Lindner bleibt das Zugpferd: FDP startet Wahlkampf mit Optimismus

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Schlechter Bildschnitt: Auf dem Plakat steht eigentlich „Alles lässt sich ändern“. Aber Christian Lindner hat derzeit wenig Politglück. © Tobias Schwarz/AFP

Die FDP steckt in der Krise. Raus wollen die Liberalen mit einer Kampagne, die großzügig ignoriert, dass man drei Jahre lang regiert hat.

Berlin – Christian Lindner ist noch immer das Topmodel der FDP. 2025 soll auf den Plakaten funktionieren, was schon in der Vergangenheit gute Ergebnisse lieferte: der Vorsitzende in Schwarz-Weiß.

Lindner blickt entschlossen in die Ferne. Daneben prangt in grellem Gelb der Slogan: „Alles geben. Auch für Deinen Job.“ Lindner schaut freundlich in die Kamera. Dazu der Satz: „Der Staat ist nicht Dein Erziehungsberechtigter.“ Lindners Augen in Großaufnahme. Dazu der Kernslogan der Liberalen: „Alles lässt sich ändern.“

FDP stellt vor der Bundestagswahl 2025 ihre Wahlkampgane vor

Die FDP stellt am Dienstagmorgen im Hans-Dietrich-Genscher-Haus ihre Wahlkampagne vor. Es geht nicht nur um Lindner, sondern auch um Optimismus. Und den können die Liberalen wahrlich gebrauchen.

Monatelang hatten sie mit ihrer Rolle in der Ampel gehadert, eine Landtagswahl nach der anderen ging daneben. Der Ausstieg aus dem Bündnis war eigentlich als Befreiungsschlag gedacht – endete aber im Desaster. Das „D-Day-Papier“, das eine „offene Feldschlacht“ prognostizierte, wurde öffentlich. Fortan mutierte die Debatte tatsächlich zur Schlacht: Auf der Strecke blieben Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann. Der mediale Gegenwind ist noch immer groß. In dieser Woche ist Lindner auch das Topmodel auf dem Cover des „Spiegel“. Dazu die Zeile: „Der Täuscher“.

Weil unser Land vor einem Jahrzehnt falsch abgebogen ist, brauchen wir jetzt eine Kurskorrektur.

Man kann dem immer noch erst 45-Jährigen nicht fehlende Standhaftigkeit in dieser – politischen – Schlacht vorwerfen. Am Dienstagmorgen steht Lindner in der Parteizentrale und tut so, als sei nichts gewesen. „Inzwischen kommt die Wachstumsschwäche auch bei den Jobs an“, diagnostiziert er. Der Staat sei teuer und übergriffig ins persönliche Leben, erledige aber seine eigentlichen Aufgaben nicht. Immer wieder der Kernsatz: „Alles lässt sich ändern.“ Die Rolle des Staates. Die wirtschaftliche Lage. „Wir sehen uns als die politische Kraft der Veränderung“, sagt der FDP-Chef. So als habe er diesen Staat als Chef des Bundesfinanzministeriums in den vergangenen drei Jahren nicht entscheidend mitgeprägt. Schuld ist für ihn eher die Große Koalition von Angela Merkel. „Weil unser Land vor einem Jahrzehnt falsch abgebogen ist, brauchen wir jetzt eine Kurskorrektur.“

Im ZDF-„Politbarometer“ ist nur AfD-Chefin Alice Weidel unbeliebter als Lindner

Der Start in den Wahlkampf könnte 75 Tage vor dem Urnengang kaum schwieriger sein. Die Umfragen schwanken zwischen 4 Prozent bei Forsa oder Infratest und 4,5 Prozent bei Insa. Bei keinem Institut würde es derzeit für den Einzug in den Bundestag reichen. Zum Vergleich: Zu der Bundestagswahl im September 2021 holten die Liberalen noch 11,5 Prozent. Gleiches gilt für Lindner persönlich: Im ZDF-„Politbarometer“ ist nur AfD-Chefin Alice Weidel unbeliebter.

Der Aachener Politologe Emanuel Richter staunt deshalb bei „Phoenix“ über die „Personalityshow“ rund um Lindner, auf die die FDP da erneut baut. „Das halte ich für eine gefährliche Strategie.“ Andere, wie der Politikwissenschaftler Marc Debus, setzen auf den Faktor Zeit: „Meine Vermutung ist, dass die Debatten über das Koalitionsende mit dem Beginn der heißen Wahlkampfphase im Januar deutlich abflauen werden.“

Die FDP will sich um Wirtschaftsthemen kümmern, aber nicht nur

Neben Lindner hat auch der designierte Generalsekretär Marco Buschmann seinen ersten großen Auftritt in neuer Rolle. „Wir müssen aufhören, über Oberflächlichkeiten zu reden“, sagt er wiederholt. Die FDP will sich um Wirtschaftsthemen kümmern, aber nicht nur. Der ehemalige Justizminister nennt Migration als Schwerpunkt, auch Bürgerrechte. „Wir wollen eine Gesellschaft selbstbewusster Bürger.“ Bei Corona oder Klima sei zu lange eine freie Meinungsäußerung unterdrückt worden. Daher das Plakat mit dem Spruch: „Der Staat ist nicht Dein Erziehungsberechtigter.“

Martin Hagen gefällt das. „Das ist endlich wieder FDP pur, befreit von den Zwängen der Ampel“, sagt Bayerns FDP-Chef, der für den Bundestag kandidiert. „Wir sprechen alle an, die einen echten marktwirtschaftlichen Aufbruch wollen und kein Weiter-so.“ Die Farbgestaltung – schwarze Schrift auf gelbem Grund – gebe „einen kleinen Hinweis auf unsere Wunsch-Koalition“.

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