Kemptener Alt-Oberbürger Dr. Ulrich Netzer mit Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet

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Dankbar für diesen denkwürdigen Moment: Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle, Heidi und Ulrich Netzer (v. l.) mit Ehrenbürger-Urkunde und Bürgermedaille. © Kraus

Altoberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer wurde mit der höchsten Auszeichnung der Stadt Kempten geehrt: der Bürgermedaille in Verbindung mit dem Ehrenbürgerrecht.

Kempten – Diese selten verliehene Würdigung markiert einen besonderen Höhepunkt in der Geschichte von Kempten – und ehrt ein Lebenswerk, das die Stadt über Jahrzehnte nachhaltig geprägt hat.

Wie Oberbürgermeister Thomas Kiechle in seiner Laudatio betonte, sei es „mehr als ein halbes Jahrhundert her“, dass Persönlichkeiten wie Dr. Dr. Alfred Weitnauer (1973) oder Albert Wehr (1974) mit dem Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet wurden. Zuletzt erhielt Altoberbürgermeister Dr. Josef Höß 2011 aus der Hand des damaligen Oberbürgermeisters Netzer die Bürgermedaille.

Bürgermedaille und Ehrenbürgerrecht für Dr. Ulrich Netzer

Dass auch Netzer diese Ehre zuteil werden sollte, auch anlässlich seines 70. Geburtstages am 11. April, hatte der Stadtrat bereits Ende Januar einstimmig beschlossen – ein sichtbares Zeichen der fraktionsübergreifenden Anerkennung seiner Verdienste. Damit ist er der 15. Ehrenbürger der Stadt Kempten, seit der Erstverleihung im Jahr 1847.

Laut Ehrensatzung ist die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an keinerlei Rechte oder Pflichten gebunden. Es handelt sich vielmehr um eine symbolische Auszeichnung, die an lebende Personen vergeben wird, welche „durch besondere und außergewöhnliche Leistungen das Wohl oder das Ansehen der Stadt entscheidend bereichert haben“.

Dr. Gerd Müller überredete Ulrich Netzer zur Kandidatur als Kemptener Oberbürgermeister

Ulrich Netzer, 1955 in Lindenberg geboren. Das erste Mal wurde er 1996 zum Oberbürgermeister von Kempten gewählt. Ausgerechnet an seinem 40. Geburtstag hatte ihn der Bundestagsabgeordnete Dr. Gerd Müller angerufen, um ihn zu einer Kandidatur zu bewegen. In seiner Dankesrede blickte Netzer auf diesen Moment mit einem Schmunzeln zurück: „Stell dir vor, die CSU in Kempten sucht einen Deppen, der als OB kandidiert und gegen den Amtsinhaber verliert“, habe er damals nach dem Telefonat zu seiner Frau Heidi gesagt. Was folgte, war eine Erfolgsgeschichte.

In seinen 18 Jahren als Oberbürgermeister verstand sich Netzer als Gestalter. Kiechle erinnerte in seiner Rede an dessen klare Maxime: Politik müsse langfristige Strategien entwickeln, wie ein Unternehmen. Diese Denkweise führte 2008 zur Einführung der ersten „Strategischen Ziele“ der Stadtgeschichte.

Zwei Musikanten in Allgäuer Musikantentracht überreichen einem anderen Mann einen Geschenkkorb. Alle drei lachen herzlich, mit weit aufgerissenen Mündern. Es muss ein sehr lustiger Witz gewesen sein.
Beim anschließenden Empfang in der Schrannenhalle überreichten Manfred Prestel, 1. Vorsitzender der Stadtkapelle Kempten, und Stadtkapellmeister Matthias Haslach Altoberbürgermeister Dr. Netzer einen Präsentkorb in Anerkennung seiner Verdienste um die Stadt Kempten (v. l.). © Kraus

Die Liste der Projekte, die in Netzers Amtszeit verwirklicht wurden, ist lang. Das Forum Allgäu, die Bigbox Allgäu, die Modernisierung der Fußgängerzone, die Neugestaltung der historischen Plätze im Bereich Kornhaus, Residenz, Basilika und St.- Mang-Kirche, das Cambomare, das neu konzipierte Allgäu-Museum im Kornhaus, die Renovierung und der Umbau des Stadttheaters, die Revitalisierung von Altstadt- und Stiftsstadtquartieren, die unterirdische Erasmuskapelle, das Mühlbach-Quartier – all das wurde nicht nur geplant, sondern umgesetzt.

Die Bürger sollten mitreden können

Netzer schuf aber auch die wirtschaftlichen Grundlagen: mit neuen Gewerbegebieten, gezielter Ansiedlungspolitik sowie Stärkung regionaler Unternehmen und dem Aufbau eines eigenen Amtes für Wirtschaft und Stadtentwicklung. Auch in der Nordspange sah Netzer ein ganz wichtiges Projekt, um die wirtschaftliche Position Kemptens weiter zu stärken.

Zentral war für ihn immer die Beteiligung der Bürger: „Der Bürger muss rechtzeitig informiert sein und seine Gedanken muss er einbringen können“, sagte Netzer bereits 1996 und handelte auch danach – sei es bei der Hildegardplatzgestaltung mit Bürgerbeteiligung oder dem Projekt „Zukunft bringt’s“, das unter anderem Jugendlichen ohne Schulabschluss neue Perspektiven eröffnete. Unter Netzer wurde Kempten auch als Bildungsstadt neu positioniert – sichtbar etwa in der Auszeichnung zur „Bayerischen Bildungsregion“ 2013. Mit der Erweiterung der Hochschule und Schulneubauten stellte er die Weichen für kommende Generationen.

Die Umwelt im Blick

Gleichzeitig legte er früh den Fokus auf Nachhaltigkeit: Die Einrichtung eines kommunalen Energie- und Klimamanagements, die Umstellung auf eine effizientere Straßenbeleuchtung und die von Netzer initiierten 2.000 zusätzlichen Bäume zur Jahrtausendwende sind sichtbare Zeugnisse eines konsequenten Klimaschutzes.

Nach seinem Abschied aus dem Rathaus 2014 war Netzer noch bis Ende 2020 als Präsident des Sparkassenverbands Bayern aktiv. Auch dort brachte er sein umfangreiches Wissen in schwierigen Zeiten ein.

Netzers Dankesrede endet mit einem Bibelwort

In seiner bewegenden Dankesrede betonte Netzer: „Wir lieben diese Stadt!“ – ein klares Bekenntnis zu seiner Wahlheimat. Er würdigte seine Weggefährten, die Verwaltung, seine Stellvertreter und vor allem seine Ehefrau Heidi, ohne deren Unterstützung sein Leben ganz anders verlaufen wäre.

An die Stadtgemeinschaft gerichtet sagte Netzer: „Klare Analysen, transparent formulierte Ziele, intensive, mitunter auch heftige Diskussionen, tatkräftiges Handeln und vor allem ein gemeinsamer, konstruktiver Gestaltungswille sind Grundlage für gute Entwicklungen. Dass uns dies gemeinsam in weiten Teilen gelungen ist und wir – entsprechend des bekannten Bibelwortes „Suchet der Stadt Bestes“ erfolgreich unterwegs waren, dafür bin ich sehr dankbar!“

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