Papst-Wahl naht: Wie Trump mitmischt – und wer Franziskus‘ Nachfolger werden könnte
Der Papst ist tot – die Katholische Kirche steht vor einer Richtungsentscheidung. Noch scheint vieles offen. Aber sogar die US-Regierung spielt offenbar mit.
Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder die außenpolitische Kehrtwende der USA unter Donald Trump: Unsere Welt ist im Umbruch. Autoritäre Regime haben Aufwind, westliche Demokratien geraten in der Defensive. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University. In dieser Woche blickt der promovierte katholische Theologe auf die Zukunft der Katholischen Kirche.
Herr Görlach, wie geht es nach dem Tod von Papst Franziskus mit der katholischen Kirche weiter?
Es geht um eine Richtungsentscheidung. Wird man den liberalen, weltoffenen, toleranten Kurs weiterfahren, den Franziskus geprägt hat? Wie geht es eigentlich mit dem Zölibat weiter? Was machen wir mit wiederverheirateten Geschiedenen, die doch gerne wieder zu den Sakramenten zugelassen werden wollen? Da haben die erzkonservativen Katholiken gemauert und jede größere Reform verhindert. Aber Franziskus ist es gelungen, zu sehen, dass eben nicht alles in der Welt so läuft, wie es im Katechismus aufgeschrieben ist. Die andere Seite, die natürlich jetzt auch nach Rom kommt, ist personifiziert im amerikanischen Erzbischof Kardinal Edward Burke, den Franziskus ja entlassen hat und seine Dienstwohnung gestrichen, weil die beiden so über Kreuz lagen. Er wird versuchen, eine konservative Linie, einen konservativen Papst durchzusetzen. Da werden in den nächsten Tagen die Weichen gestellt.
Welche Rolle und welche Ziele hat Donald Trump bei der Papst-Wahl?
Ein Name schwebt über dem Konklave, es ist der Name des US-Präsidenten Donald Trump, der häufiger mit dem Papst aneinander geriet, genauso wie sein Vize-Chef J.D. Vance, der noch am Ostersonntag dem Papst begegnet ist. Der, so heißt es, mische hinter den Kulissen mit und möchte, dass die Amerikaner einen Kardinal nach vorne bringen, der dann am Ende dann auch Papst wird. Der Gedanke, den Trump dahinter hat: Er möchte keine Kritik mehr aus dem Vatikan haben, wie er sie von Franziskus hat hören müssen – er hat sich ja auch von einer Bischöfin die Leviten lesen lassen müssen, beim Gottesdienst zu seiner Amtseinführung.
Die katholische Kirche ist die größte Religionsgemeinschaft in den USA geworden. In Amerika gehen noch mehr Leute zur Kirche – und hören vielleicht eher ihrem spirituellen Oberhaupt zu. Und wenn der Papst dauerhaft Donald Trump, die Republikaner und das Maga-Movement kritisiert, dann könnte sich das am Ende vielleicht doch nachhaltig negativ für Trump auswirken. So ist das Kalkül im Weißen Haus. Deshalb versucht man, so heißt es im Hintergrund, aus dem Weißen Haus heraus zu moderieren, zu gucken, ob man die Amerikaner nicht so positionieren kann, dass sie am Ende einen konservativen Kandidaten durchboxen können.
Zur Person
Professor Alexander Görlach unterrichtet Demokratie-Theorie und -Praxis an der New York University. Der Geopolitik-Experte hatte verschiedene Positionen an den Universitäten Harvard und Cambridge inne. Unter anderem erschien von ihm „Alarmstufe Rot: Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Westpazifik in einen globalen Krieg führt“ (2022).
Wer wird am Ende Papst werden?
Das Sprichwort sagt, „wer als Papst ins Konklave hineingeht, der kommt als Kardinal wieder heraus“. Man muss das so verstehen, dass sich die von Franziskus neu ernannten Kardinäle teilweise noch gar nicht kennen: Sie haben keine Zugehörigkeit, kein Gruppengefühl, auch noch keine Seilschaften. Sie müssen sich kennenlernen und dann miteinander definieren, was die Kernaufgabe der Kirche für die nächsten 10 oder 20 Jahre ist. Und dann kann man zu dem Schluss kommen, wir wollen nach China, nach Asien oder stärker nach Afrika schauen. Diese Gemengelage, bietet allerlei Grundlage zu überlegen, wer könnte es denn eigentlich werden. Gehandelt wird zum Beispiel der lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pizzaballa.
Das wäre ein interessanter Kandidat – denn der Papst hat jeden Tag bei den Christen in Gaza angerufen und sich erkundigt, wie es ihnen geht. Er hat Position bezogen in diesem Konflikt für die Zivilbevölkerung in Gaza, für das Volk der Palästinenser, wie er das gesagt hat. Kardinal Pizzaballa ist 55, Italiener, könnte also auch das italienische Lager zufriedenstellen. Das wäre ein Kandidat, wenn die Kardinäle sagen, in den nächsten 10, 15, 20 Jahren müssen wir verstärkt auf den Nahen und den Mittleren Osten schauen. Darauf, dass an den Orten, wo Jesus gelebt hat, als er auf Erden war, Frieden herrscht. Wenn das Konsens unter den Kardinälen wird, könnte es so ein Kardinal werden wie Herr Pizzaballa.
Was bleibt von Papst Franziskus‘ Wirken?
Franziskus war ein Papst der Herzen, ein Papst, der die sozialen Fragen, die sozialen Nöten, die Ungleichheit und Ungerechtigkeit in der Welt umgetrieben hat. Sein erster Besuch galt der Flüchtlingsinsel Lampedusa. Dort hat er den Kapitalismus angeprangert, der diese Flüchtlingsströme, wie er sagte, zu verantworten hat. Er ist bis zuletzt aktiv geblieben und hat Friedenslösungen gesucht, in Gaza und in der Ukraine. Er steht in der Weise ein bisschen im Unterschied zu seinen beiden Vorgängern, Benedikt XVI. – der ein dogmatischer Papst war, ein großer Theologe und Schreiber – und Johannes Paul II., der ein politischer Papst war, dem die Gunst der Stunde vergönnt war, den Zusammenbruch der Sowjetunion zu erleben und zu moderieren zwischen Amerika und Moskau.
In diesem Sinne wird Franziskus als ein herzlicher Mensch in Erinnerung bleiben. Als er aus dem Krankenhaus herauskam, hat er eine Frau begrüßt und gesagt, „oh, du hast da gelbe Blumen mitgebracht, ein ganz besonderer Gruß an dich“. Also, er war ein Papst, der genau diese Nuancen verstanden hat. Das kommt von seiner argentinischen Herkunft. In diesem Land, das in den letzten 70, 80 Jahren viele Höhen und Tiefen erlebt hat, hat auch Franziskus als Erzbischof von Buenos Aires viel Ungerechtigkeit erlebt. Er hat deshalb zu seiner Amtseinführung einen Müllsammler aus Buenos Aires eingeladen, den er noch aus seiner Zeit dort kannte und hat ihn ganz unverblümt zwischen Könige und Staatspräsidenten gesetzt.