„Es ist ein Trauerspiel“: Grüne und Linke feiern Gerichtsurteil gegen Söders Kreuz-Pflicht an Schule
Grüne und Linke in Bayern sehen sich nach einem jüngsten Gerichtsurteil bestätigt. Söder verstößt mit seinem berüchtigten Kreuz-Erlass an Schulen gegen die Religionsfreiheit.
München – Es sei ein Angriff auf die Glaubensfreiheit von Schülern. So urteilt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über die von Markus Söder im Jahr 2018 erlassene Pflicht, dass neben anderen öffentlichen Gebäuden, auch Schulen ein Kreuz in ihrem Eingangsbereich aufhängen müssen.
Zwei ehemalige Schülerinnen eines staatlichen Gymnasiums in Bayern hatten gegen den sogenannten „Kreuzerlass“ der bayerischen Landesregierung geklagt. In dem heute (8. Juli) gefällten Urteil heißt es dazu: „Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit, mit dem Kruzifix konfrontiert.“
Grüne begrüßen Urteil gegen Kreuzerlass: Söder „missbraucht“ Kruzifix für seinen „Kulturkampf“
Die Landesvorsitzende der bayerischen Grünen, Gisela Sengl, begrüßt die Entscheidung des Gerichts. Gegenüber dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA sagte sie: „Unsere Verfassung sichert jedem Menschen die Freiheit zu, selbst zu entscheiden, ob und an was er glaubt.“ Die Religionsfreiheit in Deutschland sei ein „wesentlicher Baustein“ der Demokratie.
Dass Söder das Kreuz als Symbol des Christentums verpflichtend an öffentlichen Gebäuden anbringen ließ, hält Sengl für falsch. „Umso schlimmer ist, wie Markus Söder so ein wichtiges Symbol wie das christliche Kreuz für seinen Kulturkampf missbraucht. Statt als Ministerpräsident offen für alle in Bayern zu sein, spaltet und provoziert er.“ Deshalb sei die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts richtig. Denn so werde eine „klare Grenze“ formuliert.
„Trauerspiel“ – Linke werfen Söder Bruch mit der Religionsfreiheit vor
Dass es überhaupt ein entsprechendes Urteil im Kreuzerlass braucht, kann Martin Bauhof nicht nachvollziehen. „Es ist ein Trauerspiel, dass es immer wieder Gerichtsurteile braucht, um in Bayern die Grundrechte durchzusetzen“, erklärte der Landessprecher der Linken in Bayern gegenüber unserer Redaktion. Immer wieder unterlaufe die bayerische Staatsregierung die Religionsfreiheit. „Entsprechend begrüßen wir das heutige Urteil und fordern Ministerpräsident Söder auf, endlich alle Vorschriften, Kreuze in Schulen und Behörden aufzuhängen, zu beseitigen“, so Bauhof.
Der Kreuzerlass von Markus Söder
Im Jahr 2018 hat der damals frisch gewählte bayerische Ministerpräsident Markus Söder die Pflicht eines Kreuzes im Eingangsbereich öffentlicher Gebäude erlassen. Dazu zählten bislang auch staatliche Schulen. Trotz heftiger Kritik – sogar von den Kirchen, die Söder vorwarfen, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen – trat der Erlass im Juni 2018 in Kraft.
Söder selbst bezeichnete den Kreuzerlass damals auf X als „Bekenntnis zu unserer bayerischen Identität und christlichen Werten“. Er selbst habe direkt nach der Sitzung, in der die neue Regelung beschlossen wurde, ein Kreuz im Eingang der Staatskanzlei aufgehängt.
Nach der Verabschiedung der Kreuz-Pflicht wurden sogar kritische Stimmen aus der katholischen Kirche selbst laut. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung erklärte Kardinal Reinhard Marx 2018: „Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden.“ Der Erzbischof von München und Freising sagte damals weiter, dass das Kruzifix „im Namen des Staates enteignet“ werden würde.
Urteil gegen Söders Kreuzerlass – CSU sieht Kruzifix in Schulen trotz Gerichtsentscheid nicht in Gefahr
Die CSU will die gerichtliche Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in dem Fall der beiden ehemaligen Schülerinnen respektieren. „Gerichtliche Entscheidungen sind zu respektieren – das gilt selbstverständlich auch in diesem Fall. Der Rechtsstaat lebt vom Vertrauen in seine Institutionen. Dennoch bedauere ich die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs“, heißt es in einer Pressemitteilung des CSU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Klaus Holetschek. „Bayern ist ein Land der Vielfalt und der Toleranz – aber Bayern ist eben auch ein Land mit christlich-abendländischer Prägung. Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“

Holetscheck betonte in seiner Stellungnahme jedoch, dass es sich bei der Gerichtsentscheidung vom 8. Juli um einen Einzelfall handele. Der Verwaltungsgerichtshof stelle die Entscheidung zum Anbringen von Kreuzen in staatlichen Gebäuden nicht grundsätzlich infrage. „Daraus ergibt sich keine Notwendigkeit, allgemeine Vorschriften oder Verwaltungsregelungen zu ändern.“
Für die CSU sei klar: „Das Kreuz gehört zu Bayern. Es ist Ausdruck unserer Geschichte, unserer Werte und unserer Identität. Es steht nicht gegen andere Glaubensrichtungen, sondern ist ein Symbol, das verbindet. Deshalb halten wir am Grundsatz fest, dass der Freistaat Bayern mit dem Kreuz sichtbar seine Werte und seine Prägung zum Ausdruck bringt. Wir werden das Urteil nun genau auswerten.“ (nhi)