Laut Gerichtsurteil: Jobcenter muss Brillenreparatur für Bürgergeld-Bezieher bezahlen

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Bürgergeld-Empfänger haben Anspruch auf Kostenübernahme bei Brillenreparaturen durch das Jobcenter. Ein Gericht hat dies jetzt bestätigt.

Hamm – Eine kaputte Brille kann für Bürgergeld-Empfänger schnell zum finanziellen Problem werden. Schließlich kostet eine Reparatur oft viel und mit dem wenigen Geld vom Staat gilt es auch noch das restliche Leben zu bestreiten. Nicht immer zahlen Krankenkassen. Seit einem Urteil 2017 gibt es allerdings Hoffnung: Das Bundessozialgericht hatte in diesem Jahr erstmals entschieden, dass es eine Kostenübernahme geben sollte. Nun legt ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in einem ähnlichen Fall nach.

Urteil erleichtert Bürgergeld-Empfänger: Kosten für Brillenreparatur übernommen

In einem Urteil vom 19. Februar 2025 (Az: L 12 AS 116/23) entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, dass das Jobcenter als „Ausfallbürge“ einspringen muss, wenn die Krankenkasse die Kosten für eine Brillenreparatur nicht übernimmt. Das Urteil ist trotz der zugelassenen Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel mittlerweile rechtskräftig geworden. Zuvor ging es bereits einen langen Weg.

Schon 2019 kaufte die Bürgergeldempfängerin aus Köln eine Brille, die bei einem Sturz 2020 beschädigt wurde. Sie klagte am Gericht, wurde jedoch zunächst vom Sozialgericht Köln abgewiesen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied dann aber: 265 Euro Kostenübernahme müssen von der insgesamt 780 Euro hohen Rechnung erbracht werden. Die Brille gelte als „therapeutisches Gerät“. Der Differenzbetrag betreffe allerdings nicht das „medizinisch notwendige“, da es sich um Gläser aus höherbrechendem Material handle. Auch in anderen Fällen kann das Jobcenter einspringen.

Person hält eine kaputte Brille.
Eine kaputte Brille kann schnell teuer werden. Für Bürgergeld-Empfänger gibt es dazu nun ein neues Urteil. © Rolf Poss/imago

Beschädigte Brille, hohe Reparaturkosten: So sollten Bürgergeld-Empfänger vorgehen

Durch das Urteil haben nun auch andere Bürgergeld-Empfänger, deren Brille beschädigt wurde und repariert werden muss, neue Möglichkeiten. So sollte vorgegangen werden:

  • Krankenkasse kontaktieren: Wichtig ist, dass zuerst geprüft wird, ob die eigene Krankenkasse die Kosten übernimmt. Bei starker Sehbeeinträchtigung (über sechs Dioptrien bei Kurz- oder Weitsichtigkeit oder über vier Dioptrien bei Hornhautverkrümmung) besteht ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse. (siehe § 33 Absatz 2 SGB V, erwähnt im LSG-Urteil L 12 AS 116/23)
  • Kostenvoranschlag einreichen: Bevor beim Jobcenter ein Antrag gestellt wird, ist es zu empfehlen, einen Kostenvoranschlag über die Höhe der Reparaturkosten vorzulegen.
  • Antrag beim Jobcenter stellen: Es kann ein schriftlicher Antrag auf Übernahme der Reparaturkosten nach § 24 Abs. 3 SGB II gestellt werden. Die Brille gilt als „therapeutisches Gerät“, dessen Reparatur nicht vom regulären Regelbedarf abgedeckt ist. Wird der Antrag abgelehnt, sollte auf das Urteil des Landessozialgerichts NRW (Az: L 12 AS 116/23) und des Bundessozialgerichts (Az.: B 14 AS 4/17 R) verwiesen werden.

Kostenübernahme bei Brillen für Bürgergeld-Empfänger: Grenzen des Urteils

Allerdings: Das Gericht hat in seinem Urteil auch Grenzen gesetzt, wie aus der aktuellen Pressemitteilung ebenfalls hervorgeht. So muss das Jobcenter nur die Kosten für medizinisch notwendige Standardgläser übernehmen. Die Regelung bezieht sich außerdem klar nur auf Reparaturen und nicht auf Neukäufe.

Das heißt, nur wenn bei einer vorhandenen Brille einzelne Teile wie das Glas ausgetauscht werden müssen, damit sie wieder funktionstüchtig ist, kann das Jobcenter einspringen. Wird eine neue Brille oder komplett neue Gläser wegen einer veränderten Sehstärke benötigt, wird das laut BSG-Urteil vom 25.10.2017, Az.: B 14 AS 4/17 R, nicht übernommen. Neue Brillen gelten demnach als „typische langlebige Gebrauchsgüter“. Derweil will die neue Merz-Regierung Sozialleistungen rigoros kürzen.

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