Nach brisantem Vorstoß: Top-Ökonom stärkt Habeck im Wahlkampf den Rücken

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Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat für seine Forderung, Sozialabgaben auf Kapitalerträge zu erheben, Kritik einstecken müssen. Die OECD stärkt ihm den Rücken.

Berlin – Die Industriestaaten-Organisation (OECD) steht der vom grünen Kanzlerkandidaten Robert Habeck angestoßenen Debatte über Sozialabgaben auf Aktien- und Zinsgewinne offen gegenüber. „Die OECD hat in ihren Wirtschaftsberichten zu Deutschland solch eine Empfehlung bereits gemacht“, sagte der Leiter der Deutschland-Abteilung, Robert Grundke, am Donnerstag (16. Januar) der Nachrichtenagentur Reuters. Generell werde der Faktor Arbeit in Deutschland höher besteuert als in vielen anderen OECD-Ländern.

Steuern auf Kapitaleinkommen und Vermögen machten dagegen nur einen vergleichsweise kleineren Teil am Gesamtsteuereinkommen aus. Die in Paris ansässige Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfiehlt daher etwa, Ausnahmen und Vergünstigungen bei der Erbschaftssteuer sowie bei der Besteuerung von Kapitaleinkommen aus der Vermietung und dem Verkauf von Bestandsimmobilien zu verringern.

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Habeck hatte einen Vorschlag aus dem Wahlprogramm seiner Partei zur Entlastung der Abgaben auf Löhne und Gehälter konkretisiert. „Warum soll eigentlich Arbeit höher belastet sein als Einkommen durch Kapitalerträge?“, sagte Habeck. „Deswegen schlagen wir vor, dass wir auch diese Einkommensquellen (...) sozialversicherungspflichtig machen.“ Von Union und FDP hagelte es daraufhin Kritik.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf Wahlkampf-Tour: Die Industriestaaten-Gemeinschaft unterstützt seine Forderung, Sozialabgaben auf Kapitalerträge zu erheben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf Wahlkampf-Tour: Die Industriestaaten-Gemeinschaft unterstützt seine Forderung, Sozialabgaben auf Kapitalerträge zu erheben. © Uwe Anspach / dpa

„Allerdings kann eine Lösung für die Stabilisierung der Sozialsysteme keinesfalls nur von der Einkommensseite her gelingen“, betonte Grundke. Der Renteneintritt der Babyboomer-Generation werde in den nächsten Jahren zu einem starken Anstieg der Ausgaben im Renten- und Gesundheitssystem führen. Die OECD geht von einem Kostenanstieg von etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2030 sowie von 3,5 Prozent bis 2045 aus.

Menschen sollen länger arbeiten: Starke Kritik an deutschem Rentensystem

„Ein ganz wichtiger Teil der Lösung muss es deshalb sein, die Bedingungen für eine längere Lebensarbeitszeit zu schaffen“, sagte Grundke. „Dazu gehört es, die Weiterbildung älterer Arbeitnehmer zu stärken und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.“ Ein flexibleres Zeitmanagement sowie eine gute Gesundheitsvorsorge würden die Arbeitsbedingungen für Ältere verbessern.

„Es ist ebenfalls zentral, Anreize zum früheren Renteneintritt abzubauen“, sagte der OECD-Experte. Obwohl sich das durchschnittliche Renteneintrittsalter bereits signifikant erhöht habe seit den 2000er Jahren, liege es immer noch merklich unter dem gesetzlichen. „Die Rente mit 63 wird hauptsächlich von besserverdienenden Arbeitnehmern in Anspruch genommen, welche keinen schlechteren Gesundheitszustand im Vergleich zu anderen haben“, sagte Grundke.

Länger leben – länger arbeiten? Daran würde die OECD das Renteneintrittsalter binden

Auch die Abschläge bei einem früheren Renteneintritt außerhalb der Rente mit 63 seien in Deutschland geringer als anderswo. Zudem werde Altersteilzeit oft als weitere Möglichkeit zur Frühverrentung genutzt. „Anreize, auch nach dem gesetzlichen Rentenalter noch weiterzuarbeiten, sind ebenfalls wichtig“, sagte Grundke. Auch sollte das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Dabei soll für jedes zusätzliche Lebensjahr das Renteneintrittsalter um zwei Drittel heraufgesetzt werden. (lf, reuters)

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