Rufe nach schärferem Gesetz: So viel Schusswaffen sind im Landkreis registriert
Der Amoklauf in Graz hat auch in Deutschland die Debatte um ein schärferes Waffengesetz neu entfacht. Wie viele Waffen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen registriert sind, weiß die Kreisbehörde.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Der Amoklauf an einem Gymnasium im österreichischen Graz forderte zehn Todesopfer. Der Täter richtete sich selbst. Der 21-Jährige besaß offenbar legal eine Schrotflinte sowie eine Pistole der Marke Glock. Im Nachbarland ist der Erwerb von Waffen deutlich einfacher als in Deutschland. Relativ weit verbreitet sind sie hierzulande trotzdem, die Bluttat in der Alpenrepublik hat die Debatte über eine Verschärfung des Waffengesetzes neu entfacht. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sind aktuell 20 734 Waffen registriert, teilt Sabine Schmid, Pressesprecherin des Landratsamts, auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Ruf nach schärferem Gesetz: So viel Schusswaffen sind im Landkreis registriert
Wer in Deutschland eine Waffe besitzen will, muss im internationalen Vergleich strikte Voraussetzungen erfüllen. Geregelt wird das Waffenrecht im Waffengesetz. Das unterscheidet zwischen der Waffenbesitzkarte (WBK) und dem sogenannten großen Waffenschein, der dazu berechtigt, eine Schusswaffe in der Öffentlichkeit zu führen. Wer eine Schusswaffe legal bei einem zugelassenen Händler erwerben will, benötigt mindestens eine WBK. Die besaßen Ende vergangenen Jahres 3441 Bürger im 130 248 Einwohner zählenden Landkreis, in erster Linie Jäger und Sportschützen. Darüber hinaus verfügten im Dezember 947 Personen zwischen Icking und Jachenau über einen kleinen Waffenschein. Der ist Voraussetzung für den Erwerb von Schreckschuss-, Signal- und Reizstoffwaffen.
Antragsteller muss Eignung und Sachkunde nachweisen
Die WBK-Vorschriften sind streng. Der Antragsteller muss mindestens 18 Jahre alt sein, er muss seine Zuverlässigkeit, seine Eignung und Sachkunde nachweisen. Darüber hinaus muss er gegenüber der Waffenbehörde am Landratsamt schlüssig begründen, warum er die „waffenrechtliche Erlaubnis“ beantragt, so Pressesprecherin Schmid. Beispielsweise, weil er Jäger, Sport-, Brauchtumsschütze oder Waffensachverständiger ist. Schmid betont: „Bei der Waffenbesitzkarte gibt es verschiedene Bedürfnisse, je nach Bedürfnis müssen weitere Voraussetzungen zur Erteilung einer solchen Erlaubnis gegeben sein.“
Private Waffenverkäufe müssen dem Landratsamt gemeldet werden
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Private Verkäufe sind nur unter WBK-Inhabern zulässig und müssen dem Landratsamt gemeldet werden. „2024 wurden der Waffenbehörde 1765 Erwerbe und 1104 Waffenüberlassungen von Privatpersonen angezeigt“, bilanziert Schmid. Die Meldungen betreffen nach ihren Worten An- und Verkäufe zwischen zwei Privatpersonen, „aber auch zwischen Privatpersonen und Waffenhändlern beziehungsweise -herstellern“. Eine gesonderte Statistik, die den Verkauf von Schusswaffen zwischen zwei Privatleuten explizit ausweist, gibt es nicht.
Ein großer Waffenschein wird nur in sehr spezifischen Fällen erteilt.
Auch einen sogenannten großen Waffenschein stellt das Landratsamt aus. Die Hürden sind extrem hoch. Als Antragsteller kommen fast nur Sicherheitsdienste, Personenschützer und besonders gefährdete Frauen und Männer in Frage. Aus diesem Grund „besitzen in unserem Zuständigkeitsbereich derzeit nur zwölf Personen einen solchen Waffenschein“, so die Behördensprecherin. Vor der Erteilung der Erlaubnis, eine scharfe Waffe in der Öffentlichkeit mitführen zu dürfen, werde die Eignung des Antragstellers vertieft geprüft. Zudem hole die Waffenbehörde Stellungnahmen ein – unter anderem beim Landeskriminalamt, der zuständigen Polizeiinspektion vor Ort sowie beim Zollkriminalamt. „Des Weiteren können Eintragungen im Bundeszentralregister der persönlichen Eignung entgegen stehen.“
Waffenbehörde holt Gefährdungsanalyse bei der Kriminalpolizei ein
Damit nicht genug: „Das Bedürfnis von Personen- und Objektschützern sowie gefährdeten Personen wird insbesondere durch Einholung einer Gefährdungsanalyse von der zuständigen Kriminalpolizeidienststelle durch das Landratsamt geprüft.“ Außerdem würden die Personen bei einem persönlichen Termin „in Augenscheinnahme genommen“. Kurzum: „Ein großer Waffenschein wird nur in sehr spezifischen Fällen erteilt.“
Angekündigte und unangekündigte Aufbewahrungskontrollen
Stichwort Kontrollen: „Es finden angekündigte und unangekündigte Aufbewahrungskontrollen statt, wobei unter anderem überprüft wird, ob alle Waffen vorhanden sind beziehungsweise diese sachgerecht aufbewahrt werden“, sagt Schmid. Liegen Missstände vor, kann die waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen werden. Vor zwei Jahren hatte das Landratsamt angekündigt, die Zahl der Kontrollen „deutlich“ erhöhen zu wollen. Schmid: „2023 wurde das Ziel von mindestens 18 Personenkontrollen erreicht. Aufgrund eines Personalwegfalls wurde diese Vorgabe 2024 leicht unterschritten.“ (cce)
„Schusswaffen aus Öffentlichkeit verbannen“
Die Bundesregierung will das Waffenrecht „weiterentwickeln“. CDU/CSU und SPD wollen „noch zuverlässiger“ sicherstellen, „dass insbesondere Extremisten oder Menschen mit ernsthaften psychischen Erkrankungen nicht legal Waffen besitzen“. Das ist im Koalitionsvertrag der drei Parteien zu lesen. Nach der jüngsten Tragödie im Nachbarland fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein noch strengeres Waffenrecht, „um Schusswaffen und Messer aus der Öffentlichkeit zu verbannen“. Auch für den Besitz von Schreckschusswaffen müsse künftig ein großer Waffenschein nötig sein, so GdP-Vorsitzender Jochen Kopelke. In Deutschland befinden sich gut fünf Millionen legale Schusswaffen in privatem Besitz. Von rund drei Millionen waffenrechtlichen Erlaubnissen sind knapp 872 000 sogenannte kleine Waffenscheine. (cce)