Eine Gruppe Weilheimer habe ihn in der nächtlichen Dunkelheit mit einem Schlagstock bedroht und ausgeraubt. Das behauptete ein 17-jähriger Huglfinger. Die vermeintlichen Angreifer saßen nun vor Gericht – und machten große Augen, was ihnen da vorgeworfen wurde.
So bedrohlich sie klingt, so wenig soll die Anklageschrift der Wahrheit entsprechen. Jedenfalls beteuerten das die drei Angeklagten, die sich vor dem Weilheimer Amtsgericht verantworten mussten.
Den Vorwürfen zufolge waren die jungen Weilheimer an einem Augustabend 2023 mit dem Auto nach Huglfing gefahren, um mit einem damals 15-Jährigen ein recht beachtliches Geschäft abzuwickeln: Vom Kauf eines 1000 Euro teuren Schuhs war die Rede. Laut Anklage soll es zu dem Handel aber nie gekommen sein.
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Gleich nachdem sich die Beschuldigten mit dem heute 17-Jährigen getroffen hatten, sollen sie ihn mit einem Teleskopschlagstock bedrängt und sein Handy gestohlen haben. Erst als ein Anwohner mit der Polizei gedroht hatte, hätten sich die Unbekannten aus dem Staub gemacht.
Bedrohung mit einem Teleskopschlagstock?
Sichtlich ungläubig lauschten die drei Angeklagten den Vorwürfen, mit denen sie konfrontiert wurden. „Offen und ehrlich“ möchte man sein, seufzte der Jüngste des Dreiergespanns und gestand: „Wir wollten nur was zu rauchen kaufen.“ Wie der 19-jährige Beschuldigte angab, sei der angeblich als Drogendealer bekannte Huglfinger dafür der richtige Ansprechpartner gewesen.
„Es gab keinen geplanten Überfall“, versicherte der 19-Jährige. Und um Schuhe sei es schon gar nicht gegangen. Lediglich „ein bis zwei Gramm“ Gras habe man von dem 15-Jährigen kaufen wollen. Persönlichen Kontakt mit dem Huglfinger hätten damals nur ein 20-Jähriger, der älteste der drei, sowie ein vierter, nicht weiter bekannte Spezl der Beschuldigten, gehabt.
Weilheimer wollten Cannabis kaufen
Ein Diebstahl des Handys liege ebenfalls nicht vor. Das habe ihm der Huglfinger nämlich selbst gegeben, meldete sich der 20-Jährige zu Wort. Da der Huglfinger keine Waage mitgebracht hatte, als er in der Dunkelheit mit seinem Cannabis hantiert haben soll, sei es die Aufgabe des Weilheimers gewesen, mit dem Smartphone des 15-Jährigen zu leuchten. Dass der besagte Nachbar aufgrund von Lärms mit der Polizei gedroht hatte, entspreche hingegen der Wahrheit.
Erst während der Flucht durch die Dunkelheit habe der 20-Jährige bemerkt, dass er noch immer das Handy des Huglfingers bei sich trägt. Anders als der 17-Jährige behauptet hatte, sei das Handy aber nicht erst eine Woche später an der Ammer in Weilheim aufgetaucht.
Man habe das Smartphone noch in derselben Nacht an einem Ort unweit des Treffpunktes abgelegt. Schon am Folgetag habe der 17-Jährige sein Smartphone wieder bei sich gehabt, versicherte der 20-Jährige. Behauptungen, die sich auch mit den Informationen der Polizei decken.
Polizei entlarvte Lügengeschichten
Eine lange Liste an „eklatanten“ Widersprüchen habe der Huglfinger angesammelt, berichtete ein Polizeibeamter von gleich mehreren Vernehmungen des 17-Jährigen. „Das war schon alles ein wenig merkwürdig“, erinnerte sich der Polizist und verwies auf eine Funkzellenauswertung. Entgegen der Behauptung des Huglfingers habe das angeblich gestohlene Handy das Gemeindegebiet nämlich nie verlassen. „Man fragt sich dann halt schon, warum ein Geschädigter die Unwahrheit sagt“, so der Beamte. Der 17-Jährige begründete seine Märchen damals mit der „Angst“, die er vor dem „rabiaten“ 19-Jährigen gehabt haben will.
Bevor er der Polizei von dem geheimnisvollen Schuh-Geschäft und den Weiheimern erzählt hatte, soll der Huglfinger zunächst eine völlig andere Geschichte aufgetischt haben: An der Bushaltestelle habe er sich mit einem Freund treffen wollen. Eine Erzählung, die „frei erfunden“ war. Allerdings habe der 17-Jährige an dem Abend mehrere SIM-Karten bei sich getragen, deren Verpackungen „stark nach Cannabis rochen“, so der Beamte.
Geschädigter sagte vor Gericht nicht aus
Auf Anraten der Verteidiger, er könne sich selbst strafbar machen, sollte er im Zeugenstand auf seine leicht zu widerlegenden Lügengeschichten beharren, entschied sich der Huglfinger dazu, vor Gericht keine Aussage zu machen.
Folglich fiel die Anklage, die sich der Staatsanwältin zufolge „auf die Aussage des Geschädigten stützte“, wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Den drei Verteidigern kam das freilich recht. Einer von ihnen betonte, dass in der polizeilichen Vernehmung des Huglfingers ohnehin „mehr Widersprüche als logische Zusammenhänge“ zu finden seien. Gleicher Auffassung war Richterin Franziska Braun: „Der Tatverdacht hat sich in Nichts aufgelöst“, stellte sie fest und sprach die drei Angeklagten frei.