Bürgergeld-Empfänger lebten jahrelang unerlaubt im Ausland – Gericht fällt eindeutiges Urteil
Ein Bremer Ehepaar bezog jahrelang Bürgergeld im Ausland. Eine Passkontrolle brachte den Betrug ans Licht – nun erwartet sie eine hohe Rückzahlung.
Bremen – Über Jahre hinweg hat ein Ehepaar Bürgergeld im Ausland bezogen. Durch eine Passkontrolle beim Bremer Flughafen im Jahr 2018 flogen sie schließlich auf. Einreisesiegel dokumentierten mehrjährige Aufenthalte in Nigeria – was den beiden nun teuer zu stehen kommt. Das Jobcenter in Bremen stellte ihnen eine Rechnung von über 33.000 Euro. Den Bürgergeld-Empfängern wurde vorgeworfen, falsche Angaben gemacht und ihre Aufenthalte nicht gemeldet zu haben.
Manipulierte Reisepässe und widersprüchliche Aussagen: Bürgergeld-Empfänger müssen 33.000 Euro blechen
Seit 2014 bezog das Ehepaar aus Bremen staatliche Leistungen – erst Hartz IV, später Bürgergeld. Erst die Passkontrolle brachte Unstimmigkeiten ans Licht: Einreisesiegel dokumentierten mehrjährige Aufenthalte im Ausland. Das Jobcenter hob daraufhin sämtliche Bewilligungsbescheide auf und verlangte das ausgezahlte Geld zurück. Das Paar argumentierte, es sei immer nur kurz verreist und habe weiter in Bremen gelebt. Nach einem Widerspruch zogen sie vor das Sozialgericht Bremen (Az. S 36 AS 1607/19) und dann in die Berufung zum Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen (Az. L 13 AS 395/21) – ohne Erfolg.
Nach Ansicht der Richter konnten die beiden nicht glaubhaft belegen, dass sie für das Jobcenter erreichbar gewesen waren. Demnach war das Paar zumindest zwischen 2016 und 2018 nicht im sogenannten orts- und zeitnahen Bereich – also nicht für Termine erreichbar. Somit bestand kein Anspruch auf Bürgergeld. Auch Hinweise auf manipulierte Reisepässe und widersprüchliche Aussagen führten dazu, dass das Gericht kein Vertrauen in die Angaben der Bürgergeld-Empfänger hatte. Ein Teil der Rückforderungen wurde aber aufgehoben, weil sich der Aufenthalt für einige frühere Monate nicht eindeutig klären ließ.

Ungenehmigter Aufenthalt im Ausland: Bürgergeld-Empfänger waren nicht erreichbar
„Kern des Streits ist die sogenannte Erreichbarkeits‑Anordnung“, erklärt Sozialrechtsexpertin Carolin-Jana Klose auf dem Portal gegen-hartz.de. „Anspruch auf Bürgergeld besteht nur, wenn Leistungsberechtigte dem Arbeitsmarkt kurzfristig zur Verfügung stehen.“ Laut Klose seien genehmigte Ortsabwesenheiten wie Urlaube möglich, aber grundsätzlich auf drei Wochen pro Jahr begrenzt. Wer länger wegbleibt oder ohne Genehmigung reist, verliert seinen Leistungsanspruch.
Diese Grenze wurde von den Bürgergeld-Empfängern aus Bremen nicht nur überschritten, sondern über Jahre hinweg ignoriert. Später gestand ein Zeuge den Versuch des Ehepaars, ihn zu einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu bewegen. Weitere Indizien waren eine unbewohnte Wohnung, Meldeversäumnisse, ein Mitarbeiterausweis des Mannes bei einer nigerianischen Firma, die Zulassung der Frau als Rechtsanwältin in Nigeria sowie der Schulbesuch der Kinder in Lagos.
Normalerweise müsste das zuständige Jobcenter belegen, dass die Leistungsbezieher länger als zulässig abwesend waren. Im vorliegenden Fall griff jedoch die Beweislastumkehr. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Bürgergeld-Empfänger „beharrlich“ täuschten und somit Geld einsackten.
Nicht immer entscheiden die Gerichte jedoch zugunsten des Jobcenters: Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in einem Urteil entschieden, dass Jobcenter die Kosten für berufsbegleitende Weiterbildungen als notwendige Ausgaben vom Einkommen abziehen müssen. So muss die zuständige Behörde in einem solchen Fall Nachzahlungen leisten.
Bürgergeld im Ausland beziehen: Das müssen Betroffene wissen
Doch was müssen Bürgergeld-Empfänger tun, um ihren Leistungsanspruch durch einen Auslandsaufenthalt nicht zu verlieren? Nach Informationen der Bundesagentur für Arbeit müssen das Betroffene in jedem Fall vorher abklären. Das zuständige Jobcenter prüft dann, ob in dem geplanten Zeitraum etwa Vorstellungsgespräche oder Weiterbildungen anstehen. Ist das nicht der Fall, stimmt es in der Regel zu. Wichtig: Das gilt nicht nur für Auslandsaufenthalte, sondern auch, wenn Bürgergeld-Empfänger sich nicht an ihrem gemeldeten Wohnort aufhalten oder sich vorübergehend nicht in der Nähe ihres Jobcenters befinden.
Wenn Leistungsbezieher ohne Zustimmung des Jobcenters nicht erreichbar sind, haben sie in der Regel keinen Anspruch auf Bürgergeld. Das bedeutet: Sie erhalten keine Zahlung mehr und müssen gegebenenfalls Geld zurückzahlen. Auch die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung endet, wenn Betroffene keinen Anspruch mehr haben. Grundsätzlich dürfen Bürgergeld-Empfängerinnen und Empfänger insgesamt höchstens drei Wochen pro Kalenderjahr nicht erreichbar sein. In diesem Zeitraum erhalten sie weiterhin Bürgergeld und das Jobcenter zahlt die Beiträge an ihre Krankenkasse.
Andere Regeln gelten wiederum beim Thema Rente: Hierbei spielt es keine Rolle, ob Ruheständler sich vorübergehend oder dauerhaft im Ausland aufhalten. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) überweist das monatliche Geld auch dann, wenn der Wohnsitz außerhalb Deutschlands liegt. Gute Nachrichten also für die Rentner, die es im Alter ins Ausland zieht. Allerdings gibt es hierbei ein paar Herausforderungen zu beachten, wie etwa die oft vergessene Steuerpflicht. (cln)