Drosten erklärt falsche Corona-Maßnahme – „Hätten drei bis vier Wochen alles dichtmachen sollen“
Christian Drosten, Deutschlands bekanntester Virologe, zieht Bilanz über die Corona-Maßnahmen. Eine Entscheidung hält er rückblickend für falsch.
München – Lockdown, Impfungen, Maskenpflicht: Die damals ergriffenen Corona-Maßnahmen sind bis heute Gegenstand von Diskussionen unter Experten und Laien. Christian Drosten, einer der bekanntesten Virologen, hat in einem Podcast seine Einschätzungen zu den damaligen Regelungen zur Hochphase der Coronavirus-Pandemie geteilt – und dabei auch aufgezeigt, welche Maßnahme seiner Meinung nach falsch war.
Laut Drosten wäre ein „Wellenbrecher-Lockdown“ zur Eindämmung von Corona sinnvoll gewesen
Im Podcast „Jung und naiv“ betonte der Institutsleiter der Berliner Charité „Wir sollten die politischen Handlungen als auch die wissenschaftlichen Aussagen durchaus auf den Prüfstand stellen“. Hierzu zählte er auch den Lockdown im Herbst 2020. In dieser Zeit entschieden sich Bund und Länder für einen Teil-Lockdown, bei dem Gaststätten schließen mussten, nur zwei Haushalte sich treffen durften und touristische Übernachtungsangebote verboten wurden. Schulen, Kitas, Arbeitsplätze und der Einzelhandel blieben jedoch geöffnet. Viele Fachleute verteidigten diese Maßnahme.
Drosten ist jedoch der Ansicht, dass ein „Wellenbrecher-Lockdown“, der eine vollständige Isolation und Schließung aller Bereiche beinhaltet hätte, sinnvoller gewesen wäre: „Dass man mal drei bis vier Wochen alles dichtmacht. Und danach machen wir alles wieder auf, egal was passiert. Und das ist jetzt beschlossen. Präzise.” Diese Maßnahme wurde in mehreren Ländern diskutiert, aber nirgendwo umgesetzt. „Man hätte damit mit Sicherheit mehr bewirkt als damit, was dann in Deutschland passiert ist: ein Aufweichen des politischen Konsensus durch Einflüsterungen von allen möglichen Seiten“, kritisiert der Virologe.
Rückblickend fand die meiste Übertragung in Schulen und am Arbeitsplatz statt, so Drosten. In den Wochen nach Beginn des Teil-Lockdowns gab es täglich etwa tausend Todesopfer. „Das war ja eine ziemlich schlechte Erfahrung in der deutschen Pandemie-Kontrolle.“ Daher hätte es seiner Meinung nach durchaus Sinn gemacht, auch diese Bereiche für kurze Zeit zu schließen. Besonders Kinder, obwohl Schulen und Kitas nur vergleichsweise kurz geschlossen waren, zählen zu den Verlierern der Corona-Pandemie.
Wurde bei uns mehr über Corona-Maßnahmen diskutiert?
In Deutschland wurde intensiver und kontroverser über Maßnahmen während der Corona-Pandemie diskutiert als in anderen Ländern, so Drosten. Die Gefahr war für viele Menschen nicht offensichtlich. In Ländern mit hoher Sterblichkeit in der ersten Welle hätten die Menschen dagegen „einfach verstanden, wie gefährlich das war“.
Trotzdem verteidigt Drosten die meisten Corona-Regeln im „Jung und naiv“-Podcast. Er betont, dass Impfungen entscheidend waren, um das tödliche Virus einzudämmen. Die Impfung bot Fremdschutz, indem sie vor einer Weitergabe schützte. Daher freute sich Drosten über eine hohe Impfquote. Argumente gegen die Wirkung der Impfungen sind laut dem Experten „wissenschaftlich falsch“. Allerdings rücken immer mehr mögliche Langzeitfolgen der Corona-Impfungen in den Fokus.
Schwere Corona-Verläufe sind inzwischen deutlich seltener
Und wie geht es mit Corona weiter? „Covid ist immer noch keine normale Erkältung“, sagt Drosten. „Viele Patienten fühlen sich sehr krank, wenn sie infiziert sind.“ Neue Corona-Varianten sind deutlich ansteckender. Die Sterblichkeit hat sich jedoch aufgrund der Immunität durch Impfungen und überstandene Infektionen deutlich verringert und ist nun etwa so hoch wie bei der Grippe.
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Laut Robert Koch-Institut (RKI) gibt es inzwischen deutlich seltener schwere Covid-19-Verläufe als noch in den Jahren 2020 und 2021. Betroffen sind laut Carsten Watzl von der TU Dortmund meist Menschen, die wegen einer Vorerkrankung oder einer Organtransplantation ein schwaches Immunsystem haben. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Menschen ab 60 Jahren und Erwachsenen mit Grunderkrankungen, sich jeweils im Herbst eine Corona-Auffrischungsimpfung zu holen. (tt/dpa)