Beim "Bauchhirn" denken viele vielleicht reflexartig " Das ist doch wieder so ein esoterisches Hirngespinst der Ernährungsapostel". Aber nein, das ist es nicht - sondern es ist ein faszinierender organischer Teil von uns: Dieses hochkomplexe Geflecht aus über 100 Millionen Nervenzellen in Ihrer Darmwand arbeitet weitgehend autonom – quasi als eigenständiges, kleines Gehirn mit lebenslang wachsender Intelligenz in Ihrem Verdauungstrakt.
Mehr dazu lesen Sie im Artikel "Was Ihnen nicht schmeckt, kann nicht gesund sein!". In diesem Beitrag finden Sie die besten, alltagstauglichen und direkt umsetzbaren Tipps, wie Sie Ihr Bauchhirn-Training starten und Ihre kulinarische Körperintelligenz schärfen.
Uwe Knop ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Bauchgefühl-Turbo: So hören Sie auf Ihren inneren Feinschmecker!
Das Bauchhirn ist ein Genie, aber es ist leise. In unserer hektischen Esskultur übertönen wir es oft mit Ablenkung, alten Gewohnheiten und Marketing-Versprechen. Zeit, den Lautstärkeregler hochzudrehen!
Der "Slow-Motion-Start": Die Kunst des langsamen Kauens
Das ist der wichtigste und am einfachsten umzusetzende Schritt. Die Türsteher (Geschmacksknospen und Nase) brauchen Zeit für ihre Analyse. Wenn Sie in fünf Minuten "Highspeed" ein halbes bis ganzes Gericht "reinstopfen", können Mund und Magen keine sinnvollen Signale senden.
- Der Trick: Legen Sie nach jedem Bissen die Gabel (oder das Besteck) bewusst ab. Kauen Sie, bis die Konsistenz fast flüssig und der Schluckreflex unwiderstehlich stark ist. Das gibt Ihrem Gehirn und dem ENS Zeit, die Nährstoffanalyse zu starten und das "Schmeckt gut/Schmeckt nicht gut"-Urteil abzugeben.
- Der Sofort-Effekt: Sie schmecken intensiver und fühlen schneller, wann es wirklich genug ist.
Das "Ablenkungsfreie-Essen"-Experiment
Der Vagusnerv ist der Kommunikationskanal zwischen Kopf- und Bauchhirn. Wenn Ihr Kopf mit Netflix, E-Mails oder der Tageszeitung beschäftigt ist, hört er das Flüstern aus dem Bauch nicht.
- Der Trick: Widmen Sie mindestens eine Mahlzeit pro Tag (am besten das Mittag- oder Abendessen) zur "Stille-Mahlzeit". Handy weg, Fernseher aus, keine Bücher. Konzentrieren Sie sich nur auf den Geruch, den Geschmack und das Gefühl im Magen.
- Der Sofort-Effekt: Sie werden viel subtilere Signale wie leichte Übelkeit, Völlegefühl oder das echte Sättigungsgefühl wahrnehmen, das sonst im Lärm untergeht.
Das "Kulinarische Gedächtnis"-Protokoll
Ihr Bauchhirn erinnert sich, aber Sie können ihm helfen, Muster schneller zu erkennen.
Der Trick: Führen Sie für 1–2 Wochen ein kleines Geschmack-Tagebuch. Notieren Sie kurz nach dem Essen:
- Was habe ich gegessen?
- Wie gut hat es mir geschmeckt (Skala 1–5)?
- Wie war mein Bauchgefühl zwei Stunden später (leicht, energiegeladen, müde, Blähungen, Sodbrennen)?
Der Sofort-Effekt: Sie erkennen schnell, dass "super lecker" (z.B. der fettige Burger) gerne mal mit "zwei Stunden später: Bauchkrämpfe" korrelieren kann, während "ganz okay" (z.B. die Gemüsenudelsuppe) zu "zwei Stunden später: energiegeladen" führen kann. Das hilft, echten, gesunden Geschmack von kurzfristiger Gaumenbefriedigung zu unterscheiden.
Die "Innere-Ablehnung"-Analyse
Wenn Sie ein Lebensmittel sehen oder riechen und spontan denken: "Muss ich das jetzt essen?", horchen Sie genau hin.
- Der Trick: Nehmen Sie das unbeliebte Lebensmittel (z.B. den rohen Paprika oder den unbeliebten Fisch) in die Hand. Riechen Sie bewusst. Was genau stoßen Sie ab? Die Textur, der Geruch, die Intensität? Akzeptieren Sie die Ablehnung. Zwingen Sie sich nicht, es zu essen, nur weil es "gesund" sein soll.
- Der Sofort-Effekt: Sie trainieren Ihr Kopfhirn, die sofortige Ablehnung des Bauchhirns nicht als "Macken", sondern als wichtige körperliche Information zu bewerten. Was Ihnen individuell nicht schmeckt, ist für Ihre Verdauungsmaschine gerade keine gute Idee.
Fazit für den Alltag: Hören Sie auf, Essen als moralische Pflicht zu betrachten ("Ich muss das essen, weil es gesund ist"). Betrachten Sie es als Feedback-Schleife mit Ihrem intelligentesten Organ. Ihr Bauchhirn lügt nicht.
Wenn etwas wirklich gut schmeckt und Sie sich danach leicht und energiegeladen fühlen, dann ist es Ihr individuelles, gesundes Power-Food. Werden Sie ein Freund und Profi der wahrhaftigen Selbstreflektion im Sinne echter Kommunikation zwischen Ihrem Verstand und Ihrem Körper! Das ist der Weg.
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Bildquelle: Uwe Knop
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