Förderung von Wasserstoff-Technologie: Freistaat lässt Regensburg abblitzen

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Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer bei der Vorstellung des Energiekonzepts für die Prinz-Leopold-Kaserne. © Stefan Aigner

Den Förderantrag der Stadt Regensburg für eine innovativen Energiezentrale lehnte das Wirtschaftsministerium ab. Vielen Antragsstellern ging es so.

Regensburg - „Wasserstoff ist die realistische Lösung, den Wohnungsbestand in Deutschland zu dekarbonisieren“, verkündete Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) letzten Oktober in einer Pressemitteilung. Aiwanger zeigte sich zudem überzeugt, dass Wasserstoff für die Heizungswende „eine zentrale Rolle“ spielen werde.

Wasserstoff für Regensburgs Vorzeigeviertel: Keine Förderung von Aiwangers Wirtschaftsministerium

Doch ein Regensburger Vorzeigeprojekt, das auf Wasserstoff setzen möchte, um eine vollständig CO2-neutrale Energieversorgung zu erreichen blitzte nun bei einem entsprechenden Förderprogramm des bayerischen Wirtschaftsministeriums ab.

Die Rede ist von dem geplanten „Innovationsquartier“ auf der früheren Prinz-Leopold-Kaserne (PLK) im Stadtosten von Regensburg. Hier will die Stadt Maßstäbe setzen: Autofrei und grün soll das Viertel werden, in dem bis zu 1.200 Wohnungen vorgesehen sind, mindestens 60 Prozent davon öffentlich gefördert. Und eben auch energieautark und CO2-neutral – ein beispielhaftes Vorhaben, von dem Regensburg sich Nachahmer in anderen Kommunen erhofft.

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Regensburgs Vorzeigeviertel: Der Zeitplan stockt

2019 hatte die Stadt die Konversionsfläche von der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) zu verbilligten Konditionen erworben. Die ersten 600 Wohnungen soll die 100-prozentige städtische Wohnbautochter, die Stadtbau GmbH, errichten. 368 davon müssen spätestens 2026 fertig sein, um die Verbilligungsrichtlinie der BIMA zu erfüllen. Doch der Zeitplan stockt.

Anfänglich hatte man mit ersten Fertigstellungen 2024 gerechnet. Mittlerweile glaubt angesichts gestiegener Baupreise und Kreditzinsen niemand mehr, dass die Wohnungen bis 2026 gebaut sind.

Verzögerungen bei Vorzeigeviertel: „Von den Krisen der letzten Jahre nicht unberührt geblieben“

„Auch die Bauvorhaben in der PLK sind von den Krisen der letzten Jahre (Corona, Krieg, Zins- und Baukrise) nicht unberührt geblieben“, heißt es dazu von der städtischen Pressestelle. Zwar wolle man mit der Stadtbau weiterhin daran festhalten, auch auf dem Kasernengelände „so schnell wie unter den genannten Umständen möglich, attraktiven und für eine breite Bevölkerungsschicht bezahlbaren Wohnraum“ zu schaffen.

Deshalb laufe im Moment eine „Umplanungsphase“, mit deren Abschluss man in diesem Jahr rechnet. Erst dann könne man abschätzen, welche finanziellen Auswirkungen es gebe. Und wohl auch, wann endlich gebaut werden kann.

Wird die BIMA den verbilligten Grundstückspreis halten, auch wenn die ersten Wohnungen nicht bis 2026 fertig sind? Die Stadt setzt auf das Prinzip Hoffnung. Man gehe davon aus, dass „der Wohnraumschaffung im nachhaltigen PLK-Quartier schlussendlich keine Steine in den Weg gelegt werden“ und befinde sich mit der BIMA in „gutem Austausch“, so die Pressestelle.

Energiekonzept fürs Vorzeigeviertel: Photovoltaik, Geothermie, Wärme aus Luft und Abwasser

Zu allem Ärger gibt es nun auch beim Energiekonzept einen kleinen Rückschlag. Wie berichtet, soll auf der Prinz-Leopold-Kaserne durch eine Kombination aus Photovoltaik, Geothermie und die Nutzung von Wärme aus Luft und Abwasser im ersten Schritt eine zu 70 bis 75 Prozent CO2-neutrale Energieversorgung erreicht werden. Zusätzlich will man, wie im November bekannt wurde, mit der Genossenschaft Bürger-Energie-Region Regensburg (BERR) in Sachen Windenergie zusammenarbeiten.

In der Energiezentrale auf der PLK soll dann in einem zweitem Schritt mit einem sogenannten Elektrolyseur der überschüssige Ökostrom in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet werden. Letzterer wird in Tanks gespeichert und wenn zu wenig oder kein Solar- oder Windstrom zur Verfügung steht, über ein Blockheizkraftwerk oder Brennstoffzellen wieder „rückverstromt“ werden. Dadurch könne das Viertel zu 100 Prozent CO2-neutral werden, so die Stadt.

Energiekonzept für Regensburgs Vorzeigeviertel: Förderung vom Bund, aber nicht vom Freistaat

Über 30 Millionen Euro wird die Energiezentrale letzten Schätzungen zufolge kosten.

Der Bund hatte für das Energiekonzept Ende September, allerdings noch vor der Haushaltssperre, eine Förderung von sieben Millionen Euro „für effiziente Wärmenetze“ zugesagt. Für den Elektrolyseur hatte man auf Unterstützung durch den Freistaat gehofft und mit etwa zwei Millionen Euro gerechnet – doch die bleiben vorerst aus.

Bayerns Förderprogramm für Elektrolyseure: Zwei Drittel der Antragssteller gingen in erster Runde leer aus

Letzten Oktober hatte die Stadt ihre Bewerbung für das lange erwartete Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums zum Aufbau einer Elektrolyse-Infrastruktur (BayFELI) eingereicht. Dieses Programm, von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger vollmundig beworben, scheint allerdings hoffnungslos unterfinanziert zu sein.

Zunächst waren es lediglich 45 Millionen, die dieses Jahr zur Verfügung standen und die wegen der großen Nachfrage auf 65 Millionen aufgestockt wurden. Dennoch gehen mehr als zwei Drittel der Antragssteller leer aus.

Förderprogramm des Freistaats für Elektrolyseure „um ein Vielfaches überzeichnet“

Von den 42 eingereichten Förderskizzen, die bayernweit eingereicht wurden, berücksichtigte das bayerische Wirtschaftsministerium lediglich 13. „Die zur Verfügung stehenden Fördermittel waren um ein Vielfaches überzeichnet“, so die Stadt Regensburg, die wie die meisten anderen das Nachsehen hatte.

„Das bayerische Wirtschaftsministerium hat die Zielsetzung, das bayerische Wasserstoffnetz möglichst breit über die gesamte Fläche des Freistaates zu fördern und auszubauen“, so die Stadt. Deshalb sei „aus jedem der sieben Regierungsbezirke Bayerns je ein geeignetes Projekt ausgesucht“ worden, „und zusätzlich nur wenige weitere“. Welche Projekte konkret ausgewählt wurden, ist bislang nicht bekannt. Sie sollen in etwa zwei Monaten veröffentlicht werden.

Förderung fürs Vorzeigequartier: Regensburg will es noch einmal probieren

Die Stadt will es nach Rücksprache mit dem Wirtschaftsministerium bei einem weiteren Förderaufruf in diesem Jahr erneut probieren. Insgesamt hatte das Wirtschaftsministerium 150 Millionen Euro an Fördergeldern für das Elektrolyseur-Programm versprochen. Doch die Stadt Regensburg prüft nun auch „ob anderweitige Fördermittel in Frage kommen, da sich die Förderkulisse im Wasserstoffbereich derzeit stark wandelt“.

Das Energiekonzept auf der PLK als Ganzes stehe trotz dieses Rückschlags nicht in Frage. Die Planungen für die Energiezentrale und die europaweiten Ausschreibungen für die notwendigen Fachingenieure liefen „bereits auf Hochtouren“. Die Wasserstofftechnologie als „sehr innovativer Zusatzbaustein“ werde dabei zwar stets mitgedacht.

Doch sollte dies aufgrund fehlender Fördergelder oder ansonsten mangelnder Wirtschaftlichkeit nicht umsetzbar sein, entstehe in der PLK dennoch „ein nachhaltiges Energiesystem mit sehr hohem Standard“. Eine zumindest bilanzielle CO2-Neutralität könne man zudem durch den Einsatz von Biomethan erreichen.

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