Diese deutschen Firmen profitieren sogar vom neuen Zoll-Deal mit den USA
Seit Donnerstag gilt das neue Zollabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten. Im Zentrum steht ein Basiszoll von 15 Prozent auf viele Industrie- und Konsumgüter. Für viele deutsche Unternehmen bedeutet das zusätzliche Belastungen – doch einige profitieren überraschend deutlich, schreibt das Internet-Portal "Busines Insider".
BMW: SUVs ohne Zolldruck
Auch BMW gehört zu den klaren Gewinnern der neuen Zollregelung. Konzernchef Oliver Zipse betont regelmäßig, dass BMW nicht nur Autos in die USA exportiert, sondern auch eine erhebliche Anzahl von Fahrzeugen aus dem US-Werk in South Carolina nach Europa bringt. Das sind bisher ausschließlich SUVs, vom X3 bis zum X7, die in Europa von BMW praktisch gar nicht mehr produziert werden. Mit dem neuen Zollabkommen fällt der zehnprozentige Einfuhrzoll der EU auf US-Autos weg - was BMW sogar in die Hände spielt. Umgekehrt werden auf die Limousinen der 7er und 5er-Reihe nun höhere Zölle in den USA fällig. Diese Balance zwischen Import und Export sorgt jedoch dafür, dass BMW per Saldo kaum zusätzliche Zollkosten tragen muss und womöglich sogar ein Gewinner des Zolldeals mit der EU werden kann.
Bei den Rivalen Mercedes und Volkswagen mit seinen Töchtern Audi und Porsche sieht das anders aus: Mercedes besitzt zwar ebenfalls zwei US-Werke in Tuscaloosa (Alabama) und Charleston (South Carolina) und fertigt dort vor allem SUV-Modelle und die vollelektrischen EQ-Modelle, die ebenfalls exportiert werden. Das Werk in Charleston konzentriert sich auf die Produktion von Sprinter-Vans. Doch die Stückzahlen sind insgesamt kleiner als bei BMW, was den Entlastungseffekt begrenzt.
Noch härter ist der Zoll-Hammer für VW: Die Wolfsburger betreiben zwar ein Werk in Chattanooga (Tennessee) und weitere in Mexiko. Doch die Edel-Töchter Audi und Porsche müssen sämtliche Fahrzeuge aus Europa importieren und sind entsprechend heftig von Zöllen betroffen. Zwar prüft der Konzern eine neue Produktionslinie für Audi im bestehenden US-Werk oder sogar eine Milliardeninvestition in ein neues Audi-Werk in den USA. Konkrete Entscheidungen stehen aber noch aus.
Haribo: Süßes aus Wisconsin
Der Süßwarenhersteller Haribo aus Bonn hat im Jahr 2023 ein Werk im US-Bundesstaat Wisconsin eröffnet. Es hat rund 300 Millionen Dollar gekostet, auf einer Fläche von 46.000 Quadratmetern. Das zahlt sich jetzt aus: Die Produktion vor Ort bedeutet, dass auf Haribo-Produkte in US-Supermarktregalen keine Zölle erhoben werden. Zumal sich der Hersteller vor Ort gezielt auf den Geschmack amerikanischer Konsumenten eingestellt hat. Die bekommen zum Beispiel mehr rote Gummibären oder spezielle Formen wie „Spiegeleier“ aus Zuckerschaum.
Unterdessen werden Konkurrenten wie Bahlsen oder Lambertz, die weiterhin aus Deutschland exportieren, unter den Strafzöllen leiden. Auch die Hersteller der Eigenmarken für die US-Filialen von Aldi oder Lidl sitzen selbst nicht in den USA. Da es bei diesen Lieferverträgen meist um Cent-Beträge pro Stück geht, schlagen 15 Prozent Zoll dort heftig ins Kontor.
Siemens und Siemens Energy: Lokale Größen
Der Technologiekonzern Siemens verfolgt bereist seit vielen Jahren die Strategie, wesentliche Teile der Wertschöpfung lokal in den jeweiligen Märkten zu generieren. Das gilt auch für die USA. Nach Unternehmensangaben werden rund 80 Prozent der US-Marktproduktion direkt vor Ort erbracht. Diese Struktur schützt Siemens vor direkten Auswirkungen der neuen Zölle.
Ähnliches gilt auch für die ebenfalls börsennotierte Tochter Siemens Energy, die in den USA 20 Fertigungsstätten betreibt, etwa für Stromerzeugungsanlagen und Transformatoren, sowie einen Innovations-Campus in Orlando (Florida). Trotzdem muss Energy Komponenten importieren, was ebenfalls zu Belastungen durch die Zölle führen wird. Dass bei Siemens Energy im abgelaufenen Quartal dennoch etwa ein Drittel der Neuaufträge aus den USA kam, zeigt, dass die eigenen Produkte so gefragt sind, dass der Konzern Zollkosten sogar an die Kunden weiterreichen kann.
Deutsche Telekom: Freude an der US-Tochter
Die Deutsche Telekom ist mit ihrer US-Tochter T-Mobile wirtschaftlich stark vom amerikanischen Markt abhängig - aber kaum direkt von Zöllen betroffen. Denn das Unternehmen exportiert keine Produkte, sämtliche Telekommunikations-Dienstleistungen werden im Land erbracht. Zudem erwirtschaftet T-Mobile USA mittlerweile rund zwei Drittel gesamten des operativen Gewinns der Telekom. Allerdings können dennoch indirekte Zoll-Effekte auftreten, etwa beim Ausbau der Mobilfunknetze für die 5G-Technologie. Dabei ist T-Mobile wie alle US-Anbieter auf Technik europäischer Anbieter wie Ericsson und Nokia angewiesen. Beide produzieren zwar bereits in den USA, doch ganz vermeiden lassen sich höhere Kosten durch Zölle vermutlich nicht. Technologie von dem chinesischen Anbieter Huawei zu beziehen, war bereits vorher aufgrund von Sanktionen nicht mehr möglich. Die im Raum stehenden Zölle gegen China würden diese Option ohnehin uninteressant machen.
Continental: Mehr Produktion in den USA
Der Automobilzulieferer Continental passt seine Strategie infolge der Zölle an. Im ersten Halbjahr machten die zusätzlichen Zölle bei Conti einen zweistelligen Millionenbetrag aus. Seit Juni erhöht der Automobilzulieferer daher gezielt die Auslastung seiner US-Werke und konzentriert sich in den USA auf die Produktion besonders margenstarker Reifen. Dadurch wird die Wertschöpfung teilweise von Europa in die USA verlagert, um Zollkosten zu reduzieren. Neue Investitionen in amerikanische Werke sind kurzfristig jedoch nicht geplant. Stattdessen will Continental zunächst versuchen, bei einigen Kunden in den USA höhere Preisen durchzusetzen. Der Finanzchef des Unternehmens betonte bei der Vorlage der Halbjahreszahlen, dass ein umfassender Handelskrieg deutlich schädlicher gewesen wäre, und begrüßte den Zoll-Kompromiss ausdrücklich.
Das Problem: Noch immer keine Planungssicherheit
Da die USA gleichzeitig gegen andere Länder wie etwa die Schweiz höhere Zölle verhängen wollen, könnte das den deutschen Exporteuren sogar im Wettbewerb leichte Vorteile verschaffen. Das gilt jedoch nur, sofern es auf dem jeweiligen Gebiet keine ernstzunehmenden Konkurrenten aus den USA selbst gibt.
Doch langfristige Planungssicherheit besteht noch nicht, denn das neue Abkommen zwischen EU und USA wurde bislang nur grob umrissen und ist noch nicht verschriftlicht, geschweige denn rechtlich umgesetzt worden. Zudem ist bekannt, dass Donald Trump in Handelsfragen gerne nachverhandelt. Die US-Autoindustrie etwa meldete bereits Bedenken an. So erklärte Ford, dass der neue Zollsatz von 15 Prozent nicht ausreiche, um europäische Hersteller zu größeren Investitionen in den USA zu bewegen. Die US-Produktion aller Autohersteller in den USA leidet zudem weiter unter hohen Sonderzöllen auf Stahl und Aluminium, was die amerikanischen Hersteller im Wettbewerb in Europa im Vergleich zu europäischen Anbietern zusätzlich belastet.