Kreishaushalt 2024: Irgendwie alles doof

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Teures Haus: Der Landkreis hat heuer einen Finanzbedarf von knapp 300 Millionen Euro. © Hans Moritz

Der Landkreis Erding ist der kranke Mann Oberbayerns. Er ist der einzige, dessen Umlagekraft nach wie vor sinkt, die Folgen des Stillstands am Flughafen hängen insbesondere Oberding und Erding noch nach.

Erding - Das hat zur Folge, dass der Landkreis seine Kreisumlage von 53,47 auf 55,50 Punkte anheben muss, von den Gemeinden aber dennoch eine Million Euro weniger einnimmt. Das Problem: Weil die bisherigen Hauptzahler Oberding und Erding lahmen, müssen heuer viele kleinere Gemeinden trotz eigener knapper Kassen deutlich mehr an den Landkreis abführen.

Immerhin: Den Haushalt für 2024 hat der Kreistag – wie bereits kurz berichtet – am Montag einstimmig beschlossen. Er weist ein Gesamtvolumen von knapp 300 Millionen Euro auf. Auf den Verwaltungshaushalt für den täglichen Betrieb entfallen 236 Millionen, auf den Vermögenshaushalt für Investitionen 63 Millionen. Problematisch sind die teils deutlichen Ausgabensteigerungen im Bereich Soziales und Schulen sowie fürs Personal.

Eine echte Debatte fand im Kreistag nicht statt, zu wenig politische Manövriermasse ist vorhanden, auch stellten die Fraktionen keine – teuren – Anträge. Allerdings fanden auch keine Grundsatzdebatten statt, etwa über die Zukunft des immer defizitärer werdenden Busnetzes. Alle Fraktionen stellten sich zudem hinter die beiden Krankenhausstandorte Erding und Dorfen. Den ebenfalls seit Jahren wachsenden Fehlbetrag wollen sie noch übernehmen. Einig waren sich die Fraktionssprecher in ihren Haushaltsreden, dass Bund und Land die Kommunen zusehends am langen Arm verhungern ließen und diese machtlos zuschauen müssten.

Landrat Martin Bayerstorfer bilanzierte, „dass dieser Haushalt unter schwierigsten Rahmenbedingungen zustande gekommen ist“. Man werde aber „die Pflichtaufgaben erfüllen und Zukunftsaufgaben noch bewältigen können“. Bayerstorfer geht davon aus, „dass die schwierige Lage noch einige Jahre anhalten wird“.

Ulla Dieckmann (SPD) erklärte selbstkritisch, dass es erneut nicht gelungen sei, die Gemeinden nicht zu stark zu belasten. Es sei die richtige Entscheidung, Investitionen etwa in Schulen nicht über den Haushalt, sondern über Kredite zu finanzieren, auch wenn die Tilgung dann über Jahre den Verwaltungshaushalt belaste. Was das Klinikum betrifft, so Dieckmann weiter, müsse man von den hohen Defiziten runter. Sie regte verstärkt Kooperationen mit anderen Häusern in der Umgebung an. Nicht jedes müsse alles anbieten. Den Konkurrenzkampf mit den großen Münchner Kliniken könne man nicht gewinnen. Die Lage sei düster, denn die Rücklagen würden heuer nahezu aufgebraucht.

Florian Geiger (Grüne) bescheinigte den Kreisräten beim Haushalt „große Ernsthaftigkeit“. Seine Fraktion werde zustimmen, gleichwohl die Verkehrspolitik des Landkreises „in die falsche Richtung geht“. Er hält die Nordumfahrung vorerst für entbehrlich. „Wir sollten erst abwarten, welchen Entlastungseffekt der S-Bahn-Ringschluss mit sich bringt.“

Für die ÖDP warf Wolfgang Reiter Bund und Land „Totalversagen“ bei der Krankenhausfinanzierung vor – auf dem Rücken der Landkreise. Eine entsprechende ÖDP-Petition an den Landtag sei leider gescheitert.

Georg Els (FW) sprach von einem „Haushalt unter Schmerzen“. Er nehme bundesweit eine immer unzufriedenere Stimmung wahr. Gleichzeitig nehme die Anspruchshaltung der Bürger immer mehr zu, was man etwa an den rasant steigenden Ausgaben für Soziales ablesen könne. Er sehe hinsichtlich Effizienz aber auch im Landkreis Erding noch Luft nach oben und nannte dabei Klinikum und ÖPNV.

Auch Wolfgang Kellermann (AfD) griff sich die Sozialausgaben heraus: „Zu viel sozial ist unsozial.“ Er plädierte, die Politik müsse wieder stärker die eigenen Bürger in den Blick nehmen, zu hohe Beträge flössen ins Ausland ab. Die Bundesregierung agiere verschwenderisch.

Und Thomas Bauer (CSU) konstatierte, „dass es uns die letzten 20 Jahre relativ gut gegangen ist“. Erding leide unter der besonderen Situation, dass der Wirtschaftsmotor Flughafen noch nicht wieder störungsfrei laufe. Der Kreistag habe dennoch einen Etat aufgestellt, „mit dem wir alle leben können und der den Anforderungen gerecht wird“. CSU-Kreisrätin und Sozialministerin Ulrike Scharf sagte, die Chancen stünden gut, dass auch die Gymnasien künftig Staatszuschüsse zur Schulsozialarbeit erhalten. Der Landtag müsse noch zustimmen (Bericht folgt). ham

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