„Ausgeschlossen“: Baerbock schmettert Nachfrage zu ihrem UN-Job ab
Im Garten des Friedenssaals nimmt Baerbock Abschied von Deutschland. In New York wartet die Weltbühne. Ihr Weg aber bleibt umstritten.
Potsdam – Mit einem rauschenden Fest und einer emotionalen Rede hat sich Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntagabend (6. Juli) im Potsdamer Friedenssaal von rund 150 Parteifreunden verabschiedet. Die frühere Außenministerin und künftige Präsidentin der UN-Generalversammlung erschien in einem kurzen, weißen Sommerkleid, dazu ein brauner Gürtel und farblich abgestimmte Schuhe – locker, gut gelaunt und mit grauen Strähnen im schwarzen Haar. Ihre Botschaft: Ein Kapitel endet, ein neues beginnt.
Baerbock schmettert Nachfrage zu ihrem UN-Job ab
„Dieser Job in New York geht nur für ein Jahr“, erklärte Baerbock laut Bild, „aber nächstes Jahr muss ja auch ein neuer UN-Generalsekretär oder eine Generalsekretärin gewählt werden. Seit 80 Jahren war das noch nie eine Frau!“ Die Parteifreunde jubelten frenetisch .
Ob sie das höchste Amt der Vereinten Nationen anstrebe, wies Baerbock entschieden zurück: „Ausgeschlossen“, erklärte sie gegenüber der B.Z., „bei den Vereinten Nationen gibt es feste Regeln. Nach dem Westeuropäer Antonio Guterres ist 2026 ein Lateinamerikaner oder Osteuropäer dran.“ Was nach dem Jahr in New York komme, das wisse sie noch nicht genau: „Was ich in einem Jahr mache, ist völlig offen, aber ich werde sicher nicht arbeitslos.“
Annalena Baerbocks Neustart in New York: Privatleben und persönliche Worte
Mit ihren beiden Kindern zieht Baerbock nach New York, wie sie Bild und B.Z. bestätigte. Von ihrem Mann Daniel Holefleisch hatte sie sich bereits 2024 getrennt. Brandenburgs Grünen-Chefin Andrea Lübcke verabschiedete sie, schreibt die Bild, augenzwinkernd: „Wir schenken euch eine geführte Tour durch den Central Park.“ Die sportliche UN-Präsidentin will künftig lieber dort joggen „statt um den Heiligen See in Potsdam“.
Baerbocks politischer Werdegang begann vor rund 20 Jahren in Brandenburg, wie sie beim Abschied erinnerte: „Als kleine Praktikantin der Europa-Abgeordneten Elisabeth Schroedter durfte ich Polens EU-Beitritt auf der Grenzbrücke in Frankfurt (Oder) miterleben“, erzählte sie. „Und dann steht man da und sieht: Europa wächst wieder zusammen. Das war für mich das Symbol, dass Politik etwas verändern kann. Aber ich habe gelernt: Das ist hart.“

Baerbock warnt vor Hass im Netz – und ruft zu Engagement auf
In ihrer Rede blickte Baerbock, so die Bild, auch auf ihre schwersten Erfahrungen zurück: „Was ich im Internet erlebt habe, mit Fake News in den sozialen Medien“, schilderte sie. Putin-Trolle hätten ihr Liebhaber angedichtet. „Wie viele Mädchen und junge Frauen dann zu mir kamen und sagten: ‚Oh Gott, dieser Shitstorm! Es tut mir so leid‘. Was bei jungen Leuten hängen geblieben ist: ‚In die Politik gehe ich niemals!‘“
Das halte sie für brandgefährlich für das Land und die Gesellschaft: „Nicht, was im Netz steht, ist die wahre Lebensrealität. Das wahre Leben findet in den Schulen statt, in den Sportvereinen, am Arbeitsplatz. Und das ist vielfältiger als jeder Shitstorm.“ Deshalb ermutigte Baerbock junge Leute, sich einzubringen, ihre Meinung zu sagen und in die Politik zu gehen.
Abschiedsbotschaft von Annalena Baerbock auf Social Media: „Demokratie, das sind wir alle“
Auch in den sozialen Medien wandte sich Baerbock mit einem letzten Video als Bundestagsabgeordnete an ihre Follower, bevor sie nach New York geht. Sie betonte: „Streit in der Sache ist wichtig, aber immer im Respekt und immer im Geiste für unsere Demokratie. Dieses Miteinander zwischen Demokratinnen und Demokraten – auch dafür müssen wir weiterkämpfen.“
Baerbock erklärte im Abschiedsvideo selbstbewusst: „Ich war vielleicht die erste Außenministerin, aber definitiv nicht die letzte. Und was ich vielleicht jungen Frauen mitgeben möchte: Deine Stimme zählt, deine Vision zählt.“ Sie warnte davor, sich etwas einreden zu lassen: „Du kannst das vielleicht nicht, weil du noch zu jung oder eine Frau bist.“ Zum Abschluss rief sie die Zuschauerinnen und Zuschauer auf: „Demokratie, das sind wir alle. Deswegen: Steht auf, bringt euch ein, mischt euch ein, widersprecht. Es ist an uns, es ist an euch, die Zukunft zu gestalten. Bis bald von den Vereinten Nationen.“
Ein Jahr in New York – was wird aus Baerbock?
Anfang Juni wurde Baerbock zur Präsidentin der UN-Generalversammlung gewählt, für ein Jahr. Die Wahl verlief nicht wie üblich per Akklamation, sondern auf Wunsch Russlands in geheimer Abstimmung – Baerbock erhielt 167 von 193 Stimmen. „Als Präsidentin, sollte ich gewählt werden, werde ich allen 193 Mitgliedstaaten dienen, großen wie kleinen. Als ehrliche Vermittlerin. Als einende Kraft. Mit offenem Ohr. Und offener Tür“, betonte sie im Vorfeld. In ihrer Bewerbungsrede schlug sie bereits vor: „Wir können schon viel Zeit sparen, wenn wir alle eine Minute kürzer reden.“
Annalena Baerbock wird in ihrer Amtszeit zwei zentrale Prozesse begleiten: Die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin für UN-Generalsekretär António Guterres sowie Deutschlands Bewerbung um einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Jahre 2027/28. UN-Experte Patrick Rosenow erklärte dazu laut tagesschau.de: „Da könnte die Präsidentin eine große Rolle spielen, wenn es um das Abstimmungsverfahren geht.“
Kritik und internationale Debatte um Baerbocks UN-Posten
Die Ernennung Baerbocks war umstritten. Die ursprünglich vorgesehene Diplomatin Helga Schmid wurde überraschend durch Baerbock ersetzt. Kritiker wie Christoph Heusgen, früherer Vorsitzender der Münchener Sicherheitskonferenz, nannten das „eine Unverschämtheit“, schreibt dw.com. Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel sagte, Baerbock könne von Schmid viel lernen.
International sorgte Baerbocks Wahl teils für Kritik. Die Polit-Aktivistin Colombe Cahen-Salvador schrieb im euObserver, Baerbock sei durch ihre Unterstützung für Israel „Mitverantwortliche für Völkerrechtsverletzungen“ und ihre Wahl „eine Schande für die UN“. Sie habe als Außenministerin Israels Vorgehen im Gazastreifen als Selbstverteidigung bezeichnet, Waffenlieferungen ermöglicht und damit die UN kompromittiert.
Baerbock bei UN: Diplomatische Aufgabe – und persönliche Herausforderung
Baerbock könnte den Posten indes als Sprungbrett für weitere internationale Aufgaben nutzen. Dabei muss sie als Präsidentin überparteilich agieren und weiter Vertrauen aufbauen. Das Auswärtige Amt betonte, Baerbocks Kandidatur sei „ausdrücklich unterstützt“ worden und Teil von „Deutschlands besonderer Verantwortung für die UN“.
Annalena Baerbock verlässt Deutschland mit viel Zuspruch, aber auch mit deutlicher Kritik – und einem komplett offenen Blick auf ihre Zukunft. Ob ihr die Rolle als Präsidentin der UN-Generalversammlung den Weg für weitere internationale Spitzenämter ebnet, bleibt abzuwarten.