Kiew bittet UN um Hilfe: Exekution von Kriegsgefangenen nimmt zu
Die Berichte über Erschießungen ukrainischer Kriegsgefangener unmittelbar nach ihrer Kapitulation häufen sich. Die Ukraine sieht darin Kriegsverbrechen.
Kiew – Die Exekution von ukrainischen Kriegsgefangenen hat in den letzten Monaten stark zugenommen. Das zeigt ein kürzlich veröffentlichter Bericht über die Erschießung ukrainischer Soldaten in der Region Kursk durch das russische Militär. Als Reaktion darauf hat der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. „Hinrichtungen werden immer häufiger, 95 Prozent der Kriegsgefangenen werden nach UN-Angaben gefoltert“, beklagte er.
So müsse der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle gegen die „russischen Henker und Folterer“ ausstellen, schrieb er auf X (ehemals Twitter). Gleichzeitig sollten internationale Beobachter und Ärzte Zugang zu Gefangenenlagern erhalten, berichtet die Deutsche-Presse-Agentur. Von russischen Behörden gibt es bisher keine Reaktion zu den Vorwürfen.
Grund der internationalen Debatte: Ukrainischen Soldaten werden in Kursk nach Kapitulation hingerichtet
Hintergrund sind Berichte über die Hinrichtung von neun ukrainischen Soldaten, die sich bei Kämpfen in der westrussischen Region Kursk nach Verbrauch ihrer gesamten Munition ergeben hatten. Sie sollen nach ukrainischen Medienberichten noch an Ort und Stelle hingerichtet worden sein. Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft in Kiew habe inzwischen Ermittlungen aufgenommen, berichtete unter anderem die Ukrainska Prawda.
Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez forderte die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz auf, gegen diesen erneuten groben Verstoß gegen die Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen vorzugehen. „Diese Handlungen dürfen nicht ungestraft bleiben, und der Feind muss in vollem Umfang zur Verantwortung gezogen werden“, schrieb er auf der Plattform Telegram.

Erst vor kurzem war ein russischer Soldat gefangen genommen worden, der Anfang September mit Kameraden mehrere ukrainische Soldaten erschossen haben soll, nachdem diese die Waffen gestreckt hatten. Die Tat war von einer Aufklärungsdrohne gefilmt worden. Der Staatsanwaltschaft in Kiew sind über 90 Fälle von Erschießungen ukrainischer Kriegsgefangener bekannt.
Es ist nicht das erste Mal, dass Russland beschuldigt wird, Kriegsgefangene getötet zu haben. Anfang des Monats erklärte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, russische Truppen hätten in der teilweise besetzten Region Donezk 16 gefangene ukrainische Soldaten getötet.
Nicht der erste Vorfall: Kiew sieht Tod der ukrainischen Journalistin in russischer Haft als Kriegsverbrechen
Außerdem wurde vor wenigen Tagen der Tod einer ukrainischen Journalistin in russischer Haft bekannt. Nach bekannt wurde, dass Victoria Roschtschyna nicht mehr am Leben ist, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in der Ukraine wegen eines möglichen Kriegsverbrechens.
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Das Ableben der 27-jährigen Journalistin war am Donnerstag (10. Oktober) vom Sprecher der ukrainischen Koordinierungsstelle für Kriegsgefangene, Petro Jazenko, bestätigt worden. Die Umstände ihres Todes waren nach seinen Angaben noch unklar. Das unabhängige russische Nachrichtenportal Mediazona berichtete, Roschtschyna sei bei einem Transport von einem Gefängnis in der nahe der ukrainischen Grenze gelegenen Stadt Taganrog nach Moskau gestorben.
Roschtschyna war als freie Mitarbeiterin für verschiedene unabhängige Nachrichtenmedien tätig. Zudem hatte sie mit dem ukrainischen Dienst des US-finanzierten Medienunternehmens Radio Free Europe zusammengearbeitet. Die Journalistin war im August 2023 während Recherchen in von Russland besetzten Gebieten in der Ostukraine verschwunden. Nach Angaben der wichtigsten Journalistengewerkschaft der Ukraine erhielt ihr Vater im April einen Brief vom russischen Verteidigungsministerium, wonach sich die Reporterin in russischer Haft befand. (bg/dpa)