Krankenkassen wollen Geld für Bürgergeld-Empfänger – und die Grünen wollen eine Gruppe zur Kasse bitten

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Die Grünen haben erste Details aus ihrem Wahlprogramm für 2025 veröffentlicht. Darin ist auch ein Plan zur Dämpfung der Krankenkassenbeiträge enthalten.

Berlin – Der Wahlkampf ist in vollem Gange und die Parteien legen ihre Wahlprogramme vor. Die Grünen haben einen Teil ihres Sozialplans für nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 veröffentlicht. Darin fordern sie zum Beispiel eine Reform der Rente unter Beteiligung von Abgeordneten und Beamten, die perspektivisch ebenfalls in die Rentenkasse einzahlen sollen. Aber auch die Krankenkassenbeiträge wollen die Grünen unter der Führung von Wirtschaftsminister Robert Habeck dämpfen. Dabei gehen sie auf eine Forderung ein, die die Krankenkassen schon seit Jahren beschäftigt.

Kosten für Bürgergeld-Empfänger sollen vom Staat gedeckt werden – laut Grünen-Wahlprogramm

Die Grünen wollen bei einer möglichen Regierungsbeteiligung nach der Bundestags-Neuwahl die Beitragszahler der Pflege- und Krankenversicherungen entlasten. Dies geht aus dem Entwurf des Wahlprogramms für die Bundestagswahl im Februar hervor, aus dem der Tagesspiegel am Montag (16. Dezember) auszugsweise vorab berichtete. „Unser Gesundheits- und Pflegesystem ist dafür da, kranke Menschen zu heilen und Pflegebedürftige gut zu pflegen“, wird aus dem Entwurfspapier zitiert, das am Dienstag offiziell vorgestellt werden soll.

Darin kritisieren die Grünen demnach, dass in der Vergangenheit den Versicherungen zu viele Kosten zugeschoben worden seien, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden müssten. „Diesen Trend wollen wir umkehren und damit die Versicherten und die Arbeitgeber von versicherungsfremden Leistungen entlasten“, heißt es laut Tagesspiegel in dem Papier.

Konkret sollen die Beiträge für Bürgergeldempfänger „angemessener über den Staat“ finanziert werden. Zudem will die Partei demnach Menschen, die ihre kranken Angehörigen pflegen, besser staatlich unterstützen. 

Krankenkassen fordern schon seit Jahren mehr Geld für Bürgergeld-Empfänger

Für die Krankenkassen dürften diese Worte wie Balsam auf die Seele wirken. Im kommenden Jahr sollen die Beiträge nochmal deutlich steigen, der Schätzerkreis der Bundesregierung hatte eine Erhöhung um 0,8 Prozent im Schnitt prognostiziert. Am Wochenende warnte der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), dass dies bei vielen Kassen nicht ausreichen werde. „Zum Jahreswechsel wird es für Beitragszahler und Arbeitgeber richtig happig“, sagte auch die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands Carola Reimann zur Augsburger Allgemeinen Zeitung.

„Das liegt vor allem daran, dass die Politik in den letzten Jahren die Kassenrücklagen abgeschmolzen und immer mehr Instrumente zur Ausgabensteuerung abgeschafft hat, während gleichzeitig die Entwicklung der Ausgaben steil nach oben zeigt“, so Reimann weiter. Der Schätzerkreis geht von einer Finanzierungslücke in Höhe von 13,8 Milliarden Euro in den Krankenkassen im kommenden Jahr aus.

Krankenkassen nennen fehlende Deckung der Bürgergeld-Kosten „sozialpolitischen Skandal“

Immer wieder monieren die Krankenkassen die Ausgaben, die sie von der Politik aufgebürdet bekommen, die aus ihrer Sicht eigentlich vom Staat getragen werden müssten. Prominentes Beispiel: Die Kosten der Bürgergeld-Empfänger. Nach Angaben der GKV zahlen die Krankenkassen jährlich 9,2 Milliarden Euro für diese Gruppe. Der Verwaltungsrat der DAK bezeichnete dies bei seiner letzten Sitzung in Dresden am 21. Juni als „sozialpolitischen Skandal“.

Robert Habeck + Karl Lauterbach zu Investitionsvorhaben von Lilly in Deutschland Europa, Deutschland, Berlin, 17.11.2023
Robert Habeck und Karl Lauterbach haben in einer Regierung zusammengearbeitet. Jetzt treten ihre Parteien gegeneinander an. © IMAGO

„Die gesetzlichen Krankenkassen erhalten für diese Personen [Bürgergeldempfänger, Anm. d. Red.] monatlich jeweils rund 120 Euro aus Steuermitteln. Das ist nachweislich nicht kostendeckend. Wird dagegen ein Privatversicherter zum Bürgergeldempfänger, zahlt der Staat der Versicherung dafür 420 Euro monatlich im Basistarif. Das ist dreieinhalb Mal so viel.“ Nach Angaben der AOK mussten die Krankenkassen im Jahr 2022 pro Leistungsempfänger 2735 Euro jährlich ausgeben.

Ampel wollte Kosten für Bürgergeld-Empfänger eigentlich zahlen

Diese Kritik ist auch nicht neu – weshalb die Ampel-Koalition bereits im Koalitionsvertrag vereinbart hatte, den Krankenkassen mehr Geld für die Bürgergeld-Empfänger geben zu wollen. Laut Gesundheitsministerium war dies allerdings aufgrund der Haushaltslage und den Vorgaben der Schuldenbremse nicht möglich. Stattdessen sind weitere Ausgaben für die Krankenkassen hinzugekommen, wie die Ausgaben für die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Reform, die im Herbst final beschlossen wurde, soll das Gesundheitssystem komplett modernisieren. Um die Kosten dafür zu stemmen, wird ein „Transformationsfonds“ eingerichtet, der zur Hälfte von den Bundesländern und zur Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen befüllt wird.

Die GKV hält dies für verfassungswidrig, da die privaten Kassen nicht herangezogen werden – obwohl auch deren Versicherten von einer Reform der Gesundheitsversorgung profitieren. Zudem sehen sie darin eine Zweckentfremdung der Beiträge.

Krankenhausreform lässt Beiträge weiter steigen: Grüne wollen Privatversicherte mehr heranziehen

„Selbstverständlich erwarten wir von einer neuen Bundesregierung, dass sie die verfassungswidrige Teilfinanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds aus GKV-Beitragsgeldern wieder streicht. Die Zusatzkosten von 2,5 Mrd. Euro pro Jahr für die gesetzlichen Krankenkassen [...] wären ein zusätzlicher Beschleuniger für weitere Beitragssatzerhöhungen in den kommenden Jahren. Die Augen vor den immer größer werdenden Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschließen, ist keine Zukunftsoption“, erklärte daher die Vorstandsvorsitzende der GKV, Stefanie Stoff-Ahnis.

Auch das wollen die Grünen laut Wahlprogramm ändern. Die Kosten der Krankenhausreform sollen neben der gesetzlichen Krankenversicherung auch die privaten Kassen mittragen müssen, heißt es in dem Entwurf. Auch generell sollen Privatversicherte mehr für die Finanzierung der Systeme herangezogen werden, finden die Grünen. Das vollständige Programm soll am 17. Dezember präsentiert und im Januar dann von der Partei formell befürwortet werden.

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