Krankenhaus absichtlich bombardiert? Einsatz von Marschflugkörpern zeigt brutale Putin-Taktik

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Schreckliche Bilder vom zerstörten Kinderkrankenhaus in Kiew gehen um die Welt. Alarmierend: Die ukrainische Luftabwehr gerät gegen eine russische Taktik an Grenzen.

Kiew – Es ist das mutmaßlich nächste Kriegsverbrechen des Regimes von Kreml-Autokrat Wladimir Putin. Russland hat im Ukraine-Krieg offenbar gezielt ein Kinderkrankenhaus in Kiew bombardiert.

Luftangriff auf Kinderkrankenhaus in Kiew: Moskau weist Verantwortung von sich

Stand Dienstagvormittag (9. Juli, 10.45 Uhr) wurden bei dem heimtückischen russischen Luftangriff auf das ukrainische Kinderkrankenhaus 27 Menschen getötet, darunter sollen vier Kinder gewesen sein. Ferner wurden nach ukrainischen Angaben mindestens 117 Menschen verletzt.

Moskau hat inzwischen die Verantwortung für das brutale Bombardement von sich gewiesen. Im sozialen Netzwerk X kursieren derweil Videos von der Attacke. Sie sollen belegen, wie zwei mutmaßlich russische Marschflugkörper CH-101 wohl gezielt in der Klinik in der ukrainischen Hauptstadt einschlagen.

Eine russische Tupolew Tu-95MCM entkoppelt zwei Marschflugkörper vom Typ CH-101. (Symbolfoto)
Eine russische Tupolew Tu-95MCM entkoppelt zwei Marschflugkörper vom Typ CH-101. (Symbolfoto) © IMAGO / ITAR-TASS

Bombardement auf ukrainisches Kinderkrankenhaus: Gezielter russischer Angriff?

Reihenweise haben ukrainische Militär-Blogger Screenshots von den Aufnahmen aus Kiew gemacht, um zu belegen, dass es sich bei den eingesetzten Lenkwaffen um Ch-101-Marschflugkörper gehandelt hat. Denn: Ihr Einsatz dokumentiert wohl eine besonders brutale Taktik von Putins Regime, wenn das von Moskau angezettelte Blutvergießen überhaupt noch Steigerungen zulässt.

Konkret: Die Funktionsweise samt der Zielsteuerung der Marschflugkörper lassen darauf schließen, dass die russische Invasionsarmee das Kinderkrankenhaus in der Ukraine mutmaßlich gezielt angegriffen hat. Ein Hinweis darauf: Die Marschflugkörper sind bei ihrem bis zu 970 km/h schnellen Zielanflug an ein GPS-Satellitennavigationssystem gekoppelt. Sie werden also gesteuert und sind nicht etwa freifallend unterwegs wie die russischen Gleitbomben FAB-500 und KAB-500.

Ch-101-Marschflugkörper
Waffentyp: luftgestützter Marschflugkörper mit Tarnkappentechnik
Indienststellung: 2013
Länge / Durchmesser: 7,0 m / 0,75 m
Reichweite: geschätzt bis zu 4000 km
Gefechtskopf: 400-kg-Splittergefechtskopf

Russland-Luftangriff auf Kinderkrankenhaus: Offenbar mit Lenkwaffe Ch-101

Ferner kommt laut der sicherheitspolitischen britischen Fachzeitschrift Jane‘s International Defence Review ein optischer Otblesk-U-DSMAC-Suchkopf zum Einsatz, der das angeflogene Gelände mit zuvor eingespeicherten Daten vergleicht. Heißt: Die Zielkoordinaten werden als Daten in die Elektronik der Marschflugkörper eingespeist und mittels eines Gelände-Kontur-Abgleichs gegegebenenfalls beim Zielanflug korrigiert. Ein Navigationsradar kontrolliert dafür während der Flugroute die Wegepunkte des Ch-101. Kontrolliert wird also, ob das wuchtige Geschoss von sieben Metern Länge und mit seinem 400-kg-Splittergefechtskopf auch wirklich auf dem Weg ins eingegebene Ziel ist.

Das bedeutet: Mehrere Beteiligte aus der russischen Armee mussten den Marschflugkörper in das vorgegebene Ziel navigieren. Es stellt sich damit die Frage: Wussten die beteiligten russischen Soldaten, dass sie da gerade ein Kinderkrankenhaus bombardieren, und nicht ein militärisches Ziel?

Luftangriffe auf die Ukraine: Tödliche Fracht wurde wohl bereits über Russland abgefeuert

Entkoppelt werden die Marschflugkörper von gewaltigen (und teils sehr alten) russischen Bomber-Flugzeugen Tu-22M3, Tu-95MSM und Tu-160, und zwar aus einer angeblichen Reichweite von bis zu 4000 Kilometern. Dies macht die Luftverteidigung gegen die Trägerflugzeuge fast unmöglich, weil sie ihre tödliche Fracht wohl in Russland selbst abfeuern, ohne dabei den ukrainischen Luftraum überhaupt zu überfliegen.

Während das Bombardement von Kiew international massiv verurteilt wird, fällt im Zusammenhang mit den ersten Lieferungen von F-16-Kampfjets an die ukrainischen Streitkräfte auf, dass sich die Kämpfe um den Luftraum über dem geschundenen Land aktuell wieder deutlich verschärfen.

Ukraine-Krieg: Kiew soll mehr Patriot-Flugabwehrsysteme bekommen

Zwei Beispiele: Während die Ukrainer angeblich einen russischen Überschallbomber Tupolew Tu-22M stehlen wollten, haben die Russen offenbar Putins modernstes Flugabwehrsystem S-350 Witjas in Richtung Front gebracht. Parallel stellt sich die Frage, warum die ukrainische Luftabwehr die heimtückische Attacke von Kiew nicht verteidigen konnte. Offenbar griffen die Russen die ukrainische Hauptstadt mit mehreren Raketenwellen an und banden so die Flugabwehr, ehe die Marschflugkörper verheerend einschlugen.

Beim aktuellen Nato-Gipfel in Washington (9. bis 11. Juli) soll es deshalb auch darum gehen, welche Staaten den Ukrainern mehr Patriot-Luftabwehrsysteme liefern können. Aktuell sollen im ganzen Land verteilt fünf Patriot-Systeme mit mehreren Abschussrampen für Boden-Luft-Raketen stehen. Drei dieser kompletten Systeme kamen aus Deutschland sowie zwei aus den USA. Zuletzt kündigten die Niederlande und Rumänien an, je ein Patriot-System bereitzustellen.

Der Kreml verbreitet unterdessen seine eigene Version vom Angriff auf das Kiewer Kinderkrankenhaus, und wird auch von deutschen Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen bei der Verbreiteung von Fake News unterstützt. (pm)

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