„Das bin nicht ich“: Betroffene berichten von frühen Hirntumor-Warnzeichen

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Kleine Veränderungen im Alltag können auf Krebs hinweisen. Londoner Forscher enthüllen, welche Warnsignale niemand ignorieren sollte.

London – Im Vergleich zu anderen Krebsarten zählen Hirntumore zwar zu den selteneren Diagnosen, die Aussichten nach einer Erkrankung sind allerdings ernüchternd: Nur 40 Prozent der Erkrankten überleben das erste Jahr nach der Diagnose, wie das Robert Koch-Institut (RKI) informiert. Nach fünf Jahren leben demnach weniger als 20 Prozent der Betroffenen noch. Umso wichtiger erscheinen die Ergebnisse einer neuen Studie des King‘s College in London, die erstmals systematisch frühe Warnsignale der Erkrankung erfasst.

„Das bin nicht ich“: Wie Veränderungen auf einen Hirntumor hinweisen können

„Die Hirntumorforschung wurde bisher vernachlässigt und erhält im Vergleich zu anderen Krebsarten nur geringe Forschungsmittel“, betonen die Forscher. Für ihre aktuelle Untersuchung befragte das Team um die Wissenschaftlerin Suzanne Scott 39 Erkrankte sowie deren Angehörige nach den ersten Anzeichen der Krankheit.

Als typische erste Symptome nannten die Befragten häufig subtile Veränderungen. „Das bin nicht ich“ oder „du warst nicht du selbst“ beschrieben die Patienten oder ihr Umfeld die ersten Anzeichen. Es sei, als würde das „Gehirn nicht richtig funktionieren“, sagten viele. Sie berichteten von Problemen in der Kommunikation, Schwierigkeiten im Finden von Wörtern oder beim Multitasking.

Über die Studie

Die Studie „‘It was nothing that you would think was anything’: Qualitative analysis of appraisal and help seeking preceding brain cancer diagnosis“ der Autoren Suzanne E. Scott, ClarissaPenfold et al. erschien 2019 in der Fachzeitschrift Plos One.

Das sind die deutlichsten Warnzeichen für einen Hirntumor: Ungeschicklichkeit als Symptom

Ein weiteres Warnsignal ist laut vielen Betroffenen auch eine Veränderung im Schlafmuster. Die Bandbreite reichte von extremer Müdigkeit über vermehrtes oder vermindertes Schlafbedürfnis bis hin zu Schlafstörungen. Auch Kopfschmerzen zeigten sich demnach anders als gewohnt – sie seien entweder stechender oder länger anhaltend als sonst. Manche Patienten berichteten hingegen, dass sie keine direkten Kopfschmerzen gehabt hätten, sondern eher ein Schwindelgefühl. Sie beschrieben ihr Befinden als „neblig“ oder „verschwommen“.

Besonders auffällig waren auch Koordinierungsschwierigkeiten. „Die Bürste ist mir immer wieder aus der Hand gefallen und jedes Mal, wenn ich versucht habe, sie irgendwo hinzulegen, ist sie heruntergefallen, und das ging bestimmt ein paar Mal so“, erzählte ein Patient. Solche motorischen Störungen traten laut den Forschern bei vielen Betroffenen auf. Dazu kamen bei einigen Veränderungen der Sinne, Empfindungen und des Gleichgewichtssinns.

Eine neue Studie gibt wichtige Hinweise auf Symptome, die an Hirntumoren Erkrankte bei sich bemerkten (Symbolbild).
Eine neue Studie gibt wichtige Hinweise auf Symptome, die an Hirntumoren Erkrankte bei sich bemerkten (Symbolbild). © Shotshop/Imago

Wenn die Persönlichkeit sich ändert: Frühe Warnzeichen auf einen Hirntumor

Als besonders wertvoll erwies sich die Beobachtungsgabe von Freunden, Kollegen oder der Familie. Sie bemerkten oft als erste Veränderungen der Persönlichkeit oder des Charakters: Die Erkrankten seien beispielsweise leichter reizbar, wütender oder aber lethargischer, schlecht gelaunt oder sensibler gewesen.

Die Forschenden identifizierten aufgrund dieser Berichte vier Hauptmerkmale verdächtiger Symptome: Sie hielten entweder länger an, waren schwerer, neuartig oder veränderten sich schnell. Ein Beispiel dafür lieferte eine Tochter, deren Vater sich während eines einwöchigen Urlaubs drastisch verändert habe. Die Verschlechterung sei bei ihm „einfach riesig“ gewesen, sagte die Frau über ihren Vater.

Problematisch ist laut den Wissenschaftlern, dass die Erkrankten Veränderungen zwar bemerkten, aber zunächst versuchten, sie mit Stress, Arbeitsüberlastung oder dem Alter zu erklären. Die meisten seien der Meinung, die Symptome würden keinen Arztbesuch rechtfertigen. Hier habe sich das soziale Umfeld als entscheidend erwiesen. Denn Freunde, Familie und Arbeitskollegen hatten laut der Studie wesentlich „zur Beurteilung und zur Entscheidung, Hilfe in Anspruch zu nehmen“ beigetragen.
Das Forschungsteam mahnte aufgrund dessen zu mehr Aufmerksamkeit: „So sollte beispielsweise sichergestellt werden, dass die Hausärzte wissen, dass es neben Kopfschmerzen, Krampfanfällen und einseitiger Schwäche noch andere Veränderungen gibt.“ Doc

Doch es gibt auch immer wieder Wunder: So besiegte ein 13-Jähriger als erster Mensch der Welt einen tödlichen Hirntumor. (bme/asc)

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