Schachzug gegen Putins Einnahmen: EU-Land kündigt großen Schritt an

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Bislang hat Ungarn Russlands Wirtschaft durch den Import von Putins Öl und Gas befeuert. Damit könnte bald Schluss sein. Doch der Schritt birgt auch Risiken.

Budapest/Moskau – Trotz des Ukraine-Kriegs gibt es noch EU-Länder, die fleißig russisches Gas und Öl beziehen. Doch nun erklären immer mehr Länder ihre Bereitschaft dazu, sich von russischer Energie unabhängig machen zu wollen. Für Wladimir Putin ist der Verkauf von russischem Gas und Öl eine zentrale Einnahmequelle. Umso beunruhigender dürfte für ihn Ungarns Ankündigung sein, dass die Raffinerien bis „Ende 2026 ohne russsiches Rohöl“ arbeiten könnten. Zugleich wächst in Ungarn Sorge.

Verkauf von Öl und Gas ist essentiell für Russlands Wirtschaft – Ungarn wagt großen Schritt

Nach Angaben des strategischen Geschäftsführers der MOL-Gruppe, György Bacsa, ist Ungarn bereit, kein russisches Öl mehr zu beziehen. Die MOL-Gruppe ist ein internationales, integriertes Öl-, Gas-, Petrochemie- und Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in Budapest. Laut Politico handelt es sich um die einzige Raffinerie, die russisches Rohöl importiert. MOL betreibt in der Slowakei auch Raffinerien, die russisches Rohöl verarbeiten.

Wladimir Putin in Moskau.
EU-Land lässt Putin hängen – und zahlt dafür einen Preis. © IMAGO/Vyacheslav Prokofyev/Kremlin Pool

Der Energieriese sei bereit, 500 Millionen Dollar zu investieren, um alle seine Anlagen auf andere Rohölsorten umzustellen, doch dafür fehle es an verlässlichen Langzeitpartnern, sagte Bacsa gegenüber Bloomberg. „Die Abkopplung vom russischen Öl ist nicht nur eine Frage des Geldes“, sagte der CEO weiter. „Derzeit gibt es für unsere Binnenländer und Raffinerien keine gleichwertige Alternative zu russischen Rohöllieferungen.“ Für die Umrüstung der MOL-Raffinerien auf andere Rohölsorten bräuchte Ungarn auch Hilfe der EU. Die EU soll laut Bacsa mit „ein paar Hundert Millionen“ aushelfen, sagte Bacsa gegenüber Politico.

Ungarn befeuert bislang Russlands Wirtschaft durch Kauf von Öl und Gas – damit soll Schluss sein

Derzeit hat MOL einen langfristigen Rohölvertrag mit Lukoil, Russlands größtem privaten Ölkonzern, der im Juni nächsten Jahres ausläuft. Bacsa sagte, Ungarn und seine Nachbarn könnten in absehbarer Zeit nicht ohne russisches Öl auskommen und die Aufrechterhaltung der Lieferungen sei „für die Versorgungssicherheit in der Region von entscheidender Bedeutung.“

Während andere mitteleuropäische EU-Länder wie die Tschechische Republik ihre Rohölimporte aus Russland drastisch reduziert haben, hat Ungarn seine Brennstoffkäufe aus Moskau drastisch erhöht. Es wird zudem berichtet, dass Gespräche zwischen Budapest und Gazprom, dem russischen Gasgiganten, über zusätzliche Gaskäufe im Jahr 2025 begonnen haben. Dies wurde vom ungarischen Außenminister Peter Szijjarto in einem Interview mit der vom Kreml kontrollierten RIA Novosti bestätigt.

Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg hatte die EU den Import russischen Öls gestoppt. Allerdings gelten für Ungarn, die Slowakei und Tschechien Ausnahmen, weil diese drei Länder besonders von den russischen Lieferungen abhängen. Dieser Ausnahmezustand sollte zunächst vorübergehend gelten. Bacsa befürchtet, dass die EU in der Zwischenzeit entweder ein konkretes Enddatum festlegen oder verschärfte Strafmaßnahmen ergreifen werde. „Wir sind besorgt, dass die Ausnahmeregelung auslaufen könnte, ohne dass es eine Lösung für eine langfristige, wettbewerbsfähige Rohölbeschaffung gibt.“

EU will Unabhängigkeit von russischem Gas beschleunigen – Folgen für Russlands Wirtschaft

Die EU will indes weiterhin Pläne vorantreiben, um die Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas zu beschleunigen. Das ließ der voraussichtliche neue Energiekommissar der Europäischen Union, Dan Jorgensen, Anfang November verlauten. „In meinen ersten 100 Tagen werde ich einen Plan vorlegen, wie wir unsere Abhängigkeit von russischem Gas vor 2027 schneller beenden können“, sagte er.

Die EU hatte sich nach dem Ukraine-Krieg das nicht verbindliche Ziel gesetzt, die russischen Gasimporte bis 2027 zu beenden. Einige Mitgliedstaaten haben allerdings wenig zur Diversifizierung unternommen. „Früher bezogen wir 45 Prozent unseres Gases aus Russland, jetzt sind es nur noch 18 Prozent. Aber 18 Prozent sind immer noch zu viel. Wir müssen zu 100 Prozent unabhängig von russischem Brennstoff sein“, sagte Jorgensen.

Im Juni 2024 hat die EU erstmals russisches LNG sanktioniert, die Maßnahmen betreffen allerdings nicht den direkten Import, sondern die Umladungen russischen LNGs über europäische Häfen. (bohy mit Material von Reuters)

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