„Helfen uns einfach selbst“: Wie ein bayerisches Unternehmen das Busfahrerwunder schafft

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Glücklich im neuen Beruf: 30 Jahre lang hat Armin Schäfer Baumaschinen auf der ganzen Welt verkauft. Seit 2020 fährt er Linienbusse für den RVO – und hat den Wechsel nicht bereut. © THOMAS PLETTENBERG

Noch vor einem Jahr war die Personalsituation beim RVO extrem schwierig. Mittlerweile sieht es besser aus. Niederlassungsleiter Ralf Kreutzer setzt auf Quereinsteiger, denen der Führerschein bezahlt wird. Mit Erfolg.

Landkreis – „Machen ist wie wollen, nur krasser“, meint Kreutzer und lacht. Sicher, dem RVO fehlen nach wie vor zwölf Busfahrer, um alle freien Stellen besetzen zu können. Aber die Lage ist deutlich entspannter als noch vor ein oder zwei Jahren. Damals stand das Unternehmen angesichts zahlreicher unbesetzter Stellen und eines hohen Altersdurchschnitts in der Belegschaft vor immensen Herausforderungen.

„Allein im Oktober fangen wieder vier Quereinsteiger bei uns an“, so der RVO-Niederlassungsleiter. Die neuen Mitarbeiter bekommen nicht nur den Busführerschein bezahlt, sie beziehen, während sie die Fahrschule besuchen, auch ganz regulär Gehalt. Das sei schon eine immense Investition für das Unternehmen, stellt Kreutzer klar. Rund 12 000 Euro kostet der Führerschein, rechnet man noch die Lohnkosten dazu, investiert der RVO in jeden Quereinsteiger rund 20 000 Euro.

„Quereinsteiger sind teuer, aber hier verwurzelt und kennen sich aus“, sagt Kreutzer. Aber natürlich suche man auch weiter nach ausgebildeten Busfahrern, die hier sesshaft werden wollen. Da bestehe allerdings oftmals das Problem, dass es an Wohnraum für die Bewerber mangele. Man habe deswegen einen Aufruf an die Kommunen im Oberland gestartet und damit Erfolg gehabt. „Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan hat mich angerufen und dabei geholfen, dass zwei Busfahrer von uns in Wohnungen der Stadt untergekommen sind“, berichtet der Niederlassungsleiter. Deswegen könnten derzeit alle Busse in Penzberg fahren.

Probleme bei Schienenersatzverkehr ohne Vorwarnung

Dennoch waren die vergangenen Wochen und Monate für den RVO anstrengend, räumt Kreutzer ein. Insbesondere bei der Absicherung des Schienenersatzverkehrs war oft laute Kritik zu hören gewesen. „Wir stehen da ganz am Ende der Nahrungskette“, so der RVO-Niederlassungsleiter. Bei geplanten Streckensperrungen wie der zwischen Weilheim und Geltendorf bleibe genügend Zeit, um alles vorzubereiten. Dann könne auch versucht werden, Fremdfirmen in den Schienenersatzverkehr einzubinden, wenn die eigenen Kapazitäten nicht ausreichen.

„Ganz schwierig“ werde es allerdings, wenn kurzfristig aufgrund von Havarien Zugstrecken gesperrt werden wie zwischen Peißenberg und Schongau. Hier hatte ein Biber den Bahndamm untergraben (wir berichteten). „Da blieb uns exakt null Vorbereitungszeit“, so Kreutzer. Man verfüge zwar über ein gutes Netzwerk an Partnerfirmen, gleichwohl brauchen auch die einige Zeit, um den Einsatz zu organisieren. „Es konnte auch niemand sagen, wie lange die Strecke gesperrt wird. Das ist schwierig, wenn man auf externe Hilfe setzt. Denn die wollen schon wissen, wie lange sie benötigt werden.“ Dass gleichzeitig auch noch das erste Wiesn-Wochenende und der Schuljahresbeginn liefen, habe die Lage nicht eben erleichtert.

MVV-Vorbereitungen laufen reibungslos

Neben all dem Stress im Tagesgeschäft laufe parallel auch noch die Vorbereitung auf den Beitritt des Landkreises Weilheim-Schongau zum MVV-Tarifgebiet zum Jahreswechsel. „Wir konnten mit Bad Tölz und Miesbach schon üben und Erfahrungen sammeln“, so Kreutzer. Deswegen sei die Zusammenarbeit mit dem MVV reibungslos, „eng und kameradschaftlich“. Wer jetzt Angst habe, dass er ab dem 1. Januar nicht mehr seine gewohnte Linie mit den bekannten Fahrern vorfinde, der täusche sich: „Das einzige, was sich ändert, sind die Liniennummern. Und der Umstand, dass durch den MVV dann ein einheitlicher Tarif und eine einheitliche Vermarktung möglich ist, die es für die Bürger deutlich einfacher macht.“

Auch für den RVO selbst ändere sich vorerst gar nicht mehr so viel. Die Linien, die man bislang eigenwirtschaftlich befahren habe, werde man, solange die Konzessionen noch laufen, auch weiter in Eigenregie betreiben. Wie es nach Auslaufen der Verträge mit den eigenwirtschaftlich betriebenen Linien weitergeht, vermag Kreutzer allerdings noch nicht zu sagen.

Umdenken bei eigenen Linien

„Die Zeiten dafür sind aber eigentlich vorbei“, räumt er ein. Löhne, Fahrzeuge, Ersatzteile, Diesel – die Preisspirale dreht sich unaufhörlich, was es schwierig bis unmöglich mache, Linien profitabel zu betreiben: „Das ist allerdings eine allgemeine Entwicklung, die nichts mit dem MVV-Beitritt zu tun hat.“

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