Rätselhafter Goldrausch: Wieso Börsen-Profis skeptisch sind

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Über den hohen Goldpreis rätseln sogar Experten. Manche erwarten, dass der Anstieg weitergeht, andere sind skeptisch. Die Luft wird immer dünner.

Der Goldpreis hat seit Anfang März 17 Prozent zugelegt und steht nun bei rund 2400 US-Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Das ist Rekordniveau. Und: Einen so heftigen Aufwärtstrend hat es beim Edelmetall schon länger nicht mehr gegeben. Doch weshalb ist das Edelmetall derzeit so im Aufwind? Und wie geht es weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ein Mann legt beim Edelmetallhändler Pro Aurum einen Goldbarren in ein Schließfach in einem Tresorraum.
Goldbarren und Münzen sind bei den Bundesbürgern sehr beliebt. Das Edelmetall ist vor allem in Krisenzeiten gefragt. Zuletzt erlebte es einen starken Preisanstieg. © Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Was begünstigt den Goldpreis normalerweise?

Minuszinsen, ein schwacher Dollar, eine Finanzkrise, geopolitische Unsicherheit: Diese Faktoren sind in den meisten Fällen die größten Treiber für den Goldpreis. Manche davon sind aktuell zu finden. So schürt der eskalierende Konflikt im Nahen Osten Ängste vor einem Flächenbrand in der Region. Die Angstwährung Gold profitiert davon – ebenso wie vom Krieg in der Ukraine. Auch die Probleme am Immobilienmarkt in China unterstützen die Krisenwährung, die oft dann steigt, wenn es im Finanzsystem knirscht. Andererseits: Eine echte Finanzkrise gibt es gerade nicht. Und: Gold ist immer dann interessant, wenn die Zinsen niedrig sind oder die Aktienmärkte schlecht laufen. Beides ist aktuell nicht der Fall, im Gegenteil. Das ist eigentlich ein Belastungsfaktor für Gold. Immerhin zahlt das Edelmetall weder Zins noch Dividende. Auch der Dollar ist stark, was sonst oft auf dem Goldkurs lastet. Vieles spricht theoretisch also gegen Gold. Dennoch eilte das Edelmetall zuletzt von Rekord zu Rekord. Zwischenzeitliche Rücksetzer gab es bisher nur sehr kleine.

Weshalb steigt der Preis momentan?

Viele Beobachter führen den jüngsten Anstieg zum einen darauf zurück, dass sich Notenbanken mit Gold eindecken. Zuletzt hatten alle Zentralbanken der Welt laut World Gold Council zusammen rund 36.000 Tonnen in ihren Tresoren – so viel wie nie. Besonders China stockt seine Bestände im Moment auf. Der zweite Hauptgrund für den Preisanstieg sind die Spekulanten an den Finanzmärkten. Sie setzen darauf, dass die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank die Zinsen bald spürbar senken werden. Für Gold wäre das ein Vorteil: Im Vergleich zu Aktien oder Anleihen würde das zinslose Produkt dann rechnerisch nicht mehr ganz so schlecht dastehen. Zuletzt stiegen die spekulativen Wetten auf den Goldpreis mittels Derivaten und Terminkontrakten deshalb immer weiter und trieben den Goldpreis.

Wie sehen die jüngsten Preisprognosen aus?

Viele Banken und Analysten haben zuletzt ihre Preisprognosen für das Edelmetall angehoben. Die US-Investmentbank Goldman Sachs sieht den Goldpreis zum Jahresende bei 2700 US-Dollar je Feinunze und damit rund 20 Prozent höher als momentan, die Bank of America kann sich sogar 3000 Dollar im kommenden Jahr vorstellen. Dass sich Gold trotz aller Belastungsfaktoren so glänzend behaupte, lasse auch für die Zukunft Gutes erwarten, sagt der prominente US-Analyst David Rosenberg. Auch er geht davon aus, dass der Preis auf mehr als auf 3000 Dollar steigt und verweist auf bald fallende Zinsen und die schwelende Kriege im Nahen Osten und der Ukraine.

Gibt es auch skeptische Experten?

Ja, zum Beispiel die deutsche Commerzbank. Sie sprach schon im März von einer „rätselhaften Goldstärke“. Der starke Anstieg sei weder mit den Käufen der Zentralbanken, noch mit den Zinsprognosen wirklich zu begründen. Die Spekulanten wüssten zwar häufig, dass viel gegen Gold spreche, würden aber einfach weiter auf einen Anstieg wetten, weil es auch die anderen tun, so Carsten Fritsch und Thu Lan Nguyen, beide Rohstoffanalysten bei der Bank. Die für Zinssenkungen angemessenen Gold-Gewinne seien „zu einem guten Teil bereits vorweggenommen“ und zudem bereits sehr hoch ausgefallen. Wegen der hartnäckigen Inflation in den USA seien die Aussichten auf deutliche Zinssenkungen gleichzeitig schlechter geworden, obwohl die Fallhöhe für Gold gestiegen ist – eine gefährliche Kombination. Es sei keineswegs sicher, dass sich großen Zinshoffnungen erfüllen. Die Commerzbank rechnet deshalb damit, dass der Goldpreis bis Jahresende auf 2100 US-Dollar fällt. Auch Adrian Ash von Bullion Vault glaubt, Gold sei zwar momentan ein „heißer Trend“. Aber: „Kein Finanzmarkt bewegt sich ewig in einer geraden Linie.“ Heißt übersetzt: Es wird auch mal wieder abwärts gehen – und das könnte schon bald sein.

Wie kann man Gold am besten kaufen?

Also doch lieber Finger weg von Gold? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Langfristig bot das Edelmetall jedoch gerade in schlechten Zeiten am Finanzmarkt eine gewisse Diversifizierung, sagen Experten. Sie halten deshalb eine kleine Beimischung von fünf bis maximal zehn Prozent generell für sinnvoll. Das Gold muss übrigens nicht zwingend in Form Barren oder Münzen in den Tresor gelegt werden. Es gibt auch mit physische, Edelmetall hinterlegte Finanzprodukte wie zum Beispiel Xetra-Gold oder Euwax-Gold II. Nach einem Jahr Haltedauer sind genau wie Goldbarren und Goldmünzen ebenfalls von der Abgeltungssteuer befreit.

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