Dermatologin Miriam Rehbein: Warum Ihr Hautmikrobiom wichtiger ist als jede Creme – und wie Sie es stärken
Hautprobleme gehören für viele Menschen zum Alltag – sei es in Form von Rötungen, Unreinheiten oder trockenen Stellen. Doch nicht jede Hautirritation ist gleich. Rosazea, Akne und periorale Dermatitis sehen sich auf den ersten Blick oft ähnlich, haben aber ganz unterschiedliche Ursachen und benötigen daher auch eine gezielte Behandlung.
Dazu kommt, dass unser Hautmikrobiom – also die Welt der Bakterien auf unserer Haut – eine entscheidende Rolle für die Hautgesundheit spielt. Und bei Ekzemen und Neurodermitis gibt es spannende neue Erkenntnisse, die die Behandlungsmöglichkeiten verbessern könnten. In dieser Kolumne erkläre ich, wie Sie die verschiedenen Hautprobleme erkennen und was wirklich hilft, um Ihre Haut wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Über Miriam Rehbein
Dr. Miriam Rehbein ist eine der führenden Dermatologinnen und Unternehmerinnen Deutschlands. Ohne Fremdkapital baute sie eine erfolgreiche Praxis, ein Kosmetikinstitut und die Skincare-Marke DOCTOR MI! medical skincare auf. Sie entwickelte innovative Behandlungen und setzt mit ihrer TECMi!®-Technologie neue Maßstäbe. Als dreifache Mutter vereint sie Karriere und Familie und steht für Unabhängigkeit, Innovation und Hautgesundheit.
Rosazea, Akne oder periorale Dermatitis – woran erkennen Sie den Unterschied?
Rötungen, Pickel und empfindliche Haut – das klingt erst einmal nach klassischen Aknesymptomen, doch dahinter kann auch eine ganz andere Hauterkrankung stecken. Die richtige Diagnose ist entscheidend, denn eine falsche Behandlung kann die Symptome oft noch verschlimmern.
Rosazea
Rosazea äußert sich durch Rötungen im Gesicht, die zunächst nur vorübergehend auftreten, später aber dauerhaft bleiben können. Typisch sind erweiterte Äderchen (Couperose), Hitzegefühl und manchmal auch entzündliche Knötchen. Auslöser sind oft äußere Reize wie UV-Strahlung, Alkohol, heiße Getränke oder scharfes Essen.
Behandlung
Milde, beruhigende Pflege ohne Duftstoffe und Alkohol. Medizinische Cremes mit Wirkstoffen wie Metronidazol oder Azelainsäure. In schweren Fällen können Laserbehandlungen helfen, die erweiterten Äderchen zu reduzieren.
Akne
Akne entsteht durch eine übermäßige Talgproduktion, verstopfte Poren und eine Besiedlung mit Cutibacterium acnes (früher Propionibacterium acnes). Es entstehen Mitesser, Pusteln und manchmal auch schmerzhafte Knoten – vor allem in der T-Zone.
Behandlung
- Wirkstoffe wie Retinol, Benzoylperoxid und Salicylsäure helfen, die Talgproduktion zu regulieren und die Haut zu klären.
- Antibiotika (topisch oder oral) können bei entzündlicher Akne kurzfristig eingesetzt werden.
- Retinol ist besonders effektiv, um die Zellregeneration zu fördern – verkapselt angewendet ist es zudem hautfreundlicher und auch tagsüber mit Sonnenschutz nutzbar.
Periorale Dermatitis
Diese Hauterkrankung äußert sich durch feine rote Knötchen und Pusteln, vor allem rund um den Mund und die Nase. Die Haut fühlt sich oft trocken und gespannt an. Häufig wird periorale Dermatitis durch eine Überpflegung der Haut ausgelöst – zu viele reichhaltige Cremes und Pflegeprodukte bringen die Hautbarriere aus dem Gleichgewicht.
Behandlung
- „Nulltherapie“ – also das Weglassen sämtlicher Pflegeprodukte außer einer milden Reinigung und einem leichten Feuchtigkeitsserum – kann die Haut wieder ins Gleichgewicht bringen.
- In hartnäckigen Fällen helfen Cremes mit Metronidazol oder niedrig dosiertem Antibiotikum.
- Weniger ist hier oft mehr – die Haut sollte langsam wieder an eine minimale Pflege gewöhnt werden.
Mikrobiom der Haut: Warum Bakterien Ihre Haut schützen
Unsere Haut ist von Milliarden von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen besiedelt – das sogenannte Hautmikrobiom. Ein gesundes Mikrobiom schützt die Haut vor äußeren Einflüssen, reguliert die Talgproduktion und stärkt die Hautbarriere. Gerät dieses Gleichgewicht jedoch ins Wanken, kann die Haut anfälliger für Irritationen, Entzündungen und Unreinheiten werden.
Wie unterstützen Sie Ihr Hautmikrobiom?
Verwenden Sie milde Reinigungsprodukte mit einem hautneutralen pH-Wert (ca. 5,5), um die natürliche Schutzbarriere der Haut nicht zu stören.
Probiotische Pflegeprodukte mit lebenden Bakterienkulturen können helfen, das Mikrobiom zu stärken.
Zu aggressive Peelings und Reinigungsschäume können die guten Bakterien auf der Haut schädigen – hier gilt: weniger ist mehr!
Ekzeme und Neurodermitis – Die neuesten Erkenntnisse zur Behandlung
Ekzeme und Neurodermitis äußern sich durch trockene, schuppige Haut und starken Juckreiz. Bei Neurodermitis handelt es sich um eine chronische, entzündliche Hauterkrankung, die oft mit einer gestörten Hautbarriere und einer Überreaktion des Immunsystems einhergeht.
Die Rolle von Ceramiden und Lipiden
Neue Studien zeigen, dass eine gestörte Hautbarriere bei Neurodermitis mit einem Mangel an Ceramiden und anderen hauteigenen Fetten (Lipiden) zusammenhängt. Pflegeprodukte, die diese Lipide gezielt zuführen, können die Hautbarriere stärken und die Symptome lindern.
Was hilft bei Ekzemen und Neurodermitis?
- Cremes mit Ceramiden, Urea und Fettsäuren helfen, die Hautbarriere zu stärken.
- Kortisonhaltige Cremes sind bei akuten Schüben oft unverzichtbar – sollten aber nur kurzfristig angewendet werden.
- Neuere Wirkstoffe wie Pimecrolimus und Tacrolimus wirken gezielt auf das Immunsystem und helfen, die Entzündung zu kontrollieren.
- Auch eine gezielte Lichttherapie (zum Beispiel UVB) kann bei chronischen Beschwerden die Hautgesundheit verbessern.
Mein Fazit: Die Haut braucht Balance
Ob Rosazea, Akne oder Neurodermitis – die Haut spiegelt oft wider, was in unserem Körper vor sich geht. Eine gestärkte Hautbarriere und ein ausgeglichenes Mikrobiom sind die Grundlage für eine gesunde Haut. Wichtig ist es, die Haut nicht zu überpflegen und auf die richtigen Wirkstoffe zu setzen. Retinol, Ceramide und probiotische Pflegeprodukte sind dabei echte Gamechanger. Gleichzeitig ist weniger oft mehr – eine minimalistische, aber gezielte Pflegeroutine hilft, die Haut ins Gleichgewicht zu bringen.
Wenn Sie sich unsicher sind, welche Hauterkrankung bei Ihnen vorliegt, lassen Sie sich unbedingt von einer Dermatologin oder einem Dermatologen beraten. Mit der richtigen Diagnose und einer gezielten Behandlung lässt sich die Hautgesundheit oft schon nach kurzer Zeit deutlich verbessern.
Ihre Haut verdient die beste Pflege – und die beginnt mit einem Verständnis für ihre Bedürfnisse.
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