Ein Unternehmer, der nach mehr Verlässlichkeit sucht
Nicht nur die Bauern haben neulich protestiert auf der Wiesn. Auch der Forstinninger Unternehmer Hubert Hörndl war dabei. Warum, das erklärt er hier.
Forstinning - In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitung „Trucker“ strahlt ein Unternehmer aus der Speditionsbranche freundlich in die Kamera eines Fotografen. Das Pressefoto zeigt deutlich: Hinter einer dunklen Sonnenbrille lugt ein Gesichtsausdruck hervor, der durchaus freundlich und zufrieden daherkommt. Dabei ist der Anlass, zu dem dieses Bild entstand, alles andere als erfreulich.
Die Aufnahme entstand dieser Tage am Rande einer Demo.
„Das war eine geile Stimmung dort“, schwärmt Hubert Hörndl, der Mann mit der Sonnenbrille, noch Tage später. Und erzählt davon, dass es zusammen mit den protestierenden Bauern gelang, immerhin gut 1800 Lkw zu mobilisieren, um auf der Münchner Theresienwiese nicht nur Solidarität mit den Landwirten zu zeigen, sondern zugleich auch auf eigene Interessen und vor allem Probleme aufmerksam zu machen.
Eine geile Stimmung
„Wir vermissen Klarheit und Ehrlichkeit“, sagt Hörndl, Inhaber der Hörndl Transporte GmbH, in dessen Fuhrpark sich immerhin zurzeit 180 Lkw befinden. Damit ist der Forstinninger in der Branche noch immer kein ganz Großer, aber eben auch kein Winzling. An diesem Protesttag in der Landeshauptstadt ist Hubert Hörndl gleich mit drei Zugmaschinen präsent. „Die Mautverdoppelung ist für die Branche eine Katastrophe. Da würde ich mir als Signal wünschen, dass man sie zurücknimmt. Bezahlen müssen die Mehrkosten schließlich die Verbraucher“, sagt Hörndl in einem „Trucker“-Interview. Darüber hinaus fordert der Unternehmer gleich auch noch die Aussetzung der jährlichen Erhöhung des CO-2-Preises. „Vor allem aber stehe ich heute hier, weil ich mir eine andere Wertschätzung des Lkw wünsche - und zwar nicht als Stauproduzent, sondern als systemrelevanter Versorger. Wenn wir nicht fahren würden, steht die Wirtschaft und die Bevölkerung wird nicht mehr versorgt!“: Genau das gibt er dem Fachmagazin ebenfalls zu Protokoll.
Was war da passiert in den letzten Wochen und Monaten? Was erzürnt Spediteure wie Hörndl gegenwärtig?
Keine Zweifel: Die Branche ist aufgewühlt, seit das Bundeskabinett am 20. Oktober vergangenen Jahres beschloss, die Lkw-Maut für die Nutzung von Bundesfernstraßen durch die Einführung einer zusätzlichen CO2-Komponente nahezu zu verdoppeln. Diese Erhöhung, heißt es, führe zu einem Anstieg der Maut um 83,2 Prozent; und zwar von damals noch 19 Cent/Kilometer auf neu 34,8 Cent.
Mautgebühren drastisch gestiegen
In der Spediteursbranche ist man davon überzeugt, dass diese politische Entscheidung darauf abziele, jährlich Mehreinnahmen von 7,6 Mrd. Euro zu erzielen, wobei die Hälfte der Mittel zur Infrastrukturverbesserung der Fernstraßen sowie zur Sanierung der maroden Bahn eingesetzt werde. „Wir subventionieren sozusagen unseren eigenen Mitbewerber, die Bahn“, so der Forstinninger Unternehmer.
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Dem örtlichen Spediteur blieb nach eigenen Worten gar keine andere Wahl, als die seit 1. Dezember 2023 gültigen neuen Mauttarife direkt umzulegen auf seine Kunden; zum Beispiel auch auf die großen Lebensmittelketten. Nicht zuletzt sind es gerade auch Transporteure wie Hörndl, die die Waren auf der sprichwörtlich letzten Meile in die Filialen - hier rund um München - bringen. Letztlich seien aber auch die Leerfahrten von dieser neuen Mautregelung betroffen.
Bei Hörndls im Forstinninger Gewerbebogen liegen inzwischen erste konkretere Zahlen seit Einführung der neuen Mautregeln vor. Geschäftsführer Benjamin Stein rechnet vor, dass bei einer durchschnittlichen Fahrleistung eines Lkw von 800 bis 1200 km pro Tag nur durch die Mauterhöhung Mehrkosten entstanden seien von monatlich rund 300000 Euro. Monatlich legt die Lkw-Flotte des Familienunternehmens nach eigenen Angaben bis zu 1,9 Mio. Kilometer zurück.
Doch es gibt, zu allem Überfluss, noch weitere Problemfelder. Die vier Cent pro Liter Diesel an Mehrkosten durch die zum Jahresbeginn erhöhte CO-2-Abgabe etwa, wenngleich sie sich in diesen ersten Tagen und Wochen des neuen Jahres noch nicht signifikant auf die Preise an der Zapfsäule ausgewirkt zu haben scheinen. Nichts aber, fügt Stein an, sei in diesen Zeiten so unbeständig wie der Dieselpreis.
Unternehmer vermissen Planungssicherheit
Das alles führe dazu, so Stein und Hörndl in einem Gespräch mit der EZ, dass zurzeit kaum noch unternehmerische Planungssicherheit bestehe. Ein Kritikpunkt, den auch schon die Landwirte bei ihren zurückliegenden Demonstrationen immer wieder ins Feld geführt hatten. Sicher sei aber folgende Rechnung: Pro gefahrene 500 Kilometer, ob beladen oder leer, entstünden Unternehmern wie Hörndl zurzeit rund 80 Euro Mehrkosten. Am Ende, sagt Hubert Hörndl, seien es aber wie so oft die Endverbraucher zum Beispiel in den Supermärkten, die die Zeche zu zahlen hätten. Dass das Ganze einer Spirale ohne Ende gleichkomme, fügt er gleich noch hinzu: Höhe Preise im Laden bedeuteten höhere Lebenshaltungskosten, bedeuteten irgendwann auch wieder Lohnerhöhungen zum Ausgleich und damit noch höhere Kosten für die Unternehmer.
Wären da nicht noch weitere Erschwernisse. Eigentlich durchgängig seit Jahren suchen Hörndl und Mitbewerber händeringend Fahrer. Führerscheinzulassungen seien aber längst zu einem Bürokratiemonster gewachsen, die Anerkennung ausländischer Fahrlizenzen samt Umschreibung eine nervenaufreibende Angelegenheit. Zusätzlich hätten sich die Kosten für Reifen oder Lkw im letzten Jahr alleine um jeweils 20 Prozent erhöht. Für Versicherungen zahle man inzwischen das Doppelte. Man wolle nicht Mitleid erzeugen, sondern hier lediglich die Fakten benennen, heißt es.
Hoffnungsträger: Neuartiger Diesel
Zumindest einen Lichtblick scheint es aber dennoch zu geben. Auf ihn hat Hörndl auch in der Fachzeitung „Trucker“ hingewiesen. Dort bricht er nämlich eine Lanze für den Verbrennungsmotor. „HVO spart nachweislich über 90 Prozent CO2 ein“, so der Spediteur, der eine eigene Betriebstankstelle hat und mittlerweile, so steht es im „Trucker“, sechs Fahrzeuge mit HVO fahren lässt. HVO 100, so die korrekte Bezeichnung, ist ein innovativer, synthetischer und hochfeiner Ersatzkraftstoff, der u.a. aus hydrierten Restspeisefetten hergestellt werden und, so der Spediteur, uneingeschränkt und bedenkenlos in allen gängigen Dieselmotoren eingesetzt werden kann. In den benachbarten Ländern, etwa Italien, sei er bereits relativ problemlos an Tankstellen zu beziehen. In Deutschland, so Hörndl, hoffe er, dass HVO 100 ab April auf den Markt kommen könne. Mit diesem Kraftstoff, glaubt er, könne man den CO-2-Ausstoß um bis zu 90 Prozent reduzieren und so zumindest dem Umweltschutzgedanken Rechnung tragen. Mit Einführung von HVO 100 mache man sich wenigsten ein bisschen ehrlicher. Der Haken dabei: HVO 100 kostet zurzeit pro Liter noch gut 35 Cent mehr pro Liter als gewöhnlicher Diesel.
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