Greenpeace fordert Aus von Agrardiesel-Subvention: „sinnvoll, herunterzufahren“

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Die Landwirte wollen im Streit um die Agrardiesel-Steuerbegünstigung nicht nachgeben. Doch nun werden auch Stimmen lauter, die eine Abschaffung befürworten.

Berlin – Tausende Landwirte werden wegen der Ampel-Sparpläne auf die Straßen ziehen. Sie sollen sich gegen die Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen wehren. Bei Kritikern stößt der Grund für die Proteste auf Unverständnis. Denn es gibt auch mehrere Punkte, die für eine komplette Abschaffung der Agrardiesel-Begünstigungen sprechen würden.

Trotz Bauernproteste: Darum sollte die Ampel die Agrardiesel-Subventionen abschaffen

„Erstens fehlt ihnen seit langem eine echte Begründung, da die Dieselbeihilfe eine Energiesteuer ist. Damit einher gehen gewisse negative Klimaeffekte, da sie dazu verleitet, mehr Diesel zu verbrauchen als nötig“, sagte Agrarökonom Alfons Balmann zu Merkur.de von IPPEN.MEDIA. „Zweitens werden für eine nachhaltigere Landwirtschaft dringend staatliche Mittel benötigt, die nur dadurch verfügbar gemacht werden können, indem die Landwirtschaft aus ihrer Subventionsabhängigkeit herausgeführt wird.“

Landwirte nehmen mit Traktoren an einer Demonstration des Deutschen Bauernverbandes teil.
Bauernproteste wegen Ampel-Plänen: Warum eine Streichung der Agrardiesel-Subvention sinnvoll wäre. © Fabian Sommer/dpa

„Das betrifft auch die Dieselbeihilfe, die von den landwirtschaftlichen Betrieben für Konsumzwecke und hohe Pachtpreise verplant wird. Die Streichung der Dieselbeihilfe wäre ein Schritt in die richtige Richtung“, betonte Balmann, der Leiter am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien ist.

Greenpeace unterstützt Streichung der Agrardiesel-Subvention – „um Verbrauch fossiler Kraftstoffe nicht weiter zu fördern“

Auf lange Sicht könnte eine Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. „Die Steuersubventionen für den Agrardiesel sind verbrauchsabhängig. Es ist deshalb sinnvoll, diese Subvention jetzt herunterzufahren, um den Verbrauch fossiler Kraftstoffe nicht weiter zu fördern. Der höhere Dieselpreis setzt Anreize für einen sparsamen Verbrauch und die Entwicklung innovativer Landmaschinentechniken, die Treibhausgasemissionen vermindern“, sagte Landwirtschaftsexperte Matthias Lambrecht von Greenpeace auf Anfrage von IPPEN.MEDIA.

Weitere umweltschädliche Subventionen in der Landwirtschaft und in anderen Wirtschaftsbereichen sollten laut Lambrecht im Rahmen eines vorausschauenden Konzepts der Bundesregierung abgebaut werden, „sodass die Betriebe sich darauf einstellen können und stattdessen gezielte Förderung für umwelt- und klimaverträgliche Produktionsweisen erhalten“.

Bauernverband steht laut Experte vor internen Problemen: „Hat es selbst zu verantworten“

Obwohl Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Kürzungen bei der Agrardiesel-Subvention teilweise zurückgenommen hatten, bleibt der Deutsche Bauernverband bei seiner Position: Beide Kürzungsvorschläge sollen vom Tisch. Bislang bleibt nur die Kfz-Steuerbegünstigung erhalten. Die Agrardiesel-Subvention soll schrittweise reduziert werden.

Balmann zufolge hat der Bauernverband auch mit internen Problemen zu tun und stehe seitens seiner Mitglieder unter einem enormen Druck. „Ein Großteil der Mitglieder steht vor so großen Veränderungsherausforderungen beim Umwelt- und Tierschutz sowie auch der Digitalisierung und dem demografischen Wandel, dass keine realistische Perspektive erkennbar ist, wie sie diesen bewältigen können. Entsprechend steckt der Bauernverband in einem Dilemma“, sagte Balmann. „Allerdings hat er es selber zu verantworten, denn die Veränderungsbedarfe sind seit langem bekannt und die bisherige Strategie des Ausbremsens hat die Ursachen der Probleme nicht gelöst, sondern konserviert.“

Was ist über die Bauernproteste bekannt?

Ab dem 08. Januar sollen die Bauernproteste stattfinden. Bei vielen Protestveranstaltungen werden Bauern mit Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen erwartet. Bereits angemeldet sind Proteste unter anderem in Bremen, Hamburg, Erfurt, Kiel, Mainz, München, Magdeburg und Schwerin.

Was bedeuten die Ampel-Sparpläne für die Landwirte?

Scholz, Habeck und Lindner hatten sich Mitte Dezember auf ein Maßnahmenpaket verständigt, um nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Dazu gehörte auch, dass die sogenannte Agrardiesel-Subvention gestrichen werden sollte.

Mit dieser Regelung konnten sich Landwirtschaftsbetriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Diese Steuerbegünstigungen würde wegfallen. Aktuell zahlen Verbraucher rund 47 Cent Steuern pro Liter Diesel. Landwirte erhalten laut der Tagesschau davon beim Agrardiesel etwa 21 Cent zurück.

Landwirte verärgert über Streichung der Agrardiesel-Subvention: Recherchen zeigen aber Gewinne

Schaut man auf die Gewinne der Branche, stellt man diesbezüglich eine Steigerung fest: Zuletzt belegten Zahlen, dass es den Landwirten so gut geht, wie seit Jahren nicht mehr. Anfang Dezember 2023 hatte der Bauernverband neue Zahlen veröffentlicht, wonach sich die Ergebnisse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 deutlich verbessert haben. „Im Durchschnitt lag das Unternehmensergebnis der Haupterwerbsbetriebe bei 115.400 Euro je Betrieb“, so die Interessenvertreter.

Ein Jahr zuvor hatte der durchschnittliche Ertrag noch bei 79.432 Euro gelegen. Trotz Krisen wie Inflation, höheren Energiekosten und Lieferkettenproblematiken konnten die Bauern also ihren eigenen Gewinn innerhalb eines Jahres um 45 Prozent steigern.

Doch würde es künftig auch ohne Subvention gehen?„Zulagen und Zuschüsse können einen Anteil an den betrieblichen Erträgen zwischen vier und 40 Prozent je nach Betriebsausrichtung umfassen“, erklärte Agrar-Professor Thomas Herzfeld gegenüber der Berliner Morgenpost. Die jetzt in der Diskussion befindliche Agrardieselerstattung nehme dabei aber nur „einen sehr kleinen Anteil ein.“ Je nach Betriebsgröße könnte der Anteil unterschiedlich sein. So sind laut dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt besonders die Kleinbetriebe auf öffentliche Transfers angewiesen. (bohy)

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