In seiner letzten Amtszeit hat er noch einiges vor: Münsings Bürgermeister im Interview
Münsings Rathauschef Michael Grasl hat in seiner letzten Amtszeit noch einiges vor. Denn auch 2024 warten auf die Gemeinde neue Herausforderungen. Welche genau, das verrät Grasl im Interview.
Münsing – „Es war das gefühlt schwierigste Jahr meiner Amtszeit“, blickt Münsings Bürgermeister Michael Grasl (56, Freie Wähler) auf 2023 zurück. Der dickste Brocken Arbeit, der Bau des Bürgerhauses mit Rathaus, nähert sich seinem – guten – Ende. Aber 2024 warten neue Herausforderungen, allen voran der Umbau des jetzigen Rathauses in ein Haus des Kindes sowie die Schaffung von Kindergarten- und Krippenplätzen. Wir sprachen mit Grasl über die aktuellen „Baustellen“, über die Flüchtlingsproblematik und die Diskussionskultur im Gemeinderat.
Münsings Bürgermeister im Interview: 2023 „war das gefühlt schwierigste Jahr meiner Amtszeit“
Herr Grasl, im Laufe des Monats Februar will die Gemeindeverwaltung ins neue Rathaus umziehen. Sind die Kartons gepackt, ist Ihr neues Büro vielleicht sogar schon eingerichtet?
Der Innenausbau ist sehr zeitaufwendig, aber ein Einzug Ende Februar ist das Ziel. Mein Büro ist noch nicht eingerichtet. Dass der Umzug etwas später als ursprünglich geplant erfolgt, ist für die Verwaltung kein Problem. Man muss betonen, dass wir ohne unseren technischen Fachberater (Peter Hacker, Anm. d. Red.), unsere engagierten eigenen Leute und die heimischen Firmen vielleicht erst im Herbst fertig gewesen wären und den Kostenrahmen von etwa 22 Millionen Euro auch nicht hätten einhalten können.
Was gefällt Ihnen besonders im neuen Bürgerhaus mit Rathaus?
Die klare, freundliche und offene Architektur, die zeitgemäß und gleichzeitig sehr komplex und technisch anspruchsvoll ist, wird allseits gelobt. Für die Handwerker war und ist das eine Herausforderung. Das Bürgerhaus wird eine echte Adresse, da bin ich mir sicher. Mir persönlich gefällt vieles in dem Gebäude. Der Sitzungssaal im Norden mit Blick zur Kirche hat eine hohe Aufenthaltsqualität. Der Pausenraum im Süden mit Blick auf die Alpenkette gehört zu den schönsten Räumen – das war so gewollt. Mein Büro auf der Westseite wird etwas größer sein als das bisherige. Außerdem habe ich einen großen Besprechungstisch. Ein riesiger Vorteil ist, dass es nicht mehr so hellhörig ist wie jetzt. Ich freue mich auf jeden Fall auf den Einzug.
Neues Bürgerhaus mit Rathaus in Münsing: „Für Handwerker war und ist das eine Herausforderung“
Im Frühjahr soll der Veranstaltungssaal für bis zu 450 Besucher, das anfangs wegen seiner Größe umstrittene Herzstück des Bürgerhauses, eröffnet werden. Ist eine Einweihungsfeier geplant?
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Ja, wobei die Details erst in den nächsten Wochen festgelegt werden. Ich möchte hier den Gemeinderat aktiv einbinden. Das ist ein Thema für alle, ebenso wie die Benennung des Saals. Dazu werden derzeit Ideen gesammelt, wir haben schon ungefähr 30 Vorschläge. Es soll ein Name sein, der zu Münsing passt und der sich einprägt. Ich bin übrigens überzeugt, dass dann niemand mehr den Saal und die Tiefgarage viel zu groß und „monströs“ finden wird.
Das Jahresprogramm sollte ja bereits grob feststehen, da renommierte Künstler schnell ausgebucht sind. Können schon ein, zwei Höhepunkte verraten werden?
Wir brauchen besonders am Anfang Fachleute, die uns bei der Belebung des Veranstaltungssaals mit professionellen Künstlern unterstützen. Da stehen wir noch in Verhandlungen. Feste, Konzerte und Theateraufführungen unserer Vereine sowie Kongresse und Tagungen organisiert die Gemeinde selber. Erste Höhepunkte stehen fest. Am 27. April gastiert Luise Kinseher auf Einladung des Sportvereins Münsing, und die Konzertwertungsspiele der Musikkapelle Münsing sind für den 20./21. April geplant. Das ist Laienmusik auf höchstem Niveau. Weitere Veranstaltungen werden folgen. Das Programm ist in Arbeit. Ich wünsche mir, dass man uns etwas Zeit gibt und uns Anfangsfehler nachsieht. Die Perfektion wird es nirgends geben, wenn ein neues Haus eröffnet wird.
In Münsing wird 2024 viel gefeiert: Jubiläen von Feuerwehren und Musikkapelle
Stichwort Veranstaltungen: In Münsing wird 2024 viel gefeiert: 150 Jahre Feuerwehr Ammerland mit Einweihung des neuen Hauses im Juni, 150 Jahre Feuerwehr Degerndorf ebenfalls im Juni, 170 Jahre Musikkapelle Münsing mit Bezirksmusikfest im Juli und Ochsenrennen im September. Gibt es eine Schmerzgrenze beim Ochsenrennen? Vor acht Jahren kamen an die 15 000 Zuschauer.
Das Ochsenrennen fordert und fördert die Gemeinde als örtliche Sicherheitsbehörde sehr stark. Aber wir werden wieder von Polizei, Feuerwehr und BRK unterstützt. Vereine und Bevölkerung helfen sicher auch wieder mit. Für mich persönlich liegt bei 10 000 Gästen eine Schmerzgrenze. Münsing ist keine Stadt, die so etwas locker bewältigt, und wir haben dafür keine feste Infrastruktur wie Park- und Festplätze oder eine ganze Veranstaltungsabteilung. Die Gemeinde kann sich nur optimal vorbereiten, hat aber auf Faktoren wie Wetter oder Vernunft der Gäste keinen Einfluss. Es soll ein schönes Fest werden und bitte nichts passieren. Ich bin kein Fan von ständigen Rekorden.
Was wird die Verwaltung neben dem Betrieb des Bürgerhauses heuer am stärksten beschäftigen?
Das werden sicherlich die vielen begonnenen Verfahren und Projekte wie zum Beispiel der Hochwasserschutz für Ammerland oder die Neugestaltung des Riedwegs sein. Das Thema Gewerbe wird uns beschäftigen, insbesondere die Abwägung zur geplanten Erweiterung der Firma Agrobs in Degerndorf. Am meisten Arbeit aber wird der Planungsprozess zum Umbau von Rathaus und Gemeindesaal machen. Wir dürfen uns da nicht verzetteln.
Rathaus in Münsing soll in „Haus des Kindes“ umgebaut werden - Weitere Räume für Grundschule
Das Rathaus soll in ein „Haus des Kindes“ umgebaut werden, die Grundschule dort weitere Räume erhalten. Weil Kindergarten- und Krippenplätze fehlen, hat sich der Gemeinderat für den Umbau des Gemeindesaals zu einer Kinderkrippe entschlossen, sofern das technisch und finanziell möglich ist. In der Diskussion wurde deutlich, dass manche das als Notlösung betrachten. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Wenn mir jemand eine bessere Lösung sagt, bin ich dafür offen. Den Schulgarten wollte der Gemeinderat ja nicht beschneiden. Irgendwann muss man entscheiden und ein Ziel verfolgen. Beschlossenes umzuschmeißen, ist teuer und wenig zielführend. Ich bin immer dafür, konsequent zu marschieren, sobald man mal entschieden hat. Es kann allerdings sein, dass die Fachleute den Gemeindesaal für ungeeignet halten. Dann bleibt eventuell doch nur noch ein Krippenneubau im Schulgarten.
2023 war kein einfaches Jahr. Man hat Sie angezeigt wegen angeblicher Bestechlichkeit in einer Bauangelegenheit, es gab Kritik an den Erweiterungsplänen der Firma Agrobs, und die Sanierung des Degerndorfer Weihers hat sich erheblich verteuert. Hat all das bei Ihnen Spuren hinterlassen?
Das Jahr 2023 war das bisher schwierigste seit meinem Amtsantritt vor 19 Jahren. Das stelle ich ganz neutral fest, ohne Jammern. Die Arbeitsbelastung, eine von manchen erwartete Allzuständigkeit und die persönlichen Angriffe sind natürlich nicht spurlos an mir vorübergegangen. Ich habe das auch gesundheitlich gespürt. Zu der Anzeige möchte ich mich nicht mehr äußern, dazu ist alles gesagt und auch geklärt. Das Bebauungsplanverfahren für die Firma Agrobs wird uns noch eine Weile beschäftigen. Unser Ziel ist eine gerechte Abwägung von unternehmerischen Interessen und Landschaftsschutz. Verhindern können wir die Firmenerweiterung nicht. Es muss nur für alle verträglich ablaufen und es muss rechtlich einwandfrei sein. Ein Einfrieren des Bestands ist unrealistisch. Bisher sind wir mit gesundem Wachstum gut gefahren. Auch auf der Einnahmenseite bei den Steuern. Das muss man auch mal sehen, und davon konnte bei uns auch wieder investiert werden. Wer keine Veränderungen will, muss dann auch akzeptieren, dass wir eine Schlafgemeinde werden und uns mangels Steuerkraft keine Projekte für Kultur, Sport, Wohnraum oder Infrastruktur leisten können. Dann sage ich: „Gute Nacht, Münsing“. Wir leben übrigens auch vom Tourismus, der aber bei manchen leider auch nicht willkommen ist, weil er den privaten Wohnfrieden mal für ein paar Wochen etwas beeinträchtigt. Kann ich nicht nachvollziehen.
Das Jahr 2023 war das bisher schwierigste seit meinem Amtsantritt vor 19 Jahren. Das stelle ich ganz neutral fest, ohne Jammern.
Kritisch wird von einigen Münsinger Bürgern die vom Landratsamt in Bad Tölz geplante Flüchtlingsunterkunft für bis zu 94 Menschen im Gewerbegebiet Am Schlichtfeld gesehen.
Der Bauantrag ist genehmigt, doch wann gebaut wird, wissen wir nicht. Deshalb hat es auch wenig Sinn, jetzt schon eine Informationsveranstaltung durchzuführen, wie von manchen gefordert. Es kann auch sein, dass die Nachbarn gegen das Vorhaben klagen. Wir sind nicht Bauherr und auch nicht Betreiber. Wir sind Getriebene einer Entwicklung, die auf anderen Ebenen zu steuern ist und sind doch die Kümmerer vor Ort an der Basis.
Wie viele Geflüchtete leben aktuell im Gemeindesaal?
Im Moment leben dort 18 junge Männer aus der Türkei. Etwa noch einmal so viele sollen folgen. Sie sind sehr ruhig und selbstständig, teilweise arbeiten sie. Der Helferkreis Asyl kann und braucht sich deswegen nur bedingt kümmern, und die Polizei schaut regelmäßig vorbei.
Hitzige Debatten im Münsinger Gemeinderat - Bürgermeister wünscht sich „gute Diskussionskultur“
Die Debatten im Gemeinderat waren in der Vergangenheit oft hitzig und zermürbend. Was sollte 2024 besser laufen?
Ich wünsche mir eine gute Diskussionskultur im Gemeinderat, das heißt sachliche, faire und nicht entwertende Beiträge. Privatgespräche stören ebenso wie ständige Wiederholungen und Schaufensterreden. Mir ist eine ehrliche Handwerkermeinung genauso recht wie die Meinung eines Akademikers – aber ich erwarte von jedem gewählten Mandatsträger eine gewisse Gesprächskultur. Unsere Gesellschaft scheint auf anderen Ebenen zunehmend zu verrohen. Das wünsche ich mir nicht für unser Gremium und auch nicht für unsere Gemeinde. Miteinander reden statt übereinander wäre wünschenswert. Das Gemeinwohl dabei im Auge zu haben, wäre natürlich noch besser, statt wie in den letzten Bürgerversammlungen fast nur zu klagen. Dafür geht es uns viel zu gut, sofern man das erkennen will.
Haben Sie privat gute Vorsätze fürs neue Jahr gefasst?
Ich muss zwangsläufig mehr auf die Gesundheit achten und mit Frischluft und Musik den Alltag ausgleichen. Dazu positive Leute in meinen Vereinen und im Freundeskreis, das braucht jeder.
Letzte Amtszeit von Bürgermeister Grasl - Ein potenzieller Nachfolger ist ihm noch nicht bekannt
Sie haben schon 2019 erklärt, bei der Bürgermeisterwahl 2026 nicht mehr anzutreten. Gibt es einen potenziellen Nachfolger, den Sie aufbauen?
Nein, mir ist noch nichts bekannt. Auch muss ich niemanden „aufbauen“, wie in einem Verein oder einer Firma, sondern kann nur motivieren. Es gibt nämlich auch schöne Seiten in diesem Amt. Über die Kandidatenfrage denke ich schon manchmal nach. Ich möchte ein geordnetes Haus übergeben und Münsing in guten Händen wissen. Daran liegt mir sehr viel. Allerdings ist es wohl noch zu früh, sich als Kandidatin oder Kandidat zu outen. Ich gehe davon aus, dass sich die Parteien und Wählergruppen langsam mal Gedanken über das Thema machen.
Und was werden Sie ab 2026 beruflich machen?
Ich habe mich noch nirgends beworben (lacht). Aber ich habe einige Ideen. Mit Sicherheit werde ich mich nicht für ein Gremium aufstellen lassen, um dort als graue Eminenz im Hintergrund weiterhin mitzumischen. Das Kapitel Politik ist für mich ab 2026 abgeschlossen.
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