Würmer im EU-Essen wegen „wirtschaftlichem Zusammenbruch“? Irre Sätze aus Putins Parlament
Ist die Zulassung von Mehlwurmpulver in der EU eine Folge der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs? Warum die Behauptung Russlands falsch ist.
Moskau/Brüssel – Es sind zwei Ereignisse, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, zwischen denen Russland aber einen Zusammenhang sehen will: Kurz vor dem dritten Jahrestag des Ukraine-Kriegs plant die EU ein weiteres Sanktionspaket gegen Moskau. Außerdem ist in der EU seit dem 10. Februar die Verwendung von Mehlwurmpulver für zahlreiche Lebensmittel erlaubt. Der Sprecher des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, behauptet, die Entscheidung sei eine direkte Folge der Sanktionen gegen Russland.
„Eine neue EU-Verordnung, die die Verwendung von Mehlwurmpulver in der Lebensmittelindustrie erlaubt, ist in Kraft getreten. Dies ist im Wesentlichen die Folge der westlichen Sanktionspolitik gegen unser Land, die zu wirtschaftlichen Störungen, Stillständen in der Industrie und erheblichen Problemen in der Agrarindustrie geführt hat“, schrieb der Sprecher der Staatsduma auf Telegram. Die EU habe sich entschieden, Produkte lokaler Landwirte durch Mehlwürmer zu ersetzen, fügte Wolodin hinzu.

Zulassung keine Folge der EU-Sanktionen gegen Russland infolge des Ukraine-Kriegs
Wolodin zufolge macht sich niemand in Europa Gedanken darüber, „ob der Verzehr von Insekten schwere Krankheiten verursachen kann“. In Russland hingegen würden lediglich Nutztiere mit Larven, Insekten oder Würmern gefüttert. Seine Follower auf Telegram forderte Wolodin dazu auf, daraus ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Belege für seine Behauptungen führte Wolodin nicht an. Das ist nicht überraschend, da sie schlicht und ergreifend haltlos sind.
Wichtig ist zunächst einmal: Die EU hat bereits 2021, und damit weit vor Beginn des Ukraine-Kriegs, Mehlwürmer als „neuartiges Lebensmittel“ zugelassen. Seitdem dürfen Mehlwürmer getrocknet als Snack oder als Zutat verwendet werden, beispielsweise in Protein- und Nudelprodukten oder Keksen. Seit dem 10. Februar 2025 ist eine weitere EU-Verordnung in Kraft, die die Verwendung von Mehlwurmpulver, welches mit UV-Strahlung behandelt wurde, erlaubt – etwa in Backwaren oder Käseprodukten.
Entgegen Behauptung Russlands: EU prüfte Mehlwurmpulver vor Zulassung
Auch die Behauptung des Vertrauten von Staatspräsident Wladimir Putin, Wolodin, dass sich niemand in der EU mit möglichen Folgen durch den Verzehr von Mehlwürmern auseinandergesetzt hätte, entspricht nicht der Wahrheit. Vor der Zulassung erstellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein Gutachten über das Mehlwurmpulver. Das Ergebnis: Die Verwendung ist unbedenklich.
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Lebensmittel, die das Pulver enthalten, müssen jedoch entsprechend gekennzeichnet sein. Zudem soll es, wie üblich, einen Hinweis für Allergiker geben. Bei Menschen, die gegen Krebstiere und Hausstaubmilben allergisch sind, kann das Pulver nämlich Reaktionen hervorrufen.
Die wirtschaftliche Lage in vielen EU-Staaten mag zwar seit Beginn des Ukraine-Kriegs angespannt sein, sie stabilisiert sich jedoch seit geraumer Zeit wieder. Ein Zusammenhang zwischen der Mehlwurm-Entscheidung und der wirtschaftlichen Lage ist jedoch ohnehin nicht schlüssig. Die Zulassung lässt sich vielmehr darauf zurückführen, dass die Produktion von Mehlwurm-Produkten nachhaltiger und klimafreundlicher ist als herkömmliche Fleischprodukte. Mehlwürmer sind zudem ebenfalls reich an Proteinen und werden in anderen Teilen der Welt schon länger als Lebensmittel verwendet. (grmo)