„An deutscher Grenze ist Schluss“: Merz-Vertrauter kündigt große Asylwende an

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Die neue Bundesregierung plant: Keine illegalen Einreisen mehr in Deutschland. Thorsten Frei setzt dabei auf harte Regeln und Maßnahmen.

Berlin – Die angekündigte „Asylwende“ der künftigen schwarz-roten Bundesregierung nimmt konkrete Formen an. Thorsten Frei (CDU), designierter Chef des Bundeskanzleramts und engster Vertrauter von Kanzlerkandidat Friedrich Merz, hat in mehreren Interviews scharfe Maßnahmen zur Begrenzung der Migration ab dem 6. Mai angekündigt.

Merz‘ designierter Kanzleramtschef Thorsten Frei will Asylwende

„Jeder, der illegal nach Deutschland einzureisen versucht, muss vom 6. Mai an damit rechnen, dass an der deutschen Grenze Schluss ist. Niemand kann im Land seines Wunsches Asyl beantragen“, erklärte Frei den Zeitungen der Funke Mediengruppe, zu der etwa die Berliner Morgenpost zählt. Die Pläne sehen vor, Asylanträge bereits an den EU-Außengrenzen zu bearbeiten und unerlaubte Einreisen konsequent abzuwehren.

Ab dem ersten Regierungstag sollen Personenkontrollen an deutschen Grenzen ausgeweitet und intensiviert werden. Frei betonte, dass nach EU-Recht Asylanträge nur im Erstaufnahmeland der EU gestellt werden dürften – „das ist so gut wie nie Deutschland“. Zurückweisungen sollen „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ erfolgen, wobei Frankreich, Österreich und Polen bereits „sehr viel Zustimmung“ signalisiert hätten. Kritiker warnen jedoch vor rechtlichen und politischen Konflikten, da Länder wie Polen und Österreich solche Pläne bislang öffentlich ablehnen.

Merz-Regierung plant Reform des Asylprozessrechts

Friedrich Merz (CDU), der am 6. Mai zum Bundeskanzler gewählt werden soll, bekräftigte jüngst auf einem kleinen CDU-Parteitag, so die dpa, dass man die Staatsgrenze noch besser kontrollieren und Zurückweisungen im größeren Umfang durchführen werde. Im Koalitionsvertrag mit der SPD seien zudem, erklärte Frei im Gespräch mit dem ZDF, „ganz klare Abmachungen“ zu Rückführungen nach Afghanistan und Syrien sowie zur Ausweitung der Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ um Algerien, Tunesien, Indien und Marokko vereinbart.

Um die Bearbeitung von Asylklagen zu beschleunigen, plant die Koalition eine Reform des Asylprozessrechts. Künftig sollen Verwaltungsgerichte nicht mehr selbst Beweise erheben, sondern nur noch Akten prüfen. Dies soll Verfahren von durchschnittlich über einem Jahr auf zwei bis drei Monate verkürzen, wie Asylrichter Tobias Hepperle (VG Karlsruhe) gegenüber dem ZDF erläutert. Der Asylrechtsexperte Constantin Hruschka warnt jedoch gegenüber dem TV-Sender vor Verstößen gegen Völkerrecht: „Ob es rechtlich umsetzbar ist, würde ich klar mit Nein beantworten.“

Im Jahr 2024 wurden über 130.000 Asylklagen eingereicht, von denen nur 18 Prozent Erfolg hatten – ein Rückgang um 50 Prozent gegenüber 2022, so das ZDF. Die hohe Belastung der Gerichte soll auch durch Digitalisierung und KI-Tools gemindert werden, wie das Beispiel Baden-Württemberg zeigt.

Thorsten Frei
Thorsten Frei zieht klare Linien: Ab dem 6. Mai soll es mit der illegalen Einreise nicht mehr weitergehen. © IMAGO/Chris Emil Janssen

Kompromisse zwischen Union und SPD in Asylpolitik unter Merz

Trotz scharfer Kritik der Jusos stimmten 85 Prozent der SPD-Mitglieder für den Koalitionsvertrag, wie die Parteiführung am Mittwochvormittag (30. Mai) publik machte. Zugeständnisse der Union, so etwa die Süddeutsche Zeitung, umfassen die Formulierung, dass das Grundrecht auf Asyl unangetastet bleibe, sowie die Einschränkung von Zurückweisungen auf Abstimmung mit Nachbarn. Im Gegenzug akzeptierte die SPD die Aussetzung des Familiennachzugs für Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus für zwei Jahre – ein Schritt, der rund 24.000 Menschen betreffen wird.

Der designierte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte zudem an, berichtete die dpa, „auch nach Syrien und Afghanistan zurückzuführen“ – zunächst jedoch nur bei Straftätern. Die Zahl der Asylanträge sank 2024 auf 229.751, ein Minus von 100.000 gegenüber 2023. Für Ausreisepflichtige soll zudem der Ausreisearrest ausgeweitet werden, um „freiwillige“ Abgänge zu erzwingen. Für ukrainische Geflüchtete, die nach dem 1. April 2025 einreisen, gelten künftig reduzierte Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Neben Asylreform: Frei kündigt politische Reformen nach Merz-Wahl am 6. Mai an

Neben der Migrationswende setzt die Koalition auf steuerliche Entlastungen. „Steuererhöhungen sind Gift für unsere Wirtschaft“, betonte Frei in dem oben genannten Interview mit der Funke Mediengruppe. Frei kündigte ferner an, die Renten- und Pflegesysteme „grundlegend“ zu reformieren, um „Generationengerechtigkeit“ herzustellen. Jungen Menschen sei geraten, „sich ausreichend privat abzusichern“, sagte er. Ältere Generationen sollten „unter Berücksichtigung ihrer Lebensleistung“ ebenfalls Beiträge leisten, allerdings „verantwortungsvoll“.

Trotz der unsicheren Haltung des möglichen US-Präsidenten Donald Trump betonte der zukünftige Kanzleramtschef die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft: „Die über Jahrzehnte gewachsenen transatlantischen Beziehungen werden essenziell bleiben und auch kritische Phasen überdauern. Die USA sind unser wichtigster Partner außerhalb Europas.“ Gleichzeitig forciert die Koalition eine „autonomere“ europäische Sicherheitspolitik, unter anderem durch Sonderregeln für Verteidigungsausgaben bei der Schuldenbremse.

Die schwarz-rote Koalition betritt mit ihrer Asyl- und Wirtschaftspolitik juristisches und politisches Neuland. Während Frei verspricht, Probleme zu lösen, „von denen die allermeisten Menschen gar nicht angenommen hätten, dass es diese überhaupt gibt“, warnen NGOs und Rechtsexperten vor Menschenrechtsverletzungen und Konflikten mit EU-Partnern. Ob Merz‘ Team die Balance zwischen Restriktion und Humanität findet, wird sich ab dem 6. Mai zeigen.

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