Ein Dachauer an der Spitze des Team D: Olaf Tabor zieht Olympia-Bilanz

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Der Chef de Mission des Team Deutschland bei den Olympischen Spielen: Der Dachauer Olaf Tabor. © Karl-Josef Hildenbrand

Die Olympischen Spiele in Paris sind vorbei. Der Dachauer Olaf Tabor vertrat dabei erstmals als Chef de Mission das deutsche Team vor Ort. Sein Fazit: Viele Emotionen und großartiger Einsatz, aber der Abwärtstrend bei der deutschen Medaillenausbeute hält weiter an.

Als der Deutsche Renars Uscins mit der Schlusssirene im Handball-Viertelfinale gegen Frankreich mit einem Verzweiflungswurf zum 29:29 ausgleicht, gibt es für den Dachauer Olaf Tabor kein Halten mehr. Der Chef de Mission der deutschen Olympia-Delegation springt auf, reißt die Arme in die Höhe und bejubelt die dramatische Schlussphase im Stadion Pierre-Mauroy in Lille. Emotionen pur!

„Das ist es, was Olympia eben auch ausmacht. Nicht immer nur das bloße Ergebnis, sondern auch Emotionen, Herzblut und Engagement“, betonte der Vorstand Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Und damit zeigte sich der Dachauer, der als Chef de Mission die rund 400 deutschen Athleten nach Paris führte, mehr als zufrieden. „Wir haben beeindruckend gekämpft und haben in Paris viele kleine und große Erfolge gefeiert“, so Tabor. Der Einsatz stimmte also, aber gemessen wird der sportliche Erfolg auch an Zahlen. Und dort setzt sich der Abwärtstrend der letzten Jahre weiter fort.

Das Ziel war eine Top-10-Platzierung

„Unser Ziel war es, unter die Top 10 im Medaillenspiegel zu kommen, und das haben wir erreicht. Auch wenn wir den Negativtrend bei den Medaillen erneut nicht stoppen konnten, blicke ich positiv auf die Olympischen Spiele zurück“, so der 53-Jährige, der das Deutsche Team in diesem Jahr erstmals als Leiter der sportlichen Delegation vertrat.

Der dreifache Familienvater, der in den USA geboren und aufgewachsen ist, entdeckte während seines Sportwissenschaftsstudiums seine Leidenschaft für den Wildwasserkajak- und den Leistungssport. Im Winter, wenn es seine Zeit erlaubt, steht er außerdem gerne auf Skiern.

In Paris war Tabor, der seit zwölf Jahren in Dachau lebt, für rund 800 Menschen verantwortlich, kümmerte sich um die Organisation, den Transport, die Medienarbeit und alles, was sonst noch anfiel. Eine große Herausforderung. „Zu Beginn der Spiele mussten wir beispielsweise die Verpflegung der Athleten anpassen, da der Kalorienbedarf von den Organisatoren unterschätzt worden war“, berichtet er.

Pressekonferenz im Deutschen Haus: Olaf Tabor, Chef de Mission des Team Deutschland, mit  DOSB-Präsident Thomas Weikert (r.)  auf dem Podium.
Pressekonferenz im Deutschen Haus: Der Dachauer Olaf Tabor (l.), Chef de Mission des Team Deutschland, mit DOSB-Präsident Thomas Weikert auf dem Podium. © Sina Schuldt

Auch der Transport zu den Sportstätten lief in den ersten Tagen nicht reibungslos, was vor allem wegen der eng getakteten Trainingszeiten ein Problem war. „Wenn ein Athlet wegen des stockenden Verkehrs eine halbe Stunde zu spät zum Training kommt, ist das alles andere als optimal. Deshalb haben wir teilweise eigene Shuttlebusse für unsere Athleten organisiert“, erklärt er. Doch das seien laut Tabor die üblichen organisatorischen „Problemchen“, die bei einer solchen Großveranstaltung „ganz normal“ sind.

Ansonsten zeigte sich der Dachauer begeistert vom Austragungsort der Olympischen Spiele 2024. Paris, sonst als Stadt der Liebe bekannt, verwandelte sich vom 26. Juli bis 11. August in eine „Stadt des Sports“, wie er es nannte. Besonders beeindruckend waren dabei die temporären Sportstätten, wie der Schlosspark von Versailles und das Beachvolleyball-Stadion direkt vor dem Eiffelturm, die für eine „großartige Kulisse“ sorgten.

Das schlechteste Ergebnis seit 1952

Während der Wettkämpfe in Paris lebte Tabor im Olympischen Dorf, umgeben von Sportlern, Trainern und Betreuern aus aller Welt. „Manchmal habe ich mich beim Essen in der Mensa mit Funktionären aus den entferntesten Ländern unterhalten, bei denen ich hinterher erst einmal nachschauen musste, wo sie überhaupt liegen“, erzählt er. Doch genau das ist für ihn das Besondere an den Olympischen Spielen: Der sportliche Gedanke verbindet Menschen unterschiedlichster Herkunft.

Und auch wenn die deutschen Athleten mit 33 Medaillen das schlechteste Ergebnis seit 1952 einfuhren, gab es doch einige Gänsehaut-Momente: Olympiasiege im Schwimmen, Rudern, Kugelstoßen und Kanu, Silber im Beachvolleyball oder Golf oder eine überraschende Bronzemedaille für die Sprintstaffel der Frauen in der Leichtathletik.

Zwei Olympiasiege haben ihn aber besonders beeindruckt. „Zum einen die 3x3-Basketballerinnen, die sich mehrfach in dramatischen Duellen gegen die absolute Weltspitze durchsetzen konnten“, erzählt er. Und zum anderen die erst 17-jährige Darja Varfolomeev, die bei ihrem Olympia-Debüt mit „beeindruckender Präzision und Ästhetik“ Gold in der Rhythmischen Sportgymnastik gewann.

Olaf Tabor ist sich bewusst, dass er seine Tätigkeit als Vorstand Leistungssport des DOSB in einer schwierigen Phase begonnen hat. „Doch ich wollte mich dieser Herausforderung stellen“, erklärt er. Und er betont, dass trotz des aktuellen Abwärtstrends bei den deutschen Olympioniken der Trend insgesamt in die richtige Richtung gehe.

Sportfördergesetz soll die Wende bringen

Obwohl insgesamt weniger Medaillen als in Tokio gewonnen wurden, konnte die Zahl der Goldmedaillen auf zwölf gegenüber zehn bei den letzten Spielen gesteigert werden. Darüber hinaus gab es zahlreiche Platzierungen zwischen dem vierten und achten Platz. Und: „Alle acht Mannschaften haben sich für das Viertelfinale qualifiziert, vier davon sogar für das Halbfinale“, so Tabor.

Besonders positiv stimmt ihn das neue Sportfördergesetz, das sich derzeit in der parlamentarischen Feinabstimmung befindet. Ziel dieses Gesetzes ist, den deutschen Leistungssport sowie die Athleten und Verbände wieder unter die Weltspitze zu führen. Doch dies benötige Zeit, betont Tabor: „Wir müssen uns jedoch bewusst sein, dass dies nicht bis zu den nächsten Sommerspielen in Los Angeles 2028 erreicht werden kann.“

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