Russland positioniert sich in Afghanistan: „Taliban sind Verbündete im Kampf gegen Terrorismus“

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Russland wendet sich im Kampf gegen den Terrorismus an die Taliban, um den IS zu bekämpfen. Auch wirtschaftlich vergrößert Putin seinen Einfluss in Afghanistan.

Moskau – Im Kampf gegen den Terrorismus sucht sich Russland einen unwahrscheinlichen Verbündeten: die Taliban in Afghanistan. In einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Tass erklärte Dmitri Schirnow, russischer Botschafter in Afghanistan: „Die Taliban sind sicherlich unsere Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus. Sie versuchen, den Untergrund zu entwurzeln. Die Gefangenen werden in die Vororte von Kabul gebracht, in das größte Gefängnis des Landes, Pul-e-Charkhi und in Einzelhaft.“

Denn auch für die Taliban ist der Islamische Staat (IS) ein Feind. Zwar lehnen beide Terrorgruppierungen die westlichen Werte fundamental ab und wollen, dass eine Scharia das Leben auf allen Ebenen bestimmt, dennoch gibt es Unterschiede. Vor allem in religiöser Natur unterscheiden sich die beiden Gruppierungen. Während der IS auf der wörtlichen Auslegung des Korans und der Sunna aufbaut, sind die Taliban Hanafiten, die sich neben dem Koran und den Hadithen auch auf die Lehren des Abu Hanif beziehen, wie das Wissenschaftsmagazin Forschung & Lehre erklärt.

Der russische Präsident Wladimir Putin hört dem Leiter des russischen Föderalen Zolldienstes Pikalev während ihres Treffens in der Novo-Ogaryovo Staatsresidenz außerhalb von Moskau, Russland, zu.
Putin sucht Abnehmer für russisches Gas. Ein wichtiges Abkommen hat bislang ermöglicht, Gas über die Ukraine nach Europa zu liefern. © Vyacheslav Prokofyev/dpa

Russland verstärkt wirtschaftliche Beziehungen zu Taliban

Weiter lobte der russische Botschafter im Interview den Fortschritt der Taliban bei der Bekämpfung des Drogenhandels: „Fast alle Schlafmohnkulturen wurden vernichtet. Fünf Prozent übrig. Vielleicht weniger. Dies ist auf Satellitenbildern zu erkennen.“ Für den florierenden Heroinhandel in Afghanistan machte er den Westen verantwortlich, denn unter der amerikanischen Besatzung „wurde Afghanistan in eine globale Heroinfabrik verwandelt“.

Tatsächlich bestätigt auch die UN, dass die Produktion von Heroin in Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban um fast 95 Prozent eingebrochen sei, wie die Tagesschau berichtet. Seit dem Verbot der Taliban ist die Opium-Produktion von 6200 Tonnen vor dem Verbot auf 333 Tonnen eingebrochen. Das hat allerdings gravierende wirtschaftliche Folgen. Die afghanischen Landwirte brauchten legale und nachhaltige Alternativen zum Mohnanbau, äußerte sich Ghada Waly, Exekutivdirektorin des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung.

Russlands Botschafter plädiert für Fußballspiel zwischen Afghanistan und Russland

Russland scheint das allerdings als Chance zu nutzen, um ihren Einfluss im Land auch wirtschaftlich zu vergrößern. Botschafter Schirnow führte an: „Die Wirtschaftsbeziehungen nehmen zu, unser Handelsvolumen mit Afghanistan ist größer als mit vielen anderen Ländern. Unsere Exporte wachsen schneller.“ Seit dem Ukraine-Krieg ist Russland zunehmend vom Westen wirtschaftlich isoliert – und sucht sich neue Verbündete.

Afghanistan wäre nicht das erste islamische Land, das eine Zusammenarbeit mit Russland sucht. Der Iran unterstützt seit Beginn des Ukraine-Kriegs Russland mit Kriegsgerät wie den gefürchteten Shahed-Kamikazedrohnen, die immer wieder die ukrainischen Städte angreifen.

Auch kulturell ist Russland zunehmend vom Westen isoliert. Athleten bei den olympischen Spielen in Paris dürfen zum Beispiel nicht unter russischer Flagge teilnehmen. Ein Vorschlag Afghanistans: ein Fußballspiel zwischen der russischen und afghanischen Mannschaft. Schirnow griff den Vorschlag auf und erwiderte: „Was für eine interessante Idee! Unsere Mannschaft hat noch nie gegen die afghanische Mannschaft gespielt.“ (sischr)

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