Gescheiterte Koalitionsverhandlungen in Österreich – ÖVP bereit für Gespräche mit FPÖ
Nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen in Österreich könnte es zu einer Regierung unter der rechten FPÖ kommen. Wird Kickl der erste FPÖ-Kanzler?
Das Wichtigste in
diesem News-Ticker
- Regierungskrise in Österreich: Kommt jetzt der FPÖ-Kanzler? – Treffen zwischen Van der Bellen und Kickl
- Nach geplatzten Koalitionsverhandlungen in Österreich – Habeck warnt vor Nachahmung in Deutschland
Wien – Eigentlich hatten sich die Parteien in Österreich kollektiv gegen eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ gestellt. Nachdem die Koalitionsverhandlungen zwischen der Kanzlerpartei ÖVP, den liberalen NEOS und den Sozialdemokraten der SPÖ gescheitert sind, ist eine Regierungsbeteiligung der FPÖ aber wohl unausweichlich – wenn die Parteien keine Neuwahlen lostreten wollen. Dazu wird am Montag (6. Januar) ein Treffen zwischen dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und dem FPÖ-Chef Herbert Kickl erwartet.
Regierungskrise in Österreich: Kommt jetzt der FPÖ-Kanzler?
Österreich steckt in einer schweren Krise, dabei schien es zunächst sehr eindeutig: Die Nationalratswahlen Ende September hatte die FPÖ klar für sich entscheiden können. 28,58 Prozent fuhren die Rechtspopulisten ein – ein Plus um 12,68 Prozent im Vergleich zu 2019. Die ÖVP liegt mit rund zwei Prozentpunkten (26,7 Prozent) auf Platz zwei. Die SPÖ erreichte 21,14 Prozent, die NEOS kommen mit 9,14 Prozent auf Platz 4. Das Schlusslicht im Parlament bildet die Grüne mit 8,24 Prozent.
Nach dem Sieg beanspruchte die FPÖ sogleich eine neue Regierung in Österreich anzuführen. FPÖ-Chef Kickl habe dazu Van der Bellen mitgeteilt, „dass wir die kommende Regierung anführen wollen, mit mir als Bundeskanzler“, wie er Anfang Oktober in Wien mitteilte. Nachdem sich die übrigen Parteien jedoch gegen Gespräche mit der Rechtsaußen-Partei entschieden hatten, sprach Kickl von Machtgehabe. Eine Koalition ohne die FPÖ wäre laut der Partei eine „Koalition der Verlierer“.
Partei | Ergebnis Nationalratswahl in Prozent |
---|---|
FPÖ | 28,58 |
ÖVP | 26,27 |
SPÖ | 21,14 |
NEOS | 9,14 |
Grüne | 8,24 |
Verhandlungen über Koalition in Österreich scheitern: ÖVP bereit für Gespräche mit FPÖ
Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS in Österreich könnte der Plan nun tatsächlich aufgehen. Gemeinhin wird damit gerechnet, dass Van der Bellen die FPÖ mit der Regierungsbildung beauftragt. Kickl gab sich im Vorfeld des Treffens bedeckt: „Manches scheint heute um einiges klarer zu sein als in den letzten Tagen, manches liegt noch im Ungewissen“, schrieb er auf Facebook. Sollte Kickl tatsächlich das Amt des Bundeskanzlers übernehmen, wäre er als erster FPÖ-Kanzler ein Novum in der politischen Landesgeschichte.
Die ÖVP kündigte indes die Bereitschaft für Gespräche mit den Rechtspopulisten an. „Wenn wir zu diesen Gesprächen eingeladen werden, dann werden wir diese Einladung auch annehmen“, sagte der geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker im Zusammenhang mit der Regierungskrise in Österreich. „Dazu wurde ich heute auch vom Bundesparteivorstand ausdrücklich ermächtigt.“

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Nach geplatzten Koalitionsverhandlungen in Österreich
Die Möglichkeit einer rechten Regierung in Österreich sorgt auch in Deutschland für Bedenken. „Österreich ist ein Beispiel, wie es nicht laufen darf! Wenn die Parteien der Mitte nicht bündnisfähig sind und Kompromisse als Teufelszeug abtun, hilft das den Radikalen“, sagte der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Mit Blick auf die in Deutschland anstehende Bundestagswahl mahnte er die Parteien der Mitte zur Offenheit zur Zusammenarbeit an. „Da werden auch mal ein paar Fetzen fliegen. Aber ich warne davor, in ein Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen.“
Auch in Österreich regt sich gesellschaftlicher Widerstand gegen einen FPÖ-Kanzler. Wie der Standard berichtete, rufen mehrere NGOs zu einer Kundgebung „gegen rechtsextremen Bundeskanzler“ am Donnerstag (9. Januar) auf. Der Protest werde von der Volkshilfe, Greenpeace und SOS Mitmensch organisiert. In einer Mitteilung heißt es: „Unsere Republik steht am Scheideweg. Es droht ein rechtsextremer Bundeskanzler und mit ihm ein Angriff auf Demokratie, Menschenrechte, Justiz, unabhängige Medien und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land.“(nhi mit Agenturen)