Als „ambitionierter Hobbyläufer“ auf dem WM-Podest: Oberbayer holt Team-Medaille im Berglauf

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Silber mit dem Team: Josef Streicher (links) holte an der Seite von Ulrich Richard Morgen (Mi.) und Harald Stecker den Vize-Titel in der M55-Klasse. © Christine Dörscher

In den spanischen Pyrenäen fand die WM im Berglauf für die Altersklassen statt. Josef Streicher aus Peißenberg zeigt dabei gleich zwei starke Rennen.

Canfranc – Das, was Josef Streicher auszeichnet, ist – neben einer starken körperlichen Verfassung – eine absolut ehrliche Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit. „Als ambitionierter Hobbyläufer ohne strukturiertes Training“, so der Peißenberger, habe er bei Weltmeisterschaften in seiner Spezialdisziplin Berglauf „wenig Chancen auf einen Podestplatz in der Einzelwertung“.

Josef Streicher überzeugt bei Berglauf-WM

Der Abstand zu den internationalen Spitzenläufern in der M55-Klasse beträgt ihm zufolge „mehrere Minuten“. Allein schon eine Top-Ten-Platzierung „ist für mich eine unglaubliche Leistung“. So gesehen dürfte Streicher von der jüngsten Berglauf-WM der Senioren (ab 35 Jahren) aus dem spanischen Canfranc absolut zufrieden heimgereist sein.

Denn der Peißenberger schaffte im Uphill-Race (6,5 Kilometer/985 Höhenmeter) als Siebter nicht nur eine herausragende Einzel-Platzierung, sondern er holte darüber hinaus noch Silber in der Teamwertung. Mit Ulrich Morgen (4.) und Harald Stecker (16.) belegte das deutsche M55-Trio mit 27 Punkten hinter den siegreichen Franzosen (16) den zweiten Rang. Spannend war vor allem der Kampf um Silber – auf die drittplatzierten Briten hatten Streicher und seine Kollegen einen Punkt Vorsprung.

Bei der WM in den spanischen Pyrenäen war an drei darauffolgenden Tagen je ein Rennen angeboten. Streicher, als amtierender deutscher M55-Vizemeister im Berglauf am Start, hatte für den Uphill sowie das zwei Tage später angesetzte Classic-Race (17 Kilometer/1060 Höhenmeter auf und ab) gemeldet. In beiden Rennen waren schon mehrere deutsche M55-Starter dabei, es bestand also die Chance auf Resultate in der Teamwertung. Zwischendrin gab es noch die „Long Distance“ (34 Kilometer/1970 Höhenmeter), darauf verzichtete Streicher aber, „auch wenn mir diese Distanz durchaus liegt“.

Im Uphill, ein klassischer Berglauf mit Start im Tal und Ziel am Berg – in diesem Fall auf 2300 Metern Höhe –, mussten die Teilnehmer mit niedrigen Temperaturen zurechtkommen. An der Finishlinie herrschten, gemäß dem Wetterbericht, aufgrund starken Windes „gefühlt minus acht Grad“. Am Start machte Streicher ordentlich Tempo, „weil die Strecke nach circa 500 Metern in einen schmalen Pfad mit einer Treppe einbog, wo es sich erfahrungsgemäß staut“. Bis etwa der Hälfte der Strecke lag der Peißenberger in der M55-Klasse an der fünften Stelle, ehe der Brite Andrew Peace aufschloss.

Gegner kürzt einfach ab

„Ich musste gar nicht überlegen, wo ich ihn passieren lassen sollte, weil er jede der zahlreichen Kehren verbotenerweise abkürzte, mich dann auf einer Abkürzung überholt hat und sich bei jeder Kehre einen Vorteil von etwa fünf bis zehn Metern verschaffte“, berichtete Streicher. Im Schlepptau des Briten kam der Allgäuer Morgen, dem Josef Streicher sofort Platz machen konnte. Von der Streckenbesichtigung am Vortag wusste der Peißenberger, dass die letzten 500 Meter auf einer Skiabfahrt, im Sommer eine löchrige Wiese, hinaufführten. Um dort noch Reserven zu haben, vermied es Streicher, das Tempo zu forcieren. Nur drei Sekunden hinter dem sechstplatzierten Slowenen Simon Strnad passierte Streicher nach 57:05 Minuten die Ziellinie.

Das Classic-Race, ein Auf-und-Ab-Traillauf, fand zwei Tage später ebenfalls bei Sonnenschein, aber doch deutlich angenehmeren Temperaturen statt. Das Starterfeld umfasste 450 Starter; fast 100 Teilnehmer mehr als beim Uphill. Beim Start ging es ruppig zu, Streicher wurde geschubst und abgedrängt. Er selbst formulierte es recht diplomatisch: „Bei einer WM ist jeder hochmotiviert.“ Am langen Anstieg spielte der Peißenberger seine Stärken aus: „Ich konnte diesen Teil komplett durchlaufen und habe eine Reihe von Läufern überholt.“ Am höchsten Punkt lag er in der M55-Klasse auf dem zehnten Platz.

Josef Streicher (links) aus Peißenberg gewinnt Silber mit der M55-Mannschaft bei der Berglauf-WM im spanischen Canfranc im Uphill-Rennen. Zum Team gehörten Ulrich Richard Morgen und Harald Stecker.
Josef Streicher (links) aus Peißenberg gewinnt Silber mit der M55-Mannschaft bei der Berglauf-WM im spanischen Canfranc im Uphill-Rennen. Zum Team gehörten Ulrich Richard Morgen und Harald Stecker. © Christine Dörscher

Auf dem technisch schwierigen, rund neun Kilometer langen Downhill verlor Streicher einige Ränge. Im Steilhang waren zahlreiche Mauern unmittelbar neben dem Weg errichtet worden – wohl als Schutz gegen Erosion, wie Streicher vermutete. „Es bot sich an, direkt auf den etwa 30 Zentimeter breiten, weitgehend ebenen Mauern zu laufen und nicht auf dem Felsbrockenweg daneben“, berichtete der Athlet des TSV Peißenberg. Streichers Konzentration galt da mehr dem sauberen Tritt als dem Tempo. Einige Athleten, die er bergauf passiert hatte, überholten ihn nun wieder.

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„Gefühlt sind diese auf den Mauern quasi entlang gesprintet“, so Streicher. „Bei einem solchen Downhill fehlt mir einfach die Erfahrung und auch etwas die Risikobereitschaft.“ Das Ergebnis konnte sich dennoch sehen lassen: Mit der Zeit von 1:52:06 Stunden belegte er, als bester Deutscher, den 16. Platz in der M55. Altersklassen-übergreifend landete Streicher auf dem 91. Rang unter 439 Klassierten. In der Teamwertung blieb den Deutschen (16./25./28.) mit 69 Punkten der siebte Rang unter acht Teams. Es gewannen erneut die Franzosen.

Für den Peißenberger, vor zwei Jahren deutscher Berglauf-Meister, war es nach 2023 (auf Madeira) die zweite Teilnahme an der Berglauf-WM. In der M55 glänzte seinerzeit Miguel Molero-Eichwein als Zweiter (Uphill) und als Weltmeister (Long Distance). Streicher lieferte in den Rennen als Siebter und Vierter ebenfalls Top-Leistungen ab. Allerdings fehlte damals ein dritter deutscher Teilnehmer für eine etwaige Team-Medaille.

1166 Starter aus 30 Nationen

In Canfranc nahmen heuer 1166 Frauen und Männer aus 30 Nationen an den drei Wettbewerben teil. Dazu gehörten auch absolute Größen der Szene. Streicher nennt in diesem Zusammenhang den Engländer Thomas Roach, der heuer beim „Karwendelmarsch“ (52 Kilometer/2281 Höhenmeter) als erster überhaupt unter vier Stunden blieb. Bei der Berglauf-WM holte Roach im Uphill Einzel-Silber und im Long-Distance-Race den Titel. Der Brite war allerdings schon in Sachen „Doping“ auffällig geworden: 2021 wurde er nach der WM der Einnahme der verbotenen Substanz Carboxy-THC überführt. Die Folge waren drei Monate Sperre.

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