archipel liege symbolisch günstig und gleich weit von Russland und den USA entfernt. Demnach wolle Putin erreichen, seinen Einflussbereich über die ehemaligen Länder der Sowjetunion wieder zurückzuerhalten.

Putin braucht Trump für die neue Weltordnung: Achse aus China, Russland, Iran, Nordkorea

Trump selbst scheint große Stücke auf den Kremlchef zu halten. In der Vergangenheit teilte der Republikaner auf Truth Social mit, Putin mehr zu vertrauen als den US-Geheimdiensten. Das Vorgehen des Kremlchefs im Ukraine-Krieg hatte der Republikaner in einer Radio-Sendung als „genial“ und „schlau“ bezeichnet und den russischen Präsidenten als „Mann, der sehr klug“ sei. In Moskau hat man offenbar einen anderen Blick auf Trump. Dort habe man dem Ex-US-Präsidenten den Spitznamen „amerikanischer Gorbatschow“ verpasst, also „ein Präsident, dessen Politik so chaotisch war, dass das Imperium auseinanderzufallen begann und verschiedene Teile ihre Unabhängigkeit erklärten“, so Sygar in Vanity Fair weiter. Putins aktuelle Berater seien der Meinung, „dass die USA letztendlich [...] in mehrere Teile zerfallen werden, wie es die Sowjetunion tat.“

Dazu wäre ein Präsident erforderlich, „der das Land in Chaos stürzen könnte“. Aus Putins Sicht sei Trump dafür der richtige Mann, meint Sygar. Wie die neue Weltordnung aussehen könnte, skizzieren indes die Sicherheitsexperten Andrea Kendall-Taylor und Richard Fontaine im Magazin Foreign Affairs: Es drohe die Gefahr einer „Achse des Umbruchs“ bestehend aus Russland, China, Nordkorea und dem Iran. „Die neue Achse hat das Bild der Geopolitik bereits verändert, aber Washington und seine Partner können die Welt des Umbruchs [...] noch verhindern“, so die Experten. Der Ukraine-Krieg könnte also erst der Anfang von Putins Versuch sein, die Welt neu aufzuteilen. Ausgerechnet der Kremlchef selbst sprach 2007 in seiner Rede in München die mahnenden Worte: „Wo auch immer der Frieden gebrochen wird, ist er gleichzeitig überall bedroht und in Gefahr.“

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